Ist das der richtige Moment für neue EU-Beitritte?
Mitten in der Coronakrise will die EU grünes Licht für Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien geben. Ist das der richtige Moment für eine neue Erweiterungsrunde?
Albanien und Nordmazedonien warten bereits seit Monaten auf den Startschuss. Ursprünglich sollten die Verhandlungen über einen EU-Beitritt bereits im vergangenen Jahr beginnen.
Doch im Herbst traten Frankreich und zwei weitere EU-Länder überraschend auf die Bremse. Präsident Macron forderte eine Reform des Beitrittsprozesses, die Kommissionschefin von der Leyen dann auch prompt geliefert hat.
Durch diese Reform sollen die Verhandlungen politischer und flexibler werden. So stehen zentrale Themen wie Rechtsstaat und Demokratie nun ganz am Anfang und am Ende der Gespräche, um massive Rückschritte wie in der Türkei zu vermeiden.
Beitrittskandidaten können auch wieder zurückgestuft werden, wenn sie wichtige EU-Anforderungen nicht erfüllen. Bisher war dies nicht möglich.
Bis zuletzt hatte vor allem Albanien mit Vorbehalten zu kämpfen. Der Staat, aus dem 2015 Zehntausende gen Deutschland flohen, gilt als Problemfall – und das nicht nur in Frankreich oder in den Niederlanden.
Sogar der deutsche Bundestag hatte Bedenken und stellte Bedingungen. Noch vor der ersten Beitrittskonferenz muss Albanien nun seine Reform des Wahlrechts abschließen.
Außerdem soll die Regierung in Tirana verstärkt gegen Korruption und organisierte Kriminalität vorgehen. Die albanische Mafia ist berüchtigt, sie ist auch in Deutschland aktiv.
Beim EU-Gipfel am Donnerstag, der erneut als Videokonferenz abgehalten wird, dürfte es aber keine Probleme mehr geben. Die Aufnahme der Beitrittsgespräche gilt als Formsache, vor allem Kanzlerin Merkel dürfte sie zufrieden durchwinken.
Ob die Coronakrise der richtige Moment für eine neue Erweiterungsrunde ist, fragt niemand in Brüssel. Vermutlich ist dies eine naive Frage. Denn gerade in Krisenzeiten werden gern die umstrittensten Pläne umgesetzt.
Selbst vom Europaparlament ist kein Widerstand zu erwarten. Die meisten Abgeordneten feiern die “europäische Perspektive” für den gesamten Westbalkan – Albanien und Nordmazedonien sind ja nur der Anfang…
Siehe auch “Merkels ‘Aufbruch: UK geht, Albanien kommt” und “Albanien: No future, aber beitrittsreif?”
KlausM
26. März 2020 @ 15:53
Googeln hilft, werter Kollege. Firefox aufrufen: Babis, Betrug, EU Kommission eingeben und dann Return drücken. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
ebo
26. März 2020 @ 16:01
Link? Ich verfolge täglich die Aktivitäten der EU-Kommission, lieber Kollege, bisher wurden alle Fragen zu Babis, Orban & Co. abgeschmettert…
KlausM
26. März 2020 @ 16:19
Bei der täglichen Verfolgung vielleicht einen Tunnelblick bekommen? Schönen Abend …
ebo
26. März 2020 @ 16:23
Tja, der Herr kann seine Behauptungen nicht belegen, schade.
Wer sich trotzdem für Babis und seine EU-Gelder interessiert, dem sei dieser Link empfohlen: https://www.politico.eu/article/czech-prime-minister-andrej-babis-rejects-leaked-commission-report-on-conflict-of-interest/
Zitat:
A Commission spokesperson would not confirm the content of the report, but told journalists in Brussels on Monday that the Commission had on Friday sent the final audit in English to Czech authorities. Once Prague receives the Czech version of the audit from the Commission, authorities will have two months to respond, explaining how they intend to implement the report’s recommendations.
Wiedervorlage im April…
KlausM
26. März 2020 @ 14:38
Schlecht informiert.
ebo
26. März 2020 @ 15:47
Beleg?
Klaus M
26. März 2020 @ 12:58
Das trifft so nicht zu. Die EU-Kommission blockiert Zahlungen bzw. setzt sie aus, wenn Korruption nachgewiesen wird. Nicht immer, aber immer öfter wird das auch aufgedeckt. Wenn man das konsequent genug durchhält, zeigt das auch Wirkung. In Deutschland sollte man übrigens nicht so tun, als wenn es Korruption dort nicht gäbe. Deren Bekämpfung ist eine Aufgabe überall in Europa.
ebo
26. März 2020 @ 13:38
Beispiele? Mir ist keins bekannt. Selbst Babis kassiert doch noch dick ab…
KlausM
26. März 2020 @ 14:23
Nur wenn man kein Beispiel kennt, heißt es nicht, dass es kein Beispiel gibt…. Gerade im genannten Fall läuft ein Verfahren. Gut informierte Journalisten wissen das und berichten darüber. Warum nicht lostineu?
ebo
26. März 2020 @ 14:27
Weil es nichts zu berichten gibt. Die EU-Kommission ist nicht gegen Babis tätig geworden. Sie unternimmt ja auch nichts gegen Orbans Machtergreifung.
Klaus M
26. März 2020 @ 12:27
Immer locker bleiben. Albanien und Nordmazedonien treten ja nicht ohne die Erfüllung von Bedingungen bei. Man muss halt darauf achten, dass die demokratischen und rechtsstaatlichen Reformen auch durchgeführt werden. Ansonsten kein Beitritt. Dazu bedarf es aber mehr Konsequenz als sie ggü. einigen Mitgliedsstaaten gezeigt werden.
ebo
26. März 2020 @ 12:37
Na klar, immer locker bleiben. Wie in Bulgarien und Rumänien. Beide Länder werden seit bald 15 Jahren von der EU-Kommission beim Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen unterstützt – und es hat sich immer noch nicht viel gebessert. Aber immerhin, sie sind schon Mitglied im Club 🙂
Florian
26. März 2020 @ 09:00
Ich vermute, dieser – an einen “verdeckten Neokolonialismus” erinnernde – bedingungslose Expansionsdrang der EU, dient in erster Linie der Sicherung billiger Standorte für die deutsche Exportindustrie. Zudem befindet sich die EU im Territorialwettbewerb mit dem ebenfalls expansiven China (Stichwort: Neue Seidenstraße) um strategischen Einfluss auf dem Balkan.
Die EU bedarf dringend demokratischer Reformen und ist längst zu einem “paternalistischen”, supranationalen Projekt verkommen, dass sich verselbständigt hat, ohne die Bürger der EU mitzunehmen oder auch nur ihren Interessen zu dienen. Die EU in ihrer jetzigen Form ist zielloser “Selbstzweck” und befriedigt nur noch die “Partikularinteressen” einiger Weniger und bietet darüber hinaus ihren eigentlichen Adressaten, den Bürger, praktisch keinen “Mehrwert”. Nach der Krise gehört auch die Ausrichtung der EU dringend “auf den Prüfstand”!!!
ebo
26. März 2020 @ 09:02
Man kann es auch imperiale Logik nennen. Schon Barroso sprach von der EU als einem gutwilligen Imperium 🙂
Holly01
26. März 2020 @ 10:18
Es dürfte weitgehend Konsens sein, dass die Weltordnung neu gestaltet wird.
Viele haben mit “etwas” gerechnet.
Der Virus und die Börsenkurse sind “etwas”.
Ob es nun “DAS” ist, wo die Eliten alles kippen und das neue Modell aufstellen, weiß niemand (von uns).
Ich denke ein riesen Anteil der Unruhe liegt darin begründet, das nun vieles auf dem Schirm ist, was als Apokalypse vorhergesagt wurde….
vlg
Holly01
26. März 2020 @ 08:04
Die Politik hat auf Corona nur bedingten Einfluss. Da läuft ab, was an Vorbereitungen eben vorhanden ist. Das Krisenmanagement bricht sich ja auf die Bundesländer herunter und macht einen sehr bunten Eindruck.
Albanien ist so eine CIA Katastrophe. Da steht das Kosovo direkt als Brennpunkt im Focus und das ist eine bessere US Militärbasis mit einem rechtsfreien Raum drum herum.
Nordmazedonien ist sehr schwierig und auch so eine Resterampe.
Die EU nimmt den Amis die Problemfälle ab, während die Amis sich (bis auf reine Militärbasen) aus den Ländern komplett zurückziehen und die dem Elend überlassen.
Das ist komplett Mutti Merkel. Die Transatlantikerin macht, was Onkel Sam möchte und fragt weder nach Kosten oder gesellschaftlichen Folgen. Das sind Probleme mit denen sich Merkel nicht abgibt.
Die USA wollen das Einflussgebiet konsolidieren, damit man nur die EU triggern muss, statt die Einzelstaaten. Darum ist das eine glänzende Idee und ein guter Zeitpunkt.
Keine Sorge, die Fahnenstange hat eine ganz andere Spitze, die Türkei und Israel sollen auch in die EU. Guten Freunden gönnt man das …
vlg
vlg
ebo
26. März 2020 @ 08:57
Guter Punkt. Uns wird der Beitritt Albaniens immer mit dem Treiben von Russen und Chinesen auf dem Balkan verkauft – dabei machen die USA im Kosovo gerade alles kaputt. Und die EU sieht tatenlos zu…