Israel: Deutschland ist der Ausreißer

Die EU hat die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen begrüßt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell dankte unter anderem Ägypten, Katar, der UNO und den USA für ihre “vermittelnde Rolle” in dem Konflikt. Deutschland erwähnte er nicht – aus gutem Grund.

Denn das größte EU-Land hat mal wieder einen Alleingang hingelegt. Mit dem Bekenntnis zu bedingungsloser Solidarität mit Israel, der Zustimmung zu “massiver” Vergeltung und dem Besuch von Außenminister Maas in Israel ist Deutschland aus den Vermittlungsbemühungen ausgestiegen.

Diese Bemühungen konnten nämlich nur dann fruchten, wenn das Gespräch mit beiden Kriegsparteien gesucht und Druck auf den Stärkeren – Israel – ausgeübt wurde. Genau das haben die USA getan, auch Borrell hat Israel zu Zurückhaltung aufgerufen und (ein wenig) Druck aufgebaut.

Deutschland ist im EU-Vegleich der Ausreißer, wenn es um Israel geht. Ungarn hat sich zwar noch radikaler zugunsten der Regierung Netnajahu positioniert, Österreich hat sogar demonstrativ die Israel-Flagge gehisst. Doch in Wort und Tat war Deutschland am wenigsten kompromißbereit.

Dies hat natürlich mit der deutschen Geschichte zu tun. Die Erben der Nazis haben die Sicherheit Israels zur Staatsdoktrin erklärt. Doch die Sicherheit Israel wurde und wird auch von Netanjahu und seiner Politik gefährdet, wie die bürgerkriegsartigen Ausschreitungen in vielen israelischen Städten zeigen.

Demgegenüber haben Bombenangriffe auf ein Pressehaus, eine Einkaufsstraße und eine Buchhandlung in Gaza nichts mit Selbstverteidigung zu tun. In den USA, in Frankreich und in vielen anderen Ländern wird dies offen angesprochen – in Deutschland ist es tabu, wird teilweise nicht einmal berichtet.

Verschwiegen wird auch die Rolle der Türkei. Sie hat die teilweise gewalttätigen und antisemitischen Proteste gegen Israel in Deutschland massiv angeheizt und die türkische Community aufgehetzt. Ausgerechnet Sultan Erdogan, mit dem Kanzlerin Merkel einen “Deal” sucht, goß Öl ins Feuer.

Doch das soll keine Konsequenzen haben, im Gegenteil: Merkel drängt die EU, die “positive Agenda” mit der Türkei voranzutreiben. Auch damit positioniert sie sich gegen den europäischen Diskurs – das EU-Parlament hat gerade die Aussetzung der EU-Beitrittsverhandlungen gefordert…