Merkels „Aufbruch“: UK geht, Albanien kommt

Kanzlerin Angela Merkel beharrt auf einer EU-Beitrittsperspektive für Albanien und Nord-Mazedonien. Damit positioniert sie sich gegen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron – was steckt dahinter?

Dass die Länder des Westbalkans an EUropa herangeführt würden, sei nicht nur in deren eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der EU, sagte Merkel beim Besuch des albanischen Ministerpräsidenten Rama in Berlin.

Für die EU nannte sie etwa geopolitische Erwägungen als Grund. Daher wäre es gut, wenn diese Staaten der Union beiträten. Auf die Einwände des französischen Staatschefs Macron, der Beitrittsgespräche blockiert, ging sie nicht ein.

Dabei wiegen diese Einwände schwer. Macron weist nicht nur darauf hin, dass das EU-Beitrittsverfahren veraltet ist. Darin werden bürokratisch „Kapitel“ abgearbeitet, statt Interessen zu vertreten und Politik zu machen.

Macron legt auch den Finger in die Wunde der EU, die es einfach nicht schafft, sich selbst zu reformieren und die „Vertiefung“ parallel zur Erweiterung voranzutreiben, wie es eigentlich einmal verabredet war.

Nicht einmal der Brexit hat Deutschland bisher dazu bewegen können, vom „Business as usual“ abzugehen und die Eurozone, den Binnenmarkt und die Außenpolitik an die neue, radikal veränderte Lage anzupassen.

Im Gegenteil: Indem Merkel nun auch noch kleinen, armen und längst nicht beitrittsreifen Ländern wie Albanien die Stange hält, trägt sie weiter zur Verwässerung und Schwächung der europäischen Integration bei.

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Darüber können auch nicht die neuerdings gern angeführten „geopolitischen Erwägungen“ hinwegtäuschen. Gemeint ist die Sorge, dass Russland, China oder die Türkei auf dem Balkan an Einfluß gewinnen könnten.

Doch diese Länder sind längst da – genau wie die USA, die auf dem europäischen „Hinterhof“ ihre eigene Agenda vorantreiben. Sie haben Kosovo zum Militär-Stützpunkt ausgebaut und holen Nord-Mazedonien in die Nato.

Geopolitisch hat die EU auf dem Westbalkan längst verloren. Oder haben die beiden Mitglieder Slowenien und Kroatien etwa zur Stärkung beigetragen? Eher im Gegenteil – man denke nur an die Grenzkonflikte…

Bleibt der Verdacht, dass Merkel – genau wie Macron – vor allem aus innenpolitischen Gründen agieren. Merkel möchte eine zweite Flüchtlingswelle verhindern. 2015 kamen zehntausende Albaner nach Deutschland.

Und Macron geht es darum, seiner Gegnerin Le Pen keine Munition zu liefern. Beitrittsgespräche mit dem ProblemlandAlbanien, so seine Sorge, wären Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner in Frankreich.

So oder so zeigt der Streit, wie schlecht es um die europäische „Union“ bestellt ist. In wenigen Tagen tritt Großbritannien aus – und die beiden größten verbleibenden Mitgliedsländer streiten um Albanien!

Glaubt man in Berlin denn wirklich, dass Albanien und Nord-Mazedonien den Verlust der Briten wettmachen können – oder dass sie einen Konflikt mit Paris wert sind? Der Streit könnte schon bald offen ausbrechen – Merkel will beim EU-Gipfel im März Fakten schaffen…

Siehe auch „Albanien: No future, aber beitrittsreif?“

Watchlist

Ziehen die USA einen Schlußstrich unter die Zweistaaten-Lösung für Israel und Palästina, die neben der Uno auch die EU fordert? Dies will US-Präsident Trump am Dienstag verraten, wenn er seinen „Friedensplan“ für den Nahen Osten vorlegt. Die Veröffentlichung sei für zwölf Uhr Mittag (18.00 Uhr MEZ) geplant, sagte Trump bei der Begrüßung des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu im Weißen Haus. – Die EU ist weder eingeladen noch vorbereitet, mehr hier

Was fehlt

  • Westbalkan: Slovenian PM resigns and calls for snap election – Politico
  • Brexit: London hat beim Brexit starke Verhandlungsposition gegenüber EU – Finanzen.net
  • Geldpolitik: EU-Kommission will Ein- und Zwei-Cent-Münzen abschaffen – Süddeutsche