Merkel wird zur “lame duck” – ausgerechnet jetzt

Der neue Bundestag hat sich konstituiert, die alte Bundesregierung ist nur noch geschäftsführend im Amt. Damit wird auch Kanzlerin Merkel zur “lame duck” – in einem kritischen Moment der europäischen “Polykrise”.

Letzte Woche, beim EU-Gipfel, hat Merkel noch “business as usual” gemacht. Konflikte wurden zugekleistert, Probleme vertagt. Ratspräsident Michel und die 27 anderen EU-Granden haben die Kanzlerin trotzdem gefeiert – für ihr europapolitisches Gesamtwerk.

Doch nun ist sie nur noch geschäftsführende Kanzlerin, ohne eigene Mehrheit im neuen XXL-Bundestag. Merkel kann zwar noch agieren, auch in der Europapolitik, doch sie muss sich Zurückhaltung auferlegen – ausgerechnet jetzt.

Dabei schlagen gleich mehrere Krisenwellen über der EU zusammen. Die Coronakrise nimmt wieder Fahrt auf. Die Energiekrise nimmt bedrohliche Ausmaße an. Die USA warnen schon vor “lebensbedrohlichen” Folgen.

Die Verfassungskrise um Polen weitet sich aus, die Autokraten aus Ungarn und der Türkei nutzen die Gunst der Stunde für neue Provokationen.

Und dann droht auch noch eine neue Flüchtlingskrise aus dem Osten, angefeuert von Diktator Lukaschenko und Sultan Erdogan, der den Flughafen Istanbul zum Drehkreuz macht.

Da wäre es schon gut, eine schlagkräftige deutsche Regierung zu haben, die der EU den Rücken stärkt. Doch Merkel ist ab sofort eine “lame duck” – und von ihrem Nachfolger Scholz wissen wir nicht, was er in EUropa will.

Jetzt rächt es sich, das Merkel ihren letzten Gipfel nicht genutzt hat, um ein paar Pflöcke einzuschlagen und ein paar Maximen zu formulieren.

Zu dumm auch, dass das Thema EU im Wahlkampf ausgespart wurde – sogar bei den Koalitionsverhandlungen spielt es nur eine Nebenrolle…

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