Nato: Die Durchhalteparolen klingen hohl
Vor dem zweiten Kriegswinter in der Ukraine hat Nato-Generalsekretär Stoltenberg an die Alliierten appelliert, nicht nachzulassen und das Land weiter militärisch zu unterstützen.
“Es ist unsere Pflicht, dafür zu sorgen, dass wir die Ukraine mit den Waffen versorgen, die sie braucht”, sagte er zu Beginn eines zweitägigen Außenminister-Treffens in Brüssel.
Hintergrund sind die wachsende Kriegs-Müdigkeit im Westen und leere Waffen- und Munitionsdepots. Die EU mußte erst kürzlich einräumen, dass sie eine Million Artillerie-Granaten nicht rechtzeitig liefern kann.
Derweil regt sich in den USA Widerstand gegen weitere Ukraine-Hilfen. Einige Experten fordern bereits, das Ziel eines ukrainischen Sieges aufzugeben und die Strategie zu überdenken.
Stoltenberg wies das zurück. Nun gehe es um Standhaftigkeit, sagte er. Mit westlicher Hilfe habe es die Ukraine bereits vermocht, rund 50 Prozent des von Russland besetzten Territoriums wieder zu befreien.
Die Nato müsse diese Unterstützung aufrecht erhalten. Davon hänge auch die Weltpolitik ab: “Hier geht es um die gesamte Idee einer regelbasierten internationalen Ordnung.“
Nicht mehr so optimistisch
Stoltenbergs Appelle klingen allerdings nicht mehr so optimistisch wie früher. Im Frühjahr hatte er erklärt, die westlichen Waffenlieferungen würden es der Ukraine ermöglichen, Gelände wettzumachen.
Doch nun, nach einer weitgehend gescheiterten Gegenoffensive, legt sich der Nato-Generalsekretär nicht mehr fest. Kiew müsse selbst entscheiden, wie es den Krieg beenden wolle, sagte er.
Das klingt fast so, als könne der Krieg auch ohne den bisher beschworenen “Sieg” enden!?
P.S. Die Nato und die Ukraine haben sich ewige Treue geschworen. „Wir werden unsere Unterstützung so lange fortsetzen, wie nötig“, erklärte die Militärallianz beim ersten Treffen des neuen Nato-Ukraine-Rats auf der Ebene der Außenminister in Brüssel. „De facto werden unsere Streitkräfte immer mehr zu einer Nato-Armee“, sagte der ukrainische Chefdiplomat Dmytro Kuleba.
KK
29. November 2023 @ 14:23
“Es ist unsere Pflicht,…”
Wo steht das denn geschrieben?
Stoltenberg geht von einer völlig falschen Prämisse aus – die Ukraine ist eben kein NAhTOd-Mitglied, und daher besteht auch keinerlei Pflicht für die NAhTOd (für andere kann Stoltenberg gar nicht sprechen), die Ukraine irgendwie militärisch zu unterstützen.
Wollte die EU nicht konsequent gegen derartige Desinformation vorgehen?
pittiplatsch
29. November 2023 @ 12:42
Napoleon und Adolf fragen!
Stef
29. November 2023 @ 11:23
Wie will Stoltenberg mit Worten und Appellen an den fehlenden Produktionskapazitäten und den leeren Depots etwas ändern? Diese Lebenslüge eines gewinnbaren Kriegs gegen Russland kollabiert gerade vor den Augen der Weltöffentlichkeit. Und zwar sowohl für die Ukraine als auch für die Nato in Europa.
Oder glaubt hier jemand ernsthaft, wir wären mit oder ohne Hilfe der USA in der Lage einen Waffengang mit Russland zu bestehen? Ich glaube daran schon lange nicht mehr. Es sei denn, Herr Pistorius setzt seine Kriegswirtschaft radikal um und wir verzichten volkswirtschaftlich auf alle anderen “Prioritäten” wie Demokratie, Wohlstand der Mittelschicht, Sozialstaat, Bekämpfung des Klimawandels, Energiewende, Sanierung der Infrasruktur etc. pp.
Diese Politikergeneration schafft es gerade, uns mit aller Macht in einen massive militärische Konfrontatin ohne jede Aussicht auf einen glimpflichen Ausgang zu manövrieren. Dafür wird auch noch alles geopfert, was seit dem Ende des WW2 aufgebaut haben.
Andreas Mathys
29. November 2023 @ 11:14
Ich schaue mir wöchentlich das Bulletin des in Moskau stationierten französischen Autors Xavier Moreau auf der Plattform Stratpol an. Obwohl er russische Propaganda vertritt (hier wird ja praktisch nur ukrainische Propaganda verbreitet!), hat er bisher eigentlich immer recht gehabt. Die Ukraine ist chancenlos!
Arthur Dent
29. November 2023 @ 09:31
“Kiew müsse selbst entscheiden…” – nun ja, ein bisschen Hilfestellung will man Kiew schon diskret geben, um entsprechend gedankliche Eingebungen zu fördern. 🙂
Ob Kiew allerdings auch ohne Moskau entscheiden kann???
Thomas Damrau
29. November 2023 @ 09:19
Stoltenberg gibt mal wieder die Pippi Langstrumpf (als Norweger kann Lindgrens Bücher vermutlich im Original lesen): Er verweist die Erfolge von 2022 und macht daraus 50% Rückeroberung – was flächenmäßig vielleicht sogar stimmt. Er vergisst aber zu erwähnen, dass die ukrainischen Erfolge bei der Stadt Cherson und in der Region Charkiw vor allem logistisch prekäre Positionen der russischen Armee betrafen, die mittelfristig in jedem Fall schwer zu verteidigen gewesen wären.
2023 ist militärisch nichts mehr Erwähnenswertes passiert: Viele Tote, kein Fortschritt. Und so wird schon die Tatsache, dass Russen sterben (euphemistisch „Abnutzung“), zum Erfolg erklärt.
Also sind Prozente in 2022 interessant – 2023 sind sie das falsche Kriterium. So kann man sich die Welt schön-rechnen – wenn man Börsianern ein schlechtes Quartal erklärt. Aber hier geht es um Menschenleben.
Monika
29. November 2023 @ 11:05
50% Rückeroberung … War der freiwillige russische Rückzug aus dem Großraum Kiew nicht Teil des Good-Will-Pakets von Russland, das anlässlich des kurz bevorstehenden Friedensschlusses im März 2022 unterschriftsreif auf dem Tisch lag? Und das von den “Herren” Johnson aus GB und Biden, USA hintertrieben wurde, um nicht zu sagen die Unterschriftsverweigerung der Ukraine angeordnet wurde?
Thomas Damrau
29. November 2023 @ 11:52
@Monika
Mag sein.
Ich habe die “50%” nicht im Detail analysiert (siehe mein “vielleicht sogar stimmen”). Mir ging es darum, dass die ukrainischen Erfolge in 2022 vor allem Gebiete umfassten, die für die russische Armee grundsätzlich strategisch ungünstig lagen. Deshalb war der russische Widerstand sowohl bei Cherson als auch in der Region Charkiw gering.
Aber der rasche (panische?) Rückzug der Russen hat die Illusion erzeugt, der Rest der besetzten Gebiete könne ebenfalls mit westlichem High-Tec und ukrainischer Tapferkeit in einer zeitlich begrenzten Offensive rückerobert werden.
Eine Fehleinschätzung …