Baerbock unter Druck, Krisengipfel im Stahlstreit – und Pariser Klimaziel passé?

Die Watchlist EUropa vom 28. September 2023

Deutschland ist für seine neue harte Linie in der Flüchtlingspolitik unter Beschuss geraten. Das größte EU-Land müsse seinen Widerstand gegen die sogenannte Krisenverordnung im geplanten EU-Migrationspakt aufgeben und den Weg für eine Einigung freimachen, hieß es vor einem Treffen der Innenminister am Donnerstag in Brüssel.

Die Krisenverordnung sieht Regeln für den Fall vor, dass Nicht-EU-Länder wie Belarus oder die Türkei gezielt Migranten in die EU schicken. Im Kern ist sie eine Notstands-Verordnung, die den Staaten erlaubt, die Aufnahme von Flüchtlingen zu verweigern.

Außenministerin Baerbock lehnt den Plan allerdings nicht nur aus humanitären Gründen ab – sondern auch, da er „Anreize für eine Weiterleitung großer Zahlen unregistrierter Flüchtlinge nach Deutschland“ geben könne. Sie erzwang eine Enthaltung.

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Das Europaparlament nahm dies zum Anlass, um die Verhandlungen über das gesamte Migrationspaket auszusetzen. Die Innenminister müssen nun eine Lösung finden, um die Blockade zu lösen. Allerdings ist unklar, wie er aussehen könnte.

Die EU-Kommission fordert, den Streit schnell beizulegen. Druck macht auch Kanzler Scholz. Er habe ein Machtwort gesprochen und die Ampel zur Zustimmung aufgefordert, hieß es nach einer Kabinettssitzung in Berlin. Dies habe er auch Baerbock mitgeteilt. 

Ob Innenministerin Faeser die Blockade nun lösen kann, ist unklar. Die Chancen stünden besser denn je, hieß es in Brüssel. Allerdings müsste Faeser die Krisenverordnung ändern, um humanitäre Sicherungen einzubauen, wie sie die Grünen fordern.

Dies wiederum könnte an den Gegnern scheitern, denen die Asyl- und Flüchtlingspolitik jetzt schon viel zu liberal ist. Die EU hat sich in ihren eigenen Krisenregeln verheddert – und das mitten in der schlimmsten Flüchtlingskrise seit 2015/16…

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News & Updates

  • Schutzstatus bis 2025 verlängert? Ukrainische Kriegsflüchtlinge sollen noch bis mindestens März 2025 einen besonderen Schutz genießen. Die EU-Innenminister befassen sich am Donnerstag in Brüssel mit dem Vorschlag der EU-Kommission, den temporären Schutzstatus um ein Jahr zu verlängern. – Mehr im Blog
  • Baerbock fordert “Vertrauensbeweis” von Baku. Aus Bergkarabach ist nach Angaben aus Armenien bereits ein Drittel der Bevölkerung vertrieben worden. Nun meldet sich Außenministerin Baerbock wieder zu Wort – mit einer abstrusen Forderung. – Mehr im Blog
  • Krisentreffen zum Stahlstreit. Die USA und die EU planen ein Gipfeltreffen in Washington. Präsident Biden werde EU-Kommissionschefin von der Leyen und Ratspräsident Michel am 20. Oktober empfangen, hieß es in Brüssel. Im Mittelpunkt dürfte der Stahlstreit stehen. Die USA könnten Ende Oktober wieder Zölle einführen…

Das Letzte

Pariser Klimaziel passé? Die Erde steht nach Erkenntnissen von Wetter- und Klimaexperten vor nicht mehr abwendbaren, massiven Veränderungen. “Das Pariser Rahmenabkommen ist faktisch gescheitert, weil immer weniger Länder daran glauben, dass immer mehr Länder die nötigen Maßnahmen wirklich ergreifen”, sagte Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft. Statt der in Paris anvisierten 1,5 Grad müsse man nun mit einer Erwärmung um 3 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts rechnen. Er nannte Klimaschutz einen “Marathonlauf”: Reduziere der Mensch die Emissionen, dauere es mindestens 20 Jahre, bis sich das in den globalen Temperaturen bemerkbar mache. Wenn das stimmt, dann hat die EU ihre Klimapolitik auf falschen Voraussetzungen aufgebaut…

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