Energiekrise spaltet Energierat, EU-Krise eint Nationalisten – und Milliarden versickern

Die Watchlist EUropa vom 27. Oktober 2021 –

Der Streit über die steigenden Gas- und Strompreise in der EU läuft aus dem Ruder. Nach stundenlangen ergebnislosen Verhandlungen beim EU-Gipfel letzte Woche in Brüssel zeigten sich nun auch die Energieminister tief gespalten. Auf gemeinsame Sofortmaßnahmen gegen den Preisanstieg konnten sie sich ebenso wenig einigen wie zuvor die Staats- und Regierungschefs. Auch mittelfristig angelegte Reformen des europäischen Energiemarkts kamen nicht voran.

Das ist an sich noch kein Drama. Die EU-Kommission hat eine „Toolbox“ vorgelegt, aus der sich die 27 Mitgliedsländer im Kampf gegen die Krise bedienen können.

Doch die Uneinigkeit bei der Energie strahlt auf die Klimapolitik aus. Mittlerweile ringen die EU-Länder nicht mehr nur um Maßnahmen gegen den Preisschock, sondern auch um die Rolle der Atomkraft und den „European Green Deal“.

Es habe eine „intensive Debatte“ über die Rolle der Atomkraft gegeben, sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson nach dem Krisentreffen in Luxemburg. Nukleare Energie werde von den meisten EU-Staaten „als eine kohlenstoffarme Energiequelle anerkannt, aber die Meinungen über die potenzielle Auswirkung auf die umweltpolitischen Ziele gehen auseinander”, so Simson.

Beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche hatte sich erstmals eine Mehrheit dafür ausgesprochen, die Atomkraft als „grünen“ Energieträger zu werten und in einer so genannten „Taxonomie“ der förderungswürdigen Energien zu empfehlen.

Konflikt um die Kernkraft

Nach dem Gipfel sprach sich dann auch noch Ursula von der Leyen, die Kommissionschefin, für Kernkraft und Gas als „sichere Brückentechnologien“ aus. Damit ging von der Leyen auf Frankreich zu, das den Ausbau der Atomkraft als Teil der europäischen Strategie gegen den Klimawandel betrachtet.

Doch Deutschland, Österreich und einige andere EU-Länder wollen sich mit dieser Einschätzung nicht abfinden. Sie verweisen auf die Risiken und Nebenwirkungen der Kernenergie und blockieren die seit Wochen überfällige offizielle EU-Empfehlung.

Deutschland und acht weitere EU-Länder stehen auch bei der Reform des Energiemarktes auf der Bremse. Für eine solche Reform macht sich vor allem Spanien stark. Hintergrund ist der stark gestiegene Preis für Erdgas, das Spanien vorwiegend auf dem volatilen Spotmarkt einkauft.

Mehr Erneuerbare – nur wann?

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Es könne nicht sein, dass ein hoher Gaspreis sofort auf den Strompreis durchschlägt, heißt es in Madrid. Ganz ähnlich sieht man es in Paris. Demgegenüber warnt Deutschland vor übereilten Eingriffen in den Markt.

„Transparente und wettbewerbsfähige Märkte“ seien der Garant für wettbewerbsfähige Preise für die Endverbraucher, heißt es in einem Positionspapier, das die scheidende Bundesregierung vor dem Ministertreffen verteilt hatte.

Statt die Märkte zu regulieren, solle die EU den Ausbau erneuerbarer Energien fördern. Das geht allerdings nicht von heute auf morgen. Ein Rezept gegen den aktuellen Preisschock bei Gas und Strom ist es gewiß nicht…

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Die Watchlist

Finden die europäischen Nationalisten doch noch zusammen? Bisher war eine nationalistische Internationale ein Widerspruch in sich. Doch nun ist die französische Nationalistenführerin Le Pen zum ungarischen Regierungschef Orban nach Budapest gepilgert, der sie mit Eskorte empfangen und den roten Teppich ausgerollt hat. Bis zu einem schlagkräftigen Bündnis im Europaparlament ist es aber noch ein weiter Weg…

Was fehlt

Vier Milliarden Euro aus dem EU-Budget. Dieser Betrag sei durch Unregelmäßigkeiten verloren gegangen, bemängelt der Europäische Rechnungshof in seinem neuen Bericht. Dies entspricht bei den berücksichtigten Ausgaben von 147,8 Milliarden Euro im Haushaltsjahr 2020 einer Fehlerquote von 2,7 Prozent – etwas weniger als in den Vorjahren, aber immer noch viel zu viel. Immerhin: von Korruption ist nicht die Rede.