Endspiel in Griechenland

Das Land ist bankrott, doch niemand soll es wissen

Kommt es in Griechenland zu einer ungeordneten Pleite? Dies ist die Frage, die die Euro-Retter derzeit mehr als alles andere umtreibt. Es hakt gleich an zwei Fronten: bei den Sparvorgaben und Reformen, die nicht vornkommen – und bei der Umschuldung, die seit letzte Woche stockt. Standard & Poor’s glaubt offenbar schon, dass die Pleite kurz bevorsteht…

Die privaten Gläubiger – Banken, Versicherungen und Hedgefonds – hatten am Freitag den Verhandlungstisch verlassen, weil sie bessere Konditionen für den geplanten 50-prozentigen Schuldenschnitt – und den damit verbundenen „freiwilligen“ Verzicht auf rund 100 Milliarden Euro – fordern. 

Zwar sollen die Umschuldungsgespräche bereits am Mittwoch weitergehen. Doch die Chancen für eine Einigung stehen schlecht. Deutschland sträubt sich gegen die geforderten besseren Konditionen für die Gläubiger und ofrdeet, den Schuldenschnitt auszuweiten – bis auf rund 80 Prozent, wie die “Welt” meldet. Die Hedgefonds drohen weiter, den Deal platzen zu lassen (siehe mein Eintrag “Geisel der Hedgefonds”). Und dem Internationalen Währungsfonds passt die ganze Richtung nicht mehr.

Die Strategie zur Sanierung des Krisenstaats sei gescheitert, heißt es neuerdings in Washington. Der geplante Schuldenschnitt reiche ebensowenig aus wie das bereits beschlossene neue Rettungspaket in Höhe von 130 Mrd. Euro.

Nach Berechnungen des Währungsfonds fehlt ein „signifikanter zweistelliger Milliardenbetrag“. In Griechenland könnten also höhere Belastungen auf Deutschland zukommen. Auch in Athen steht Merkels Strategie auf dem Prüfstand, ähnlich wie bei den Bonitätswächtern in New York, die Merkel Fiskalpakt in der Luft zerrisen hatten (siehe mein Eintrag “Wie Merkel manipuliert”). 

Allerdings hat die Lage in Athen mehr Sprengkraft. Denn das Land braucht dringend Hilfe. Am 20. März werden Anleihen im Wert von 14,4 Mrd. Euro fällig. Bis dahin muss die Umschuldung unter Dach und Fach sein – oder die Eurozone muss wieder einmal einspringen. Andernfalls wäre Griechenland pleite. Um diesen Worst Case zu verhindern, erwägt Athen bereits neue harte Sparmaßnahmen und einen Zwangsverzicht für seine privaten Gläubiger.

Derzeit möchte niemand darauf wetten, dass alles gut geht. Ein Verhandlungsinsider erklärte, die Unterhändler seien inzwischen weniger optimistisch, was die Chancen auf eine Einigung angehe. Sicher ist hingegen, dass eine Pleite Griechenlands katastrophale Folgen für Europa hätte. Sie würde neue Schockwellen an die Märkte aussenden und sofort auf andere Krisenländer wie Italien und Spanien ausstrahlen. Außerdem würden sie das Vertrauen in die Euro-Rettung endgültig untergraben.

Doch einen „Plan B“ gibt es auch in Griechenland nicht. Die „Troika“ aus EU, IWF und EZB will kein Jota von ihren strikten Vorgaben abweichen. Beim EU-Krisengipfel Ende Januar wollen die Chefs den Druck auf die Regierung in Athen noch einmal erhöhen, neue Konzepte sind nicht geplant. Auch eine neue Strategie zur Verteidigung der Eurozone wird es nicht geben. Wer sollte sie auch ausarbeiten? 

Kanzlerin Merkel ist vollauf damit beschäftigt, die letzten Beschlüsse von Dezember umzusetzen und ihre Fiskalunion abzusichern. Und Frankreichs Präsident Sarkozy hat seit dem Downgrading seines Landes wohl nicht mehr die Kraft, um einen neuen Kurs vorzugeben.

 

(Dies ist die Kurzfassung eines Beitrages, den ich auf Cicero online veröffentlicht habe. Siehe dazu auch die aktuelle Umfrage in diesem Blog.)

 

 

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