Falsches Boot, fataler Kurs

Drei Wochen nach der Europawahl ist immer noch nicht klar, wohin die Reise in der EU gehen soll. Während sich das neue Parlament konstituiert, fordern Kanzlerin Merkel und ihre konservative „Viererbande“ ein neoliberales „Weiter so“. Doch das wäre fatal.

Soll das alles gewesen sein? Ein bisschen Protestwahl – und dann wieder Business as usual? Gar ein neoliberales Rollback mit rechtspopulistischen Spitzen gegen die „Sozialtouristen“?

Das ist es jedenfalls, was uns Merkel und ihre neuen konservativen Partner aus Schweden, Holland und UK versprechen. Bei ihrer Bootsfahrt in Schweden formulierten sie Forderungen.

Erst das Programm, dann die Personen, heißt ihre durchsichtige Devise, mit der sie den Wahlsieger Juncker in den Hintergrund schieben oder verdrängen wollen („Die Kunst des Weglächelns“).

Doch das kann, ja darf es nicht sein. Niemand hat diese vier Länder auserkoren, sich über den Willen der Bürger und der konservativen Parteienfamilie EVP hinwegzusetzen und die EU zu leiten.

Und niemand hat Merkel beauftragt, die „Vermittlung“ nach der Eurowahl zu übernehmen. Dafür gibt es nur zwei legitimierte Personen: den Wahlsieger Juncker und EU-Ratspräsident Van Rompuy.

Auch inhaltlich wäre es gefährlich, sich nun auf das neoliberale (bzw. neokonservative) Programm festzulegen. Es ist seit der Lissabon-Agenda aus dem Jahre 2000 bereits dreimal krachend gescheitert.

Das Platzen der Internet-Blase, die globale Finanzkrise und die Eurokrise haben gezeigt, dass mehr Markt und totale Liberalisierung ins Verderben führen. Niemand hat dieses Programm gewählt.

Selbst die Liberalen sind bei der Europawahl mit einem zeitgemäßeren Plan angetreten. Linke, Sozialdemokraten und viele Protestwähler haben sich sogar ausdrücklich gegen die neoliberale Agenda ausgesprochen.

Meiner festen Überzeugung nach brauchen wir ein demokratisches und soziales Europa, wenn die EU nicht vor die Hunde gehen soll. Merkel & Co. planen genau das Gegenteil.

Deshalb ist ihr Weg gefährlich. Er führt in die Sackgasse oder – schlimmer noch – zu einer Wiederholung der Krisen, die wir schon hatten. Einen weiteren Schock wir die EU aber wohl kaum überleben…

Siehe zu diesem Thema auch „Die Krisenmacher“