Gibraltar: Wie die USA die EU vorführen
Gibraltar will den von UK festgesetzten iranischen Tanker auslaufen lassen. Doch werden die USA das zulassen? Sie haben die Briten in eine Falle gelockt – und könnten sich neue Tricks ausdenken, um die EU vorzuführen.
Auf die zwielichtige Rolle Washingtons haben wir bereits in einem früheren Blogpost hingewiesen. Die USA waren es, die UK auf die Idee brachten, den iranischen Tanker vor Gibraltar festzusetzen. Spanische Proteste wurden übergangen, das EU-Recht wurde manipuliert.
Denn es gibt zwar EU-Sanktionen gegen Syrien. Diese können jedoch nicht exterritorial ausgelegt werden, wie dies Amerikaner und Briten versuchen. Es ist nicht zulässig, die Beschlagnahme des iranischen Tankers mit EU-Strafmaßnahmen gegen Syrien zu begründen.
Deshalb hat der Fall für die gesamte EU hohe Bedeutung. Sie geht weit über Gibraltar hinaus. Es geht darum, ob sich die USA (und UK) anmaßen dürfen, auf europäischen Territorium (Spanien) europäisches Recht zu brechen – um europäische Interessen (in Iran) zu schädigen.
Die Briten scheinen nun zu einer Geste gegenüber Iran bereit – doch werden die Amerikaner das zulassen? Es sieht nicht danach aus. Am 17. August hat ein US-Gericht die Beschlagnahmung der „Grace 1“ angeordnet. Damit geht die Tanker-Krise in die Verlängerung.
Und die EU schweigt…
Mehr dazu hier und hier. Siehe auch „Iran-Krise: Hier trennen sich unsere Wege“
P.S. Die ganze Affäre wird immer verrückter. Nun kommt auch noch heraus, dass die Festsetzung des iranischen Tankers „Grace 1“ vor Gibraltar völkerrechtswidrig war. Das sag nicht irgendwer, sondern der Bundestag!
Ein Europäer
18. August 2019 @ 11:02
Hallo in die Runde,
Gibraltar ist britisches überseegebiet, die EU hat hier nichts zu suchen. Die EU ist kein Staat, kein Republik ist halt nur ein Staatsverbund mit interne diversifizitierte Interesse. Die EU und vor allem die Eurozone brauchen dringend essentielle und substanzielle Reformen. Großbritannien war unter die Blairiten und Gordon Brown bereit diesen Weg mitzugehen, Schröder und Chirac damals, Anfang der 00er Jahre, haben sich quer gestellt den Binnenmarkt kastriert und Großbritannien hintergangen. Ich kann mich noch gut erinnern auf das murren der britische Korrespondenten, auf Spectator gab es zahlreiche Artikeln. Der Brexit ist nicht das Werk von Bojo oder von N. Farage. Es ist wirklich tragisch, dass die Mitstreiter hier keine Gelegenheit verpassen auch im Falle des Streits mit dem Iran, die Schuld auf Großbritannien oder auf den USA zu schieben.
ebo
18. August 2019 @ 11:44
Der Status von Gibraltar ist umstritten, wie sich beim Abschluss des Brexit-Vertrags im November 2018 nochmals gezeigt hat. Umstritten ist auch, wo das iranische Schiff aufgebracht wurde – vor Gibraltar, vor Spanien oder in internationalen Gewässern. In der spanischen und der britischen Presse gibt es darüber lange Diskussionen; leider gehen unsere deutschen Medien darauf kaum ein.
Kwasir
18. August 2019 @ 18:11
Wenn der britische Gouverneur als Befehlshaber der britischen Marineeinheiten seinen Marines die Besetzung des bislang unter panamaischer Flagge fahrenden Tanker anordnete, dann tat er dies, weil völkerrechtlich Gibraltar in der Tat eine britische Kolonie ist (von Spanien bestritten). Allerdings bildet Gibraltar unionsrechtlich mit GB eine Einheit, weil GB 1972 Pflichten aus dem Beitrittsabkommen, die für Gibraltar relevant sind, übernommen hat bzw. nicht explizit ausgeschlossen hat. Gibraltar durfte daher an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen ( Wahlkreis SW England). Kurios, komplex. Nur: die EU hat auf GIB viel „zu suchen“, was aber nicht erklärt, auf welcher Rechtsgrundlage das iranische Öl beschlagnahmt wurde. Jedenfalls können die EU Sanktionen gegen Syrien dafür nicht herhalten. Eher schon „US-Sanktionen“ (welche denn ?) auf die im Urteil des Washingtoner Bundesgerichts vom letzten Freitag bezug genommen wird, womit man wieder beim US-Hegemon wären, und dessen Anspruch, dass US Recht Weltgeltung habe und wenn schon nicht militärisch, so doch mit (WTO – widrigen) Handelsrestriktionen durchgesetzt werden könne. Womit auch die „Schuldfrage“ beantwortet wäre.
Kwasir
17. August 2019 @ 21:38
Zu den EU Sanktionen, die angeblich vcerletzt wurden: abgesehen vom Aspekt der begrenzten Territorialität, wo in den (seit 2011 mehrfach angepassten) Texten steht etwas vom Verbot des ÖL- „Exports nach Syrien. Ich lese da nur, dass Syrien keine Erdölprodukte in die EU exportieren darf.
Zur Relevanz der gefährdeten Sicherheit im Golf von Oman: abgesehen von dem britischen Tanker (dessen in ‚Pfandnahme‘ für die Grace 1 von Iran angekündigt worden war in der Hoffnung auf einen quid pro quo deal), waren doch die Ölexporte zu keinem Zeitpunkt wirklich beeinträchtigt. Zwei bislang ungeklärte Anschläge, ein paar Überprüfungen (vorgeblich um den alltäglichen Ölschmuggel zu kontrollieren), die schlimmstenfalls als ärgerliche ‚Nadelstiche‘ verstanden werden können, alles in allem nicht einmal eine Hand voll möglicherweise etwas beeinträchtigter Tanker, die aber i.S. der Verhältnismäßigkeit keinen Auftrieb einer Flotte von Kriegsschiffen rechtfertigen können., ganz zu schweigen vom Aspekt der wenig sichtbaren De-eskalierung seitens der EU, sollten solche Anstrengungen denn ernsthaft betrieben werden. Offene Fragen bleiben: auf welcher Rechtsgrundlage wurde das Schiff (Grace 1) von den britischen Marines gekapert? Weshalb wird ein Austausch der festgehaltenen Tanker vhintertrieben ? Wer ist da eigentlich derjenige, der den Konflikt schürt , statt peaceful conflict management zu betreiben ? Auf welche Weise kommen die noch-Vertragsstaaten ihren Versprechungen aus dem Atomvertrag nach ?
Hoch lebe die westliche Wertegemeinschaft ! Make it great again !
Peter Nemschak
17. August 2019 @ 12:12
Ohne Vetomächte wäre die UNO realpolitisch nicht möglich. Es genügt übrigens eine Vetostimme, um eine Resolution zu Fall zu bringen.
Peter Nemschak
16. August 2019 @ 12:48
Die EU hat das UK bei der Sicherung der Schifffahrt im Golf im Stich gelassen und in die Arme der Amerikaner getrieben, was keinen schlanken Fuß macht. Umgekehrt sind die Briten schlecht beraten sich der Trump-Regierung, die keine Reziprozität kennt, auszuliefern. Niemand hat Johnson gezwungen Premierminister zu werden.
Holly01
16. August 2019 @ 22:00
“ Die EU hat das UK bei der Sicherung der Schifffahrt im Golf im Stich gelassen und in die Arme der Amerikaner getrieben .. “
Das ist der größte Unsinn, der nur aus einer völlig eingeschränkten und unvollständigen Sicht entstehen kann.
Das UK hat Mist gebaut. Die haben sich von den USA vor deren Karren spannen lassen.
Die Teilnahme an dieser bekloppten „Friedensmission“ in der Straße von Hormus zu verweigern, hat es dem UK im gegenteil ermöglicht mit den Schultern zu zucken, sich als isoliert dar zu stellen und das ganzer leise zu beenden (wie es jetzt auch geschehen ist).
So gesehen war das die einfachste Art dem UK aus der Nummer raus zu helfen.
Das UK hält offiziell immer noch am Antiatom Abkommen mit dem Iran fest und ist Vertragspartner.
Ziemlich peinlich für die britischen Diplomaten und die No10.
vlg
Peter Nemschak
17. August 2019 @ 09:38
Das politische Gezerre zwischen dem Iran und den USA sollte die EU nicht daran hindern, ihre Sicherheit in die eigene Hand zu nehmen. Die Sicherung der Schifffahrt im Golf hat nichts mit den Aggressionen der USA gegen den Iran gemein. Es wird Zeit, dass sich Europa unter Führung der EU unabhängiger als bisher vom Hegemon USA macht. Die demokratische westliche Welt hat, unabhängig von internen Konflikten, gemeinsame Interessen, auch wenn es den Gegnern des globalen Kapitalismus nicht gefällt. Von den Demokraten im US-Kongress kommt Unterstützung für die EU, wenn sie dem UK nach einem ungeordneten BREXIT einen Handelsvertrag verweigern wollen. Sie sind geopolitisch weitsichtiger als Trump.
Holly01
17. August 2019 @ 10:19
Kermit würde nun rufen “Applaus, Applaus, Applaus”. Da sind wir absolut auf einer Welle.
Als erste Maßnahme müsste man die UNO vom Diktat des Sicherheitsrates befreien. Schon weil das UK ab dem 1.11.2019 synchron zu den USA abstimmen wird, dei USA also immer 2 von 5 Stimmen haben.
Als zweite Maßnahme sollte man Sanktionen (also Wirtschaftskriege) den bewaffneten Konflikten gleich stellen. Dann braucht man ein UNO Mandat zur Durchführung. Verstösse sollten auch durch die UNO empfindlich bestraft werden.
Diese “filibustern” bei der WTO was zu jahrzehntelangen, sollte durch Verfahrensänderungen beendet werden.
Kurz und knapp, das internationale Recht, das alle verbindet und schützt müsste massiv gestärkt werden. Das ist nicht einmal gegen die USA gerichtet, das sind die Lehren aus der hegemonialen US Zeit und die Vorbereitung auf .. ja was auch immer uns erwarten mag.
“Von den Demokraten im US-Kongress kommt Unterstützung für die EU, wenn sie dem UK nach einem ungeordneten BREXIT einen Handelsvertrag verweigern wollen”
Nur zu Ihrer Information: Es handelt sich um Leute beider Parteien, die das Freitagsabkommen retten wollen. Die wollen einen neuen Bürgerkrieg verhindern, auf der irischen Insel.
Das hat mit Weitsicht nichts zu tun.
Johnsons Politik läuft auf den “no deal” raus und damit auf eine Grenze, an der auf britscher Seite keiner steht und die EU ein hartes Grenzregime betreiben MUSS, um sich vor den bekloppten Briten zu schützen.
Im UK laufen schon Planungen für 10 Sondergebiete, wo exterretorial keine Steuern oder Auflagen oder Schutzgesetze gelten. Die normale Polizei betritt diese Areale NICHT.
Die Überseegebiete sollen massiv genutzt werden, um “der CoL noch viel mehr Finanzmagie vom anonymisieren bis zur Steuerersparnis” alles anbieten zu können.
Da gilt das Recht der Königin, das sind nur formale Teile des UK.
Wenn Sie immer noch meinen, das im UK Leute sind, die einen Zustand anstreben, wo alle “zurecht” kommen können, dann suchen Sie diese Leute mal ….. da ist keiner mehr.
vlg