Ein abgekartetes Spiel (II), dicke Luft in Brüssel – und kein Wort zu Assange
Die Watchlist EUropa vom 22. Februar 2024 – Heute mit dem Programm für die nächste EU-Kommission, neuen Standards für die Luftqualität und einem vielsagenden Schweigen
Nur zwei Tage, nachdem sich EU-Chefin von der Leyen um eine zweite Amtszeit beworben hat, zeichnet sich bereits das Programm für die nächsten fünf Jahre ab.
Es wird einen EU-Kommissar für “Verteidigung” und massive Rüstungs-Beschaffungsprogramme geben – auch wenn dies in den EU-Verträgen nicht vorgesehen ist.
Der “European Green Deal” wird aufgeweicht und in einen “Industrial Deal” umgemodelt. Der Verbrennermotor könnte ein Revival erleben – in zwei Jahren steht eine “wichtige Überprüfung” an.
Die Asyl- und Flüchtlingspolitik wird weiter verschärft. Die EU will dabei dem “Beispiel” Großbritannien folgen und neue Rücknahme-Abkommen mit Ländern wie Ägypten oder Mauretanien schließen.
All dies hat von der Leyen bereits angekündigt. Allerdings nicht im Sinne von klassischen, konditionierten Wahlversprechen – “wenn Ihr mich wieder wählt, werde ich das und das machen.”
Das Programm der Chefs
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Nein, das alles steht schon so gut wie fest – denn es ist das Programm der EU-Chefs, die bereits im Herbst im Berliner Kanzleramt begonnen haben, die Agenda für die nächste Kommission abzustecken.
Es ist ein abgekartetes Spiel – genau wie die “Wahl” von der Leyens. Die Wähler haben auf die nächste Kommissionschefin ebenso wenig Einfluß wie auf ihre Politik.
Sie können allenfalls ein paar Akzente setzen – etwa, indem sie Grüne oder Sozialdemokraten stärken, damit der “Green Deal” nicht ganz unter die Räder kommt oder das “soziale Europa” gestärkt wird.
Doch die großen Linien sind längst festgezurrt. Das gilt vor allem für die Ukraine – aus Angst vor den Wählern wurde bereits im Dezember und Januar alle wichtigen Beschlüsse gefasst.
Der Rest soll beim EU-Gipfel im Juni folgen – nur drei Wochen nach der Europawahl…
Siehe auch “Von der Leyens zweite Amtszeit: Ein abgekartetes Spiel”
News & Updates
- Dicke Luft in Brüssel. Die EU hat sich auf verschärfte Standards für die Luftqualität geeinigt – doch die Vorgaben der Weltgesundheits-Organisation WHO werden deutlich verfehlt. Umweltschützer sehen in dem Kompromiss eine Mogelpackung. – Mein Bericht in der taz hier.
- Europäer fallen vom Glauben ab. Im Krieg um die Ukraine glaubt nur noch jeder zehnte EUropäer an Sieg. Und in Deutschland gibt es keine Mehrheit für einen EU-Beitritt. Dennoch macht Brüssel weiter wie bisher – mit neuen Sanktionen (siehe unten). – Mehr hier im Blog
- Neue Sanktionen zielen auf China und Nordkorea. Sie können es nicht lassen: Pünktlich zum 2. Jahrestag der russischen Invasion in der Ukraine haben die EU-Staaten neue Sanktionen auf den Weg gebracht. Diesmal geht es auch gegen China und Nordkorea… – Mehr zum Wirtschaftskrieg hier
Das Letzte
Kein Wort zu Assange. Zum Tod des russischen Regimekritikers Nawalny kann die EU offenbar nicht genug sagen. Nach den Außenministern haben sich nun auch die Fraktionschefs im Europaparlament geäußert und die Schuld bei Kremlchef Putin verortet. Nächste Woche wird Nawalnys Witwe im Parlament erwartet. Diese Ehre wird der Frau von Wikileaks-Gründer Assange nicht zuteil. Obwohl er gerade in London gegen seine Auslieferung in die USA kämpft, hat die EU kein einziges Wort über ihn verloren. Dabei geht es im Fall Assange um die Verteidigung von Whistleblowern und Pressefreiheit. Die CIA soll sogar seine Ermordung geplant haben. Doch pssst – sowas machen nur die Russen…
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KK
22. Februar 2024 @ 13:53
“…denn es ist das Programm der EU-Chefs, die bereits im Herbst im Berliner Kanzleramt begonnen haben, die Agenda für die nächste Kommission abzustecken.”
Das kungeln die Big Player alles – nach Rücksprache mit Washington – in Hinterzimmern aus, und spielen einzelne Regierungen nicht mit, werden sie mit dem Entzug von EU-Geldern erpresst (und notfalls zwecks Gesichtswahrung daheim zum Kaffeetrinken geschickt).
Und das nennen die dann “Demokratie” und “Werte”!
KK
22. Februar 2024 @ 12:01
Wie passen eigentlich das aktuelle und die letzten NAhTOd-Manöver – die grössten und umfassendsten jemals, mit riesigen Mengen CO2 und Feinstaub etc. – mit der “Verbesserung der Luftqualität” und dem “Kampf gegen den Klimawandel” zusammen?
Helmut Höft
22. Februar 2024 @ 11:03
Wtf is Assange? Wir kennen nur Nawalny!
KK
22. Februar 2024 @ 11:56
Und ist Nawalny nicht genau im passenden Moment gestorben, um vom Fall Assange und dessen womöglich letzten Kampf vor diesem britischen Anscheingericht abzulenken?
Welch selbstloser heroischer allerletzter Einsatz…
Arthur Dent
22. Februar 2024 @ 09:43
Revival des Verbrenners – warum wohl laufen Kampagnen zur Reduktion des Fleischkonsums? Aus Gesundheitsgründen? Oder soll der Tierbestand verringert werden, dann braucht man weniger Viehfutter und hätte mehr Ackerflächen für Energiepflanzen? Achtung VT 🙂
Ob es die WHO immer gut mit uns meint? Sie arbeitet gerade an einem globalen Pandemie-Vertrag. Sie wurde von vielen wissenschaftlichen Fachjournalen auch schon dazu aufgefordert, angesichts der Klimakrise einen globalen Gesundheitsnotstand auszurufen. Mit Kritik an Maßnahmen kann man sich leicht den Mund verbrennen. Stichwort: Verbreitung von Fake-News…