Macron lobt Schäuble – ausgerechnet
Frankreichs Staatspräsident Macron hat bei einem Staatsakt in Berlin den verstorbenen CDU-Politiker Schäuble gewürdigt. Dabei haben beide in der Eurokrise gegeneinander gearbeitet.
“Deutschland hat einen Staatsmann verloren, Europa hat eine Säule verloren, Frankreich hat einen Freund verloren”, sagte Macron. Schäuble habe sich immer für die deutsch-französische Zusammenarbeit eingesetzt.
“Diese untrennbare Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich ist die Formel, die Gleichung, durch die unsere beiden Länder nach dem Zweiten Weltkrieg aufblühen konnte”, erklärte er in einer weitgehend auf deutsch gehaltenen Rede.
Für mich klingt das nicht sehr glaubwürdig. In der Eurokrise haben Schäuble und Macron gegeneinander gearbeitet. Macron hat alles getan, um den von Schäuble betriebenen “Grexit” – also den Rauswurf aus Euro und EU – zu verhindern.
Schäuble wiederum hat nichts unversucht gelassen, um die “Schuldensünder” – auch Frankreich – an die Leine zu legen. Er wollte den EU-Staaten sogar die Budgethoheit entziehen. Macrons Reformpläne für die EU nach dem Brexit hat er nicht unterstützt.
Und seinen wohl wichtigsten europapolitischen Vorstoß – die Schaffung eines Kerneuropas mit Deutschland und Frankreich im Zentrum – hat Schäuble auch nicht mehr aufgegriffen. Dabei war er nach dem Brexit wichtiger denn je.
Nun ist die Chance verspielt, die Osteuropäer geben den Ton an und ziehen die EU in den Krieg…
Siehe auch meine Kolumne für den „Makroskop”: Schäubles fatales Erbe
Kleopatra
23. Januar 2024 @ 04:41
Eine Trauerfeier ist von allen denkbaren Anlässen derjenige, wo Kritik an dem Betreffenden im höchsten Grad deplaziert ist. Und dass für Schäuble die Beziehungen zu Frankreich wichtig waren (sehr im Gegensatz zum gegenwärtigen Bundeskanzler und dessen Vorgängerin), ist einfach wahr. Seine politischen Vorstellungen kann man kritisieren, aber auf einer Trauerfeier hat es keinen Sinn, das zu tun.
MarMo
24. Januar 2024 @ 22:15
Das stimmt. Man muss aber auch keine Märchen erzählen, auch nicht auf einer Trauerfeier.
Arthur Dent
22. Januar 2024 @ 22:57
Macrons Blick ist vielleicht eher auf die Zukunft gerichtet als auf die Vergangenheit und versucht nochmal die französiche-deutschen Beziehungen zu beleben. Mit Scholz vermutlich vergeblich – ich sehe aber auch sonst keinen deutschen Politiker, der den Faden wieder aufnehmen würde. Die Regierenden in Deutschland sind geistlose Parteisoldaten und Apparatschicks, ohne Esprit
Thomas Damrau
22. Januar 2024 @ 19:20
De mortuis nihil nisi bene – oder wie meine Großmutter zu sagen pflegte “nirgendwo wird mehr gelogen als am offenen Grab”.
So gesehen: Möge der Herr sich seiner sündigen Seele erbarmen – aber ich bezweifle, dass das geschehen wird, sollte es eine himmlische Gerechtigkeit geben.