Führung verzweifelt gesucht: EUropas letzte Hoffnung Merz
So holprig wie Friedrich Merz ist noch nie ein deutscher Kanzler ins Amt gestartet. Dennoch setzen viele EU-Politiker ihre Hoffnung in den CDU-Politiker; er soll EUropa aus der Krise führen. Sie dürften schnell enttäuscht werden.
Es ist paradox: Für die meisten Deutschen ist CDU-Chef Merz alles andere als ein Hoffnungsträger. Nur wenige Wähler glauben, Merz könne es als Kanzler irgendwie besser machen als seine Amtsvorgänger Merkel und Scholz, wie neue Umfragen belegen.
Für viele EU-Politiker hingegen ist Merz die letzte Hoffnung. Er soll die Führung in EUropa übernehmen und möglichst viel Geld in die Hand nehmen, um die Wirtschaft in Deutschland und der EU anzukurbeln. “Bravo, Deutschland”, ruft ihm IWF-Chefin Georgiewa zu.
Dass er die Schuldenbremse kippt, wird ihm draußen in der Welt hoch angerechnet – auch wenn es für die meisten Deutschen der erste Wortbruch war. Dass er die Ukraine bis an die Zähne bewaffnen und den Taurus liefern will, freut die Putin- und Trump-Hasser in Brüssel.
Enttäuschung programmiert
Dabei ist Enttäuschung programmiert. Merz nimmt zwar viel Geld in die Hand – doch nur für Deutschland, nicht für die europäischen Nachbarn. Ein neues EU-Schuldenprogramm ist mit ihm vorerst nicht zu machen, Kriegsanleihen (“Eurobonds”) bleiben bis auf Weiteres tabu.
Er will zwar mehr Härte in der Asyl- und Migrationspolitik, wie viele andere EU-Politiker auch. Doch die neuen deutschen Grenzkontrollen werden vor allem die europäischen Partner treffen. Polen und Luxemburg haben schon Protest angemeldet, die EU-Kommission duckt sich weg.
Er hat auch eine Renaissance des deutsch-französischen “Motors” und eine Wiederbelebung des “Weimarer Dreiecks” mit Frankreich und Polen angekündigt. Doch im Koalitionsvertrag steht nichts Neues zu EUropa. Wohin er die EU “führen” will, weiß Merz vermutlich selbst nicht.
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Arthur Dent
8. Mai 2025 @ 22:44
Bei Gründung der Europäischen Gemeinschaft war viel von Freiwilligkeit und Gleichberechtigung in der Zusammenarbeit der Völker die Rede – Führungsmächte wollte da niemand.
ebo
8. Mai 2025 @ 22:56
So ist es. Und deutsche Führung gleich gar nicht 😉
Thomas Damrau
7. Mai 2025 @ 08:46
Da haben wir noch einmal Glück gehabt, dass der GWEAG (größte Wirtschaftsexperte aller Zeiten) gestern noch Kanzler wurde. Sonst wäre die EU ja führungslos geblieben und Der Russe hätte sich sicher gedacht: “Lass uns besser gleich angreifen, während die EU hilflos vor sich hin eiert, als erst in fünf Jahren.”
Aber jetzt wird alles gut werden: Merz, seine neoliberalen Adjudanten ( https://redfirefrog.wordpress.com/2025/01/14/das-progressiv-8-analyse-neoliberalismus/ ) und seine rechten Kulturkämpfer werden uns wieder in ein Goldenes Zeitalter führen (noch goldener als Trumps Great-Again-America).
Und vor allem die Wirtschaft wird wieder wachsen. Thorsten Frei rechnet mit 1,5 – 2 % ( https://www.deutschlandfunk.de/fehlstart-der-kanzlerschaft-merz-interview-mit-thorsten-frei-mdb-cdu-100.html ). Das ist wenig ambitioniert: Wenn ich 1 Billion Euro Schulden aufnehme und diese über 10 Jahre ausgeben möchte (so genau ist das ja noch nicht klar), ergibt dies eine künstliche staatliche Nachfrage von 100 Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht ungefähr 2,3 % des BIP.
Wenn eine Stimulation der Wirtschaft in dieser Größenordnung lediglich zu 1,5 % Wachstum führt, ist dies kein Beweis, dass geniale Volkswirtschaftler an der Regierung sind.
Art Vanderley
6. Mai 2025 @ 21:40
„Doch die neuen deutschen Grenzkontrollen werden vor allem die europäischen Partner treffen. Polen und Luxemburg haben schon Protest angemeldet, “
Alles natürlich selber große Vorbilder beim Umgang mit Flüchtlingen.
Die dürften sich v.a. darüber ärgern nicht weiter durchwinken zu können. Grenzkontrollen bewirken direkt nur eingeschränkt etwas, aber sie könnten ein Druckmittel auf Länder sein, die sich bisher einen schlanken Fuß gemacht haben.