EU umwirbt Erdogan
Die Türkei tut alles, um sich von der EU und ihren Werten abzusetzen. Dennoch wird sie von Brüssel und Berlin umworben – nun mit der Aussicht auf Visa-Erleichterungen.
In einem Sonderbericht empfiehlt die EU-Kommission, “vorrangig mit den Mitgliedstaaten Möglichkeiten auszuloten, um den Zugang zu Visumanträgen zu erleichtern”. Davon sollen türkische Geschäftsleute und Studenten profitieren sowie türkische Staatsbürger mit Familienangehörigen in der EU.
Nach der Wiederwahl des türkischen Sultans Recep Tayyip Erdogan im Mai hatten die europäischen Staats- und Regierungschefs die Brüsseler Behörde beauftragt, einen Neuanfang in den konfliktreichen Beziehungen zu prüfen. Vor allem Deutschland hat sich für eine Wiederannäherung stark gemacht.
Dabei legt sich Erdogan fast überall quer. Er treibt die Spaltung Zyperns voran, blockiert den Nato-Beitritt Schwedens, unterläuft die Sanktionen gegen Russland und schickt auch wieder mehr Bootsflüchtlinge in die EU. Im Nahost-Krieg hat er sogar Partei für die islamistische Hamas ergriffen.
Dennoch wird Erdogan von der deutschen EU-Chefin von der Leyen und von Kanzler Scholz hofiert. Ob es an den vielen türkischen Mitbürgern liegt – oder an der Hoffnung auf einen neuen Flüchtlingsdeal?
P.S. Erdogan hat Israels Regierungschef Netanjahu als “Schlächter von Gaza” bezeichnet und ihm vorgeworfen, Antisemitismus zu fördern. Netanjahu gefährde durch “die Morde, die er in Gaza begeht die Sicherheit aller Juden weltweit”, sagte der Sultan. In Deutschland würde er dafür vermutlich strafrechtlich verfolgt, wenigstens aber “gecancelt”…
Karl
30. November 2023 @ 12:21
Die EU soll und wird noch mehr Kurden opfern. Darum geht es. Diese NATO-Erweiterung geschieht durch Folter und Tod der Kurden.
Arthur Dent
29. November 2023 @ 22:30
Der türkische Präsident wird bekommen, was er haben will. Schweden hat etwa 16.000 aktive Soldaten, die Türkei 260.000.
Arthur Dent
29. November 2023 @ 14:23
Hallo? Wie soll denn Schweden in die Nato kommen?
KK
29. November 2023 @ 16:23
Wenn Erdogan so weitermacht, schmeisst die NAhTOd zur Not die TR raus, nur damit Schweden reinkommt, wetten?
Die TR stört ja nur noch, ob jetzt beim Beitritt von Schweden und Finnland, ob in der Ägäis, auf Zypern, in Syrien, im Irak, in Libyen oder bezüglich der Situation in Israel/Palästina. Und in BRICS ist die TR ja auch noch aktiv – was erlauben Erdogan?
Da passt Schweden doch viel besser zur Agenda der USA, die die NAhTOd militärisch exekutieren soll.
Monika
30. November 2023 @ 10:53
Werden da nicht mal wieder vielfältige Trümpfe, die hier in diesem Fall der türkische „Sultan“ hält, nicht weggewünscht und schlicht „übersehen“? Fakt ist wohl, die NATO kann sich einen Ausschluss der, manche mögen das bedauern, noch eigenständig denkenden/agierenden Türkei gar nicht leisten! Diese Eigenständigkeit mag falsch oder richtig sein, das spielt keine Rolle, allein die daraus für die NATO resultierende „Unberechenbarkeit“ der Türkei ist dabei der größte Trumpf Erdogans. Denn dass die NATO-„Strategie“ eine reine USAngelegenheit ist , kann man daran erkennen, dass zwar überalll weltweit vielfältige „Fronten aufgemacht“ werden, aber im weitesten Sinne der „Zivilschutz“ der Frontstaaten niemals in den Planungen vorkommt. So kann nur jemand denken, der sich absolut sicher ist, dass ein Angriff auf eigenes Territorium völlig „undenkbares Szenario“ ist.
(Im „kleinen Maßstab“ gerade in Israel zu betrachten, da wurden die Warnungen eines Hamas-Angriffs auch nicht ernst genommen.)
Der NATO stünde ein Einhalten und ein gründliches Neudenken ihrer „Strategie“ gut an. Dazu bedürfte es aber mehr eigenständig denkender Mitgliedstaaten. Und die sehe ich derzeit noch nicht.
Stef
30. November 2023 @ 13:38
@ Monika: Das mit dem Neudenken der Nato-Strategie ist ein wichtiger Punkt, wenn man mal an der US-Dominanz der Nato vorbeischaut. Durch den Nato-Beitritt von Schweden und insbesondere Finnland hat die Nato neue Grenzen zu Russland. Wenn wir die aktuelle Nato-Strategie der militärischen Konfrontation weiterdenken, wird diese Bündnisgrenze für alle Seiten ein sehr teurer Spaß. Da wäre eine politische Neuorientierung auf weniger militärische Managementmethoden von Sicherheitsfragen ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft.
Andererseits lernen wir ja jetzt erneut, dass das Gebot zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit für das Militär nicht gilt, siehe Schuldenbremse und Rüstungsbudget.