EU verschiebt wichtige Gesetze – mit Rücksicht auf die USA
Die Europawahl war kein Grund, um ebenso wichtige wie umstrittene EU-Gesetze zu verschieben. Doch wenn die USA dies wünschen, ist es offenbar kein Problem.
Die milliardenschweren Finanzspritzen für die Ukraine, die umstrittene Asylreform oder die neuen Schuldenregeln: All das hat die EU noch schnell vor der Europawahl verabschiedet, um es der demokratischen Entscheidung der Wähler zu entziehen.
Daran lässt sich auch nichts mehr ändern, wie wir gerade an den neuen Defizitverfahren gegen Frankreich, Italien und andere EU-Länder sehen: die neuen Gesetze werden gleich nach der Wahl angewendet, ohne Rücksicht auf Verluste.
Anders sieht das aus, wenn die USA eine Verschiebung wünschen: Dann folgt die EU auf dem Fuße. So will die EU-Kommission neue schärfere Bankenregeln zurückstellen. Denn die Umsetzung der so genannten Basel-III-Reformen in den USA stockt.
“Ich denke, es ist inzwischen klar geworden, dass es in den Vereinigten Staaten zu einer Verzögerung bei der Umsetzung von Basel in der Praxis kommen wird”, sagte EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness. Dem wolle man sich anschließen.
Das ist kein Einzelfall. So soll nun auch das wichtige EU-Gesetz gegen die Entwaldung warten. Denn die amerikanischen Unternehmen sind noch nicht bereit. Deshalb hat die US-Regierung nun in einem Brief an die EU-Kommission um Aufschub gebeten.
Man darf gespannt sein, wie die von der Leyen-Behörde darauf reagiert. Immerhin geht es hier um einen einen wichtigen Teil des “European Green Deal” – genau wie beim umstrittenen Gesetz zur Renaturierung, das kurz nach der Europawahl durchgepeitscht wurde…
Arthur Dent
21. Juni 2024 @ 13:58
Was erlaubt sich Germany? 60 Jahre Wohlstand durch billiges Gas. Wieder einmal müssen wir alle unsere Freunde um Vergebung bitten.
1989 erschien das Buch Ami go home von Rolf Winter – der hat damals schon aufgeräumt mit den Märchen über die unverzichtbare und wohlmeinende Nation.
european
21. Juni 2024 @ 12:55
Die USA-Hoerigkeit nimmt schon bisweilen bizarre Formen an, zumal gerade die US Administration selbst eher keine Gnade mit uns kennt, siehe Nordstream.
Die Berliner-Zeitung hat heute morgen einen interessanten Artikel dazu veroeffentlicht und die Buerger duerfen sich fragen, wer eigentlich hier regiert?
https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/nord-stream-2-bericht-soll-scholz-geheimen-deal-mit-lng-terminals-entlarven-li.2226819
Demnach hat Scholz als Finanzminister Donald Trump einen Deal angeboten, dass Deutschland fuer 1 Milliarde LNG Terminals an der Nordseekueste bauen wird um amerikanisches Frackinggas zu kaufen, wenn Deutschland gleichzeitig Nordstream 2 behalten darf. Wenn man den Wortlaut liest, klingt es eher danach, dass er die US-Administration um Erlaubnis gebeten hat. „Doch darauf soll sich die Trump-Regierung nicht eingelassen und den Deal mit klaren Worten zurückgewiesen haben, heißt es. Man werde nicht auf den „crap“, sprich, den „Mist“ der Bundesregierung hereinfallen, wird aus dem Weißen Haus überliefert.“
Ich frage mich gerade, warum wir ueberhaupt noch waehlen.
Kleopatra
22. Juni 2024 @ 09:52
Die Position, dass Europa und konkret Deutschland durch NS2 durch Russland erpressbar würde und dass NS2 einen Krieg Russlands gegen die Ukraine wahrscheinlicher mache, wurde seit langem von vielen vorgebracht, von der deutschen Bundesregierung aber bis fast zuletzt nie ernst genommen (“rein wirtschaftliches Projekt”). Man kann heute spekulieren, ob Russland sich den Überfall vom 24.Februar 2022 herausgenommen hätte, wenn es hätte befürchten müssen, dass der angegriffene Staat seinen Gasexport stoppt. Der in dem Artikel referierte Vorschlag von Scholz ging von der beschränkten vulgärmarxistischen Position aus, dass hinter allem nur wirtschaftliche Interessen stecken; Scholz nahm das strategische Problem hinter NS2 genausowenig ernst wie seine Kanzlerin Merkel. Es ist aber offenkundig leichtsinnig, anzunehmen, man könne mit der ganzen Welt Handel treiben und niemand habe andere als materielle Interessen.
Arthur Dent
22. Juni 2024 @ 13:55
Im Grunde geht es die Amerikaner einen feuchten Kehrricht an, wo Deutschland sein Gas einkauft. Im März 2005 kam es zum russisch-ukrainischem Gasstreit, zeitweilig
blockierte die Ukraine die Weiterleitung nach Europa. Das war schon mal ein Grund für den Bau von Nordstream 1. 2018 beschloss man eine direkte Leitung zwischen Russland und Deutschland, hätte den Russen Transitgebühren erspart und Deutschland wäre zur Gas-Drehscheibe für Europa geworden. Das rief natürlich erwartungsgemäß viele Neider auf den Plan. Deutschland aber sah sich immer von europäischen Freunden umzingelt und vernachlässigte den Schutz seiner kritischen Infrastruktur. Nach dem Terroranschlag auf NS 2 jubelten Deutschlands Freunde über seine wiedergewonnene Unabhängigkeit von Russland. Allerdings ist Deutschland jetzt zum fünffachen Preis von amerikanischem Frackinggas abhängig. Deutschland hätte selbst für 30 – 40 Jahre Gasreserven unterm Schiefergestein, aber so unabhängig wollen wir wohl gar nicht sein.
Übrigens verlagert sich die Produktion von Novalgin von Europa nach China. Wenn es zum Konfliktfall mit Taiwan kommt, wo bekommt Deutschland dann bloß seine Schmerzpillen her?
Michael
21. Juni 2024 @ 11:29
Nur Ausdruck des Verhältnisses zwischen Hegemon und Vasall: Befehl und Befehlsempfänger.
Ute Plass
21. Juni 2024 @ 10:55
Na, wenn diese Entwicklung sich fortsetzt wird der “Satellitenstaat Europa” vielleicht noch als Sternchen in der amerikanischen Fahne auftauchen. 🙂
exKK
21. Juni 2024 @ 13:48
Die hochrangigen EUropäischen Politiker wollen halt das für sie und ihre Familien in den USA bereitgehaltene Asyl für den Fall des Anzettelns eines grossen vaterlandsverräterischen Krieges in Europa, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nuklear eskalieren wird, nicht riskieren…
Danach wird nichts mehr von EUropa übrig sein, was für ein Sternchen taugen würde. Allenfalls noch als Fussnote hinter einem solchen.
Bogie
21. Juni 2024 @ 15:54
Im Leben nicht, denn dann hätte Europa ja einen gewissen Einfluss auf Entscheidungen in Washington und das wird man in den USA nicht zulassen
Arthur Dent
21. Juni 2024 @ 10:02
Hihi, Natur per Gesetz – ich bin gespannt. Wenn man ein wenig „quer liest“, bekommt man den Eindruck, „Natur“ sei so etwas wie ein großes, paradiesisches Erholungsgebiet für Menschen. Euco-Uschi hat genaue Vorstellungen, wo sich Wälder und Moore zu befinden haben und welche Tierarten sich darin tummeln…
Joachim Habeck
21. Juni 2024 @ 08:43
Das ist doch keine Überraschung. Herr befiel wir folgen.
Aber…. wie schaffen es die USA ? Mit Hilfe der Besatzungstruppen, der NSA oder der CIA??? Lost in EU, bitte informieren sie uns !!
RichardRoe
21. Juni 2024 @ 11:10
Nö. Das wird nur von bestimmten Kreisen hochgespielt. Die beiden großen westlichen Wirtschaftsblöcke sollten sich in ihren Gesetzen abstimmen, um einem künftigen “großen” Handelsabkommen EU-USA nicht im Wege zu stehen. Und dass die USA nun “Basel” etwas verspätet umsetzen, deutet wohl nicht auf die Abhängigkeit der EU von den USA an, wohl eher umgekehrt.
ebo
21. Juni 2024 @ 11:44
Bei “Basel” hat es immer wieder Verspätungen gegeben, das stimmt. Im Prinzip ist es auch richtig, dass die EU abwartet, weil sie sonst Wettbewerbs-Nachteile erleiden könnte.
Und dennoch: Ich habe noch nicht erlebt, dass die USA ein Gesetz mit Rücksicht auf die EU aufschieben – im Gegenteil.
Jüngste Beispiele: IRA und die Strafzölle auf E-Autos aus China. Beides hat EUropa geschadet – doch Uncle Sam kümmert’s nicht.