Druck und Gegendruck (Update)

Erst lädt man ihn ein, dann sagt man nein

Die Eurogruppe erhöht nochmals den Druck auf Griechenland: Die Entscheidung über die nächste Hilfstranche über acht Milliarden Euro soll erst im Oktober fallen, hieß es beim Treffen der Eurofinanzminister in Breslau. Doch die Regierung in Athen hat nur noch Reserven für vier Wochen: danach ist sie pleite. Ist der Bankrott also gewollt, wird er bewußt in Kauf genommen? US-Finanzminister Geithner warnt vor „katastrophalen Risiken“.

Es war alles so schön inszeniert. Der polnische EU-Vorsitz hatte Geithner nach Breslau geladen, um dort über Eurokrise und Wirtschaftsflaute zu sprechen. Man wolle mit dem Amerikaner nicht nur Pilze sammeln, sondern Entscheidungen treffen, hieß es. Doch dann das: Geithner blitzt mit seinen Vorschlägen ab, den Euro-Rettungsschirm aufzustocken und etwas für das Wirtschaftswachstum in Europa zu tun. Schlimmer noch: Die Europäer verschärfen die Krise, indem sie auch noch Griechenland zappeln lassen. 

Als Hardliner tat sich dabei laut FTD wieder einmal Bundesfinanzminister Schäuble hervor. Erst einmal müssten alle ihre Hausaufgaben machen und die Schulden abbauen, so der CDU-Politiker in Breslau. Griechenland müsse alle von Berlin und Brüssel diktierten Bedingungen auf Punkt und Komma erfüllen, erst danach könne man über neue Hilfen sprechen. Nur die Finnen und die Österreicher traten noch härter auf. Gemeinsam wehrten sie alle Forderungen von Geithner ab. 

Dabei ist die Eurokrise schon jetzt außer Kontrolle. Ohne eine massive Intervention der Notenbanken in Europa, den USA, Japan und Großbritannien wäre der Geldmarkt in der Eurozone womöglich schon am Donnerstag zusammengebrochen – ein Dejà-vu wie in der Finanzkrise 2008. Die Börsen spielen seit Wochen verrückt, die Banken trauen einander nicht mehr über den Weg. Die Finanzkrise hat längst die Realwirtschaft infiziert; die Aufträge gehen zurück, im Herbst droht selbst Deutschland das Abgleiten in die Rezession.

Die USA sind an dieser Krise natürlich nicht ganz unschuldig. Schließlich ist sie die Fortsetzung der Finanzkrise, die 2008 mit dem Zusammenbruch von Lehman-Brothers begann. US-Banken haben Griechenland beim Schummeln geholfen, US-Hedgefonds haben auf die Pleite Athens spekuliert, US-Ratingagenturen die Krise angeheizt. Auch die US-Politik war nicht gerade vorbildlich – Washington ist selbst eben erst an der Pleite vorbeigeschrammt.

Doch gerade weil die USA so nahe am Abgrund standen, können sie wertvolle Ratgeber sein. Wenn die USA und Europa ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik abstimmen, so die Lehre aus der Finanzkrise, können sie sich gemeinsam aus dem Sumpf ziehen.

Drei Jahre später ist das offenbar schon wieder vergessen…

 

Nachtrag 19.9.11

Das Treffen mit dem griechischen Finanzminister Venizelos in Breslau muss fürchterlich gewesen sein. Er fühle sich “erpresst und erniedrigt”, sagte Venizelos laut BBC. Schäuble & Co. fordern offenbar, dass die Regierung in Athen bis zu 100.000 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst entlässt, meldet derweil das WSJ.

 

 

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