Letzte Chance für die SPD
Alle reden von Kanzlerin Merkel und der CDU, die eine neue Führung sucht. Die künftige CDU-Spitze müsse Merkel” den Rücken für Europa frei halten”, fordert EU-Kommissar Oettinger. Dabei kommt es jetzt vor allem auf die SPD an.
AKK, Spahn oder Merz – diese Frage beherrscht die Berliner Debatte. Dabei wird die neue CDU-Führung erst im Dezember gewählt. Die SPD hingegen muss – und will – sich schon bald entscheiden, wie es weitergeht.
Bereits am kommenden Wochenende wollen die Genossen einen “Fahrplan” für die weitere Zusammenarbeit in der GroKo beschließen. Darin soll geregelt werden, welche Vorhaben bis 2019 umgesetzt sein müssen.
Europa kommt darin zwar vor – aber nur allgemein und ohne Hinweis darauf, wie man Merkel in die gewünschte Richtung bewegen könnte. Die SPD müsse “die Partei sein, die nationale Denkschablonen ablegt”, heißt es.
Klingt gut – bringt aber nichts, wenn man das nicht mit konkreten Forderungen an die Regierung und damit auch an die Kanzlerin unterlegt. Die SPD muss den Mut haben, Merkel in der Europapolitik zu stellen!
Bisher hat die Noch-CDU-Chefin ihre Passivität mit dem Widerstand von CDU-Hinterbänklern und der CSU begründet. Doch diese Taktik zieht nach ihrem Verzicht auf den Parteivorsitz nicht mehr.
Hier könnten die Genossen ansetzen. Wenn sie ganz mutig sind, könnten sie auf den Koalitionsvertrag verweisen und vom “Aufbruch für Europa” ihren Verbleib in der Regierung abhängig machen.
Klar, davor schrecken sie zurück. Dennoch: Die SPD hat nun die einmalige, vermutlich letzte Chance, mit Europa zu punkten und Merkel in der Europapolitik vor sich her zu treiben.
Dies könnte den Genossen sogar Auftrieb bei der Europawahl im Mai 2019 bringen. Ein passives “Weiter so” hingegen dürfte den Niedergang der Sozialdemokratie weiter beschleunigen…
P.S. Der grüne EU-Abgeordnete S. Giegold fordert die SPD auf, “Europa groß auf die Agenda” zu setzen. Sein Appell steht hier
„Die SPD müsse “die Partei sein, die nationale Denkschablonen ablegt”“ ? Das wird wohl zum Überleben nicht reichen, wenn sie nicht gleich ihr komplettes Spitzenpersonal mit ablegt, die Koalition verlässt und sich in der Opposition programmatisch von Grund auf erneuert.
Solange eine linksverdrehte CDU ehemalige SPD-Themen bewirtschaftet, muss sich die SPD über ihre Zukunft keine Gedanken machen, sie wird schlichtweg nicht mehr gebraucht. Da wird auch der inzwischen zum Ladenhüter gewordenen „Aufbruch für Europa“ der SPD nichts mehr bringen. Denkt der ehemalige SPD-Wähler an „Europa“, denkt er vermutlich auch an den personifizierten EU-Verdruss namens Schulz und kann der gesamten EU-Veranstaltung nichts abgewinnen. Zudem haben viele Leute inzwischen erkannt, dass ihnen weder EU noch Globalisierung irgendwelche Vorteile in die Taschen spülen. Vielmehr müssen sie sich Gedanken darüber machen, ob sie demnächst noch mit ihrem relativ neuen Diesel zur Arbeit fahren dürfen.
Themen für die SPD gibt es reichlich, die aber von ihren Funktionären nicht mehr wahrgenommen werden, da Ihnen jegliche Bodenhaftung abhanden gekommen ist. Gelegentliche Besuche in typischen Arbeiter- und Rentner-Haushalten, gern auch in sozialen Ballungsgebieten, könnte Wunder bewirken. Dort lässt sich nämlich trefflich beobachten, wie die Verteilungskurve des politisch-medial so hochgejubelten deutschen Wirtschaftserfolges und Wohlstandes in der täglichen Realität aussieht, und aus welch prekären Lebenssituationen die ach so beeindruckend niedrige Arbeitslosenstatistik gespeist wird.