Merkel + Hollande = Schröder

Frankreichs Präsident Hollande und Kanzlerin Merkel haben erstmals gemeinsame EU-Initiativen vorbereitet. Sie fordern einen hauptamtlichen Eurogruppenchef, ein eigenes Euro-Budget und sogar eine gemeinsame Banken-Abwicklung. Ist dies der Auftakt zu “Merkollande” – oder nur ein Wahlkampfmanöver?

Es hatte sich schon seit einigen Tagen angedeutet: Die Eiszeit zwischen Merkel und Hollande geht zu Ende. Erst lobte Hollande die Agenda 2010, dann kündigte Merkel eine gemeinsame Jobinitiative an, die großspurig “New Deal” genannt wurde.

Nun, nach dem Besuch der Kanzlerin in Paris, ist es offiziell. Das ungleiche Paar will “gemeinsam für ein gestärktes Europa der Stabilität und des Wachstums” eintreten, heißt es auf der Website der Kanzlerin.

Die vereinbarte Aktionsprogramm hat es in sich. Hollande hat einige Punkte machen können: Er bekommt seinen hauptamtlichen Eurogruppen-Chef, sein Euro-Budget, seine Banken-Abwicklung.

Merkel hat aber auch abgeräumt. Sie hat es geschafft, Frankreich auf “Wettbewerbsfähigkeit” und “Stabilität” zu verpflichten. Auch ihr schon gescheitert geglaubter Wettbewerbs-Pakt scheint nun wieder möglich.

Ist dies nun der Beginn von “Merkollande”, wie “Le Monde” schon vor Tagen mutmasste? Oder nur ein geschicktes Wahlkampfmanöver, mit dem Merkel der SPD endgültig den Wind aus den Segeln nimmt?

Ich glaube, es ist vor allem eine Kapitulation der Sozialisten in Frankreich. Sie müssen sich von ihrem Wahlprogramm und allen Alternativen zum “deutschen Europa” verabschieden – offenbar haben sie einen Sieg der SPD in Berlin abgeschrieben.

Was sich derzeit abzeichnet, ist kein “Merkollande”, sondern eine Renaissance der Schröder’schen Agendapolitik auf europäischer Ebene. Man weiß, was dies für die Sozis in Deutschland bedeutet hat. Ähnliches droht nun den Sozialisten in Paris.

Die Neoliberalen dürfen jubeln, die deutsche Wirtschaft auch. Ihre Agenda hat sich durchgesetzt (Merkel und Hollande haben sogar ein Papier der deutsch-französischen  Industrielobby abgesegnet).

Doch aus der Krise bringt uns das nicht, im Gegenteil: Selbst in Deutschland hat die Agenda 2010 die Lage zunächst verschärft. Frankreich droht nun ein ähnliches Schicksal wie Italien, das in die Rezession “saniert” wurde.

Was wir eigentlich brauchen, ist kein Schröder II, sondern ein europäischer Schmidt bzw. ein neuer Delors. Doch der ist weder in Berlin noch in Paris in Sicht, von Brüssel ganz zu schweigen…

Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage: “Lassen sich die Probleme der Eurozone noch lösen?” sowie den Beitrag “ So sieht das Brüsseler Diktat aus”