Draghi rechnet falsch
Die Eurozone fällt weiter zurück. Nach der EZB fürchtet nun auch der IWF eine anhaltende Rezession. Doch während der IWF eine Stimulierung der Binnennachfrage und eine “aggressive Geldpolitik” fordert, setzt EZB-Chef Draghi weiter unbeirrt auf Angebotspolitik. Zu Unrecht, wie eine Analyse zeigt.
Von Steffen Bogs
Harald Schumann vom “Tagesspiegel” hat in einem Kommentar “Der deutsche Irrweg” über die Methoden der EZB, in Gestalt des obersten Zentralbankers, Mario Draghi hingewiesen.
Dieser hatte auf dem Treffen der Regierungschefs in Brüssel am 14. März 2013 einen Vortrag gehalten und mittels einer Präsentation vor allem jene Länder kritisiert, die Handelsbilanzdefizite aufweisen und auf den Verlust der dortigen Wettbewerbsfähigkeit hingewiesen, insbesondere auf viel zu hohe Lohnsteigerungen und ein zu niedriges Produktivitätswachstum.
Dies klingt auf den ersten Blick schlüssig und “vernünftig”, nur unterlief dem EZB-Chef dabei ein gravierender Patzer.
Die präsentierten Charts zeigten u.a. die gravierenden Anstiege in der Südschiene der Eurozone bei den Arbeitnehmerentgelten je Beschäftigten (Compensation per Employee) und setzten diese in Relation zum lauen Anstieg der Produktivität (GDP per Employee). Dabei bekam auch ordentlich Frankreich sein Fett ab und Präsident Hollande soll betreten geschwiegen haben, angesichts der Charts:
Die Entwicklung der Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten und der Produktivität (BIP je Beschäftigten) in Relation, als Index 1999=100 einiger ausgewählter Volkswirtschaften, laut Draghis Präsentation. Angesichts solcher Charts von der EZB wird sofort klar, wo sich “die Probleme manifestieren”, oder?
Dumm nur oder Absicht, dass diese Charts eine blamable Verzerrung präsentieren, denn die Produktivität (BIP je Beschäftigten) wird real dargestellt, also nach Abzug der BIP-Preisfaktoren, aber die Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten nominal, ohne Berücksichtigung der Preisfaktoren. Was für ein Schnitzer und egal ob unbeabsichtigter Fehler oder bewusste Irreführung, dies zeigt die Inkompetenz oder eben die verbrämte ideologische Motivation der Handelnden. Wenn bereits die Analysen nicht stimmen, braucht man sich über nicht zielführende Maßnahmen zur Behebung der Krise nicht wundern.
Setzt man den Daten zur preisbereinigten Produktivität, die realen Arbeitnehmerentgelte entgegen, jeweils je Beschäftigten, stellt sich das Bild nicht unerwartet etwas anders dar! Dann ist nicht nur die Südschiene zu kritisieren, sondern auch Deutschland müsste sein Fett weg bekommen und davon ORDENTLICH. Dies ist ja auch logisch, die deutsche Wettbewerbsfähigkeit fiel nicht vom Himmel, sondern ist vor allem Ergebnis einer miesen Partizipation der Arbeitnehmer an den Produktivitätsfortschritten.
Die Entwicklung der deutschen realen Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten (rot) und der realen Arbeitsproduktivität (reales BIP je Beschäftigten – blau) seit 1999 bis 2012 im Chart, auf Jahresbasis als Index 1999=100.
Wie seit Jahren von Querschuessen kritisiert, wenn man richtig vergleicht, hinkte in Deutschland die Entwicklung der realen Arbeitnehmerentgelte der Entwicklung der realen Arbeitsproduktivität gravierend hinterher. Seit 1999 stiegen die realen Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten um schlappe +0,2% und die Arbeitsproduktivität als reales BIP je Beschäftigten um +9,6%.
In einer gesunden Volkswirtschaft sollten die nominalen Arbeitnehmerentgelte im Einklang mit der nominalen Arbeitsproduktivität, zuzüglich der Zielinflationsrate steigen und in einem gemeinsamen Währungsgebiet sollten sich alle ungefähr daran halt. Aufgabe von Institutionen, wie auch der EZB, wäre es dies zu überwachen und bei starken Abweichungen rechtzeitig Alarm zu schlagen und Korrekturen anzumahnen.
Im Einklang mit Produktivität und Zielinflation (im Euroraum +2% pro Jahr) sollte die Löhne deshalb wachsen, weil sonst einem steigendem Output und den geschaffenen Produktionskapazitäten real Einkommensschwund und damit Nachfrageschwund entgegenstünden. Da die Preissteigerungen tendenziell geschönt sind, könnte man sogar leichte Abweichungen nach oben bei den Löhnen tolerieren, um zu verhindern, dass die Nachfrage dem Output-Potenzial nicht standhalten kann.
Die Entwicklung der französischen realen Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten (rot) und der realen Arbeitsproduktivität (reales BIP je Beschäftigten – blau) seit 1999 bis 2012 im Chart, auf Jahresbasis als Index 1999=100. Seit 1999 stiegen in Frankreich die realen Arbeitnehmerentgelte um +12,6% und die reale Arbeitsproduktivität um +9,2%.
Die Entwicklung der realen Arbeitnehmerentgelte in Frankreich ist durchaus vertretbar, wenn auch leicht über dem Zuwachs der realen Arbeitsproduktivität und stellt sich überhaupt nicht so kritisch dar, wie Draghi es manipuliert und ein Hollande hätte statt betreten schweigen, aufbegehren müssen. Dies gilt natürlich nur in einem Szenario, wo sich alle im Euroraum halbwegs an die Formel: Zuwachs der Löhne = Arbeitsproduktivität plus Zielinflation halten. Wenn natürlich in Deutschland weit unterhalb des Produktivitätsfortschritts die Löhne steigen, fährt natürlich Frankreich einen massiven Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ein. Nur ein gemeinsamer Währungsraum verträgt nun mal keine solchen Unwuchten!
Die Entwicklung der italienischen realen Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten (rot) und der realen Arbeitsproduktivität (reales BIP je Beschäftigten -blau) seit 1999 bis 2012 im Chart, auf Jahresbasis als Index 1999=100. Seit 1999 bis 2012 stiegen in Italien die realen Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten um +1,9% und die reale Arbeitsproduktivität schrumpfte um -3,9%. Im Falle Italiens besteht vor allem ein Produktivitätsproblem, allerdings war der Zuwachs der Arbeitnehmerentgelte auch nicht brisant.
Während bei Deutschland und Frankreich die Daten zur realen Arbeitsproduktivität je Beschäftigten mit der Darstellung in den EZB-Charts 1:1 übereinstimmen, zeichnen die Datenbanken von Ameco, wie auch bei Eurostat ein etwas anderes Bild für Italien, wie zu sehen im obigen Chart schrumpft die Produktivität je Beschäftigten in Italien, ein weiterer peinlicher Fehler bei Draghis Präsentation.
Wie auch immer, die nominalen Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten mit der Arbeitsproduktivität aus reales BIP je Beschäftigten zu vergleichen ist grob irreführend und zeugt von wenig Kompetenz beim Lösen der Probleme in der Eurozone, sondern von viel plakativ verzerrender Interpretation der wirklichen Zusammenhänge. Es gruselt regelrecht zu sehen, dass solche Analysen Basis der Maßnahmen in der Eurozone sind. Die nominalen starken Anstiege bei den Arbeitnehmerentgelten der Südschiene spiegeln vor allem auch die höheren Preissteigerungsraten in der Südschiene wieder, denn das allgemeine Preisniveau gleicht sich in einem gemeinsamen Währungsraum nun mal an. Diese Entwicklung ist weit vorangeschritten, wie vergleichende Eurostat-Daten zu den absoluten Verbraucherpreisniveaus aus dem Jahre 2011 anzeigen.
Nach Abzug der Preisfaktoren (Deflator Private Consumption) beim Zuwachs der Arbeitnehmerentgelte je Beschäftigten und der damit hergestellten Vergleichbarkeit zur realen Arbeitsproduktivität je Beschäftigten fällt vor allem Deutschland nach unten raus.
Quellen:
Tagesspiegel.de/Europa in der Krise: Der deutsche Irrweg,
Ec.europa.eu/AMECO-Datenbank
Epp.eurostat.ec.europa.eu/Eurostat-Datenbank
Dies ist ein Repost vom Blog “Querschüsse” – danke! Siehe zu diesem Thema auch meinen Beitrag “Rehn rechnet falsch”
ebo
17. April 2013 @ 20:11
Für mich zeigt diese hervorragende Analyse vor allem eins: Deutschland hat nicht nach den Regeln gespielt, sondern sich durch Lohndumping Wettbewerbsvorteile auf Kosten der Arbeitnehmer erkauft. Frankreich hingegen hat nach den Regeln gespielt (Lohnzuwachs entspricht Produktivitätszuwachs), hat davon nun aber massive Nachteile. Dass EZB-Chef Draghi dies nicht sieht, ist besorgniserregend – denn es bedeutet. dass er seine Entscheidungen von falschen wirtschaftspolitischen Analysen abhängig macht.
Andres Müller
17. April 2013 @ 22:47
@ebo Vielleicht macht er das nur gegen Aussen, mit solchen gezinkten Karten spielt nicht nur er, das tun fast alle dieser elitären Wettbewerbs -Sozialdarwinisten. Die sind völlig Blind auf dem sozialen Auge, selbst wenn die Zeichen nach Jahren des Abbau die Stützung der 80% -Konsumenten erfordern.
Nach der jahrelang andauernden Gehirnwäsche über die Vorteile von Massenentlassungen und Lohndumping kommt es zum Reflex, da werden auch anderes aussagende Statistiken (vermutlich sogar unbewusst) gleich vorab falsch interpretiert und kommentiert.
Übrigens noch zum Tagesgeschehen, ich habe jetzt mal sämtliche gehandelten Rohstoffe im Detail angesehen, da ist etwas ganz Grosses am laufen das weit über “Goldmanpulation” hinaus geht. Tatsache ist es dass sämtlichen Rohstoffe welche von der Industrie benötigt werden, im Ausverkauf anstehen und dass der US$ steigt. Wer auf Gold fixiert ist macht einen Fehler, mit einer Unze kann man nämlich noch immer denselben Öltank füllen wie letzten Donnerstag -und ich sehe zum Beispiel Palladium (wieder unter 666 US$) das wichtig ist im Fahrzeugbau unter noch grösserem Druck (obwohl das Metall ausgesprochen Knapp ist). Es scheint auch die Aktienmärkte zu treffen -und- ich sehe das viel Geld in die Staatsanleihen fliessen. Vermutlich war genau dies geplant, das Geld wird wohl gerade jetzt dort benötigt, vermutlich weil irgend was übles ansteht das diese Zuflüsse in Zukunft verhindern könnte. Im Moment sehe ich selbst keine Alternative zu -Gold und Silber, leider. Bargeld zu halten -wenn schon im heimischen Tresor -ich glaube es wird nun kritisch im System, man hört es fast schon knirschen. Nur um noch eine Zahl in den Raum zu stellen, der Werteverlust bei allen “technischen” Rohstoffen (inklusive Gold) beläuft sich auf über 1 Billion US$. Das ist ein Deflationsschub den ich so noch nie gesehen habe ohne dass gleichzeitig ein Grossereignis bekannt gegeben wurde wie Lehman Kollaps oder WTC-Anschlag. Es wird eben ein solches Ereignis im Hintergrund geben, und das werden wir vermutlich bald erfahren.
Andres Müller
18. April 2013 @ 13:26
@ebo Heute in der Zeit zu lesen, Kanzerlerin Merkel: “Die Lohnpolitik ist für die Kanzlerin mit ein Grund für die Misere in Europas Süden.”
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-04/merkel-euro-krise-mindestlohn-amtszeit?utm_source=feedly
“Viele Länder in Europa haben doch genau deshalb eine viel höhere Arbeitslosigkeit als wir, weil Löhne und Leistung bei ihnen zu weit auseinanderklaffen.”
Nun, sprechen Sie doch mal mit Merkel über die falsche Rechnung des Mario Draghi.
Aber nein, das müssen Sie nicht, denn ich bin sicher Merkel und auch Draghi wissen genau was sie tun und was sie fälschen- Sie tun es aus Liebe zu Europa -ihrem virtuellen Reich
Stattdessen muss man aufklären was wirklich das Programm dieser Eliten in Europa zu sein scheint:
Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ohne Rücksicht auf soziale Verluste!.. und ohne Rücksicht auf Dinge wie Produktivität!
Es ist längst bekannt das schlecht entlohnte Arbeiter weniger hohe und qualitative Leistungen erbringen (auch bei Merkel), aber das ist zum Beispiel Irrelevant wenn es darum geht gegen einen Konkurrenten wie China Marktanteile zu gewinnen. Den Piraten der Weltmeere ist Moral Hazard oder gelegentliche Verluste egal, man kämpft mit Gewalt und Hinterlist.
Bis auf das heimtückische Niveau von Foxconn mit ihren Auffangnetzen gegen Selbstmorde ist noch 2-4 Jahre “Sparpolitik” nötig. Foxconn ist übrigens ein Betrieb aus Taiwan, der nun Chancen auch in den USA erkannt hat -bald wohl auch in Griechenland…
Haben Sie bemerkt, Merkel spricht -wenn es um Wettbewerb geht- um Europa -nicht von Deutschland -Sie denkt Reichs-Bezogen, nämlich dem Reich des Euro Kapitalismus- mit der Vorstellung das Menschen dabei keine Rolle spielen wenn es darum geht die Bauern in die Schlacht mit anderen Kontinenten zu werfen.Warum Rücksicht auf Produktivität und Zufriedenheit der Menschen nehmen? Dieser Wahn erinnert an die letzten Kapitel des deutschen Kaiserreiches bis hin zu Hitler -man wollte noch schnell hinterher selbst den Kolonialismus nachholen -und die ferne Elfenbeinküsten -Sklaverei (derer sich heute noch unsere Schokoladenkonzerne bedienen).
Merkel sieht -China kann trotz Diktatur und weniger effizienter eigener Arbeitskräfte -einfach aufgrund der in den Kampf geworfenen durch den staatlich gelenkten Kapitalismus kanalisierten prekären Massen- Boden gewinnen. Folglich -und das war übrigens bereits 1932 eine der Ideen hinter dem Aufstieg der deutschen Industriepolitik, es braucht einige gut bezahlte aber unbarmherzige Führer und ein Herr -ja das war damals auch so gemeint- relativ geistig begrenzte blaue blonde Arier Mädchen und Jungen die aus Überzeugung ihr Leben in den Dienst der Aufgabe stellen den Wettbewerb zu gewinnen. Und unten setzte man auf entrechtete Arbeiter die man wie Sklaven hielt -genauso ist es in China, dort arbeiten in gewaltigen Industriekomplexen hunderttausende von Gefangenen und oft Jugendlichen Arbeiter-Sklaven.
Und wenn der Euro mit China (und den USA) in einen WETTBEWERB eintritt, indem unter sozial völlig unreguliertem “Freihandel” natürlich jedes Mittel Recht ist -dann kann man auch in Europa nicht (mehr) vor der Kalkulation mit Lohnsklaverei und hemdsärmligen Methoden zurück schrecken
Johannes
19. April 2013 @ 20:34
Ja, Lohndumping, sehe ich auch so, aber das sollten wir ja aushalten damit wir “fit für den Euro werden”. Das war alles für den Euro, von dem wir Bürger nicht profitieren, wegen des Lohndumpings. Aber diese Wahrheit darf man ja nicht laut aussprechen, da flippen die Euro-Fanatiker sofort aus 🙁 . Also bleiben wir beim lügen, okay, und deswegen wir im Herbst AfD gewählt, ohne Druck geht nix mehr.
Johannes
17. April 2013 @ 19:00
Legard spricht für den IWF und damit auch für Frankreich und Amerika. Beide wollen, das wir Deutsche alle Rechnungen, ähm Schulden übernehmen. Es ist nur der x-te Versuch an unser Geld/Vermögen zu kommen. Und eben weil jede Woche aus Brüssel und dem Süden Europas Angriffe auf unser Vermögen versucht werden, empfinde ich jeden Bericht dieser Art als Gefahr. Man will uns zu etwas zwingen, und da hört das Verständnis von mir auf.
Andres Müller
17. April 2013 @ 14:58
Grossinvestoren wie George Soros ziehen sich aus den Aktien von Grundversorgern zurück, ebenso von Finanzkonzernen und Einige gar aus allen Rohstoffen (jedenfalls den Papieren, weniger aber Physisch). Das sind Anzeichen dafür dass es in der Realität alles andere als nach Aufschwung aussieht. Aus meiner Sicht steht das Finanzsystem näher vor dem Kollaps als noch vor einem Jahr. Es kam zu einer gewaltigen Rohstoff -Deflation wie ich dies seit der Subprime -Häuserkrise in den USA nicht mehr gesehen habe. Es gibt einen Crash Up -Boom an den Börsen (Aussage von Draghi), das alles sind Anzeichen für eine Änderung bei der Grosswetterlage im Finanzsystem das von historischer Bedeutung ist. So wie ich die Rohstoffmärkte einschätze werden sie nun praktisch nackt ohne weitere nennenswerte Beteiligung von Kleinanlegern gehandelt, da schalten und walten nur noch Grosse. Die Kleinen verkauften ihre Edelmetall -ETF kürzlich nicht und kaufen nun aber auch nichts mehr hinzu. Während nun also eine Deflation bei den Rohstoffen eingetroffen ist heisst aber nicht die Menschen hätten nun etwas von diesen sinkenden Preisen, denn umgekehrt erhalten sie keine Zinsen mehr beim sparen und die verwalteten Vermögen beim Rentensparen sind in höchster Gefahr. Auch sinkende Rohstoff -Preise kosten etwas (mehr als erspart wird), ansonsten wäre es nicht zum verheerendem Einbruch in der Automobilindustrie gekommen.
GS
18. April 2013 @ 00:41
Großinvestoren wie Soros drehen ihr Fähnchen, wie’s zu ihrem Konto passt., genauer in die Richtung, in der sie es am wahrscheinlichsten sehen, den Markt beeinflussen zu können. Vor 20 Jahren war es die Spekulation gegen das Pfund, heute gegen das Gold, und morgen vielleicht wieder für das Gold. Einmal soll Deutschland alle Schulden übernehmen, dann wieder aus dem Euro raus. Heute shortet er den Euro, morgen geht er long. Man darf vermuten, dass er sich immer ne ordentliche Stange hinzuverdient, wenn alle Medien schön verbreiten, was er so denkt. Der Kerl ist ein gerissener Medienprofi, der genau weiß, welche Knöpfe er drücken muss.
GS
17. April 2013 @ 12:44
Es ist richtig, dass die deutschen Arbeitnehmer zu den großen Verlierern des Euro gehören. Die Lohnentwicklung der letzten Dekade war sicher nicht angemessen, denn an eine Beteiligung an den Produktivitätsfortschritten kann man schon erwarten.
Nur macht man es sich erheblich zu einfach, in der deutschen Lohnentwicklung den alles entscheidenden Faktor zu sehen. Glaubst Du, es würde sich was ändern, wenn mit Stichtag 1.5. alle Löhne in Deutschland um 10 % erhöht werden würden? Wohl kaum. Wir brauchen doch nur in die Außenhandelsdaten zu blicken, um zu sehen, dass das Handelsverhältnis zu Deutschland nur eines von vielen Problemen der Südstaaten ist. Auch ohne Deutschland sieht es in einigen dieser Staaten grausam aus. Und umgekehrt ist es mittlerweile so, dass der größte Teil der deutschen Handelsüberschüsse mit Ländern außerhalb der Eurozone erzielt wird. Man kann davon ausgehen, dass eine überkompensierende deutsche Lohnpolitik in erster Linie auch den globalen Wettbewerbern der deutschen Unternehmen zugute kommen wird. Die Europäer müssen langsam aufwachen und erkennen, dass wir nicht mehr der Nabel der Welt sind. Wir haben weder ein Monopol auf Technologie- noch auf Preisführerschaft. Aber wir finden natürlich alle die Globalisierung ganz toll.
Andres Müller
17. April 2013 @ 15:09
“es würde sich was ändern, wenn mit Stichtag 1.5. alle Löhne in Deutschland um 10 % erhöht werden würden?”
Ja, das würde ein Menge zum Positiven ändern. Infolge Automatisierung und Rationalisierung, sowie technischer Fortschritte benötigt man in Europa (und der Welt) in Zukunft immer weniger Produktionsbetriebe und auch weniger Banken und Versicherungen usw.. Das heisst es ist wichtig die “Fabriken” und solcherart optimierte Dienstleistungsbetriebe sehr gut zu verteilen. Ich sehe dafür im derzeit geführten Wettbewerb aber genau das Gegenteil, es kommt zu unerwünschter Konzentration an wenigen Orten. Wenn die Löhne und die Sozialleistungen sich angleichen, so ist das ein Vorteil schliesslich für Alle. Noch immer ist es vielen Ökonomen nicht bewusst, dass die Zeiten geografischer Expansion für viele Grosskonzerne vorbei ist (weil es sich nicht mehr rechnet).
GS
18. April 2013 @ 00:35
Soso, dann werden wir also alle Apotheker, Beamte, Frisöre oder Handyverkäufer. Als wenn wir davon nicht schon mehr als genug hätten. Für Dich gibt es anscheinend eine fixe Menge x an Betrieben, die in der Eurozone produzieren können. Denn alles andere kommt ja eh von draußen. Ich finde das entlarvend, weniger in Bezug auf Dich als in Hinblick darauf, was es für die Eurozone aussagen würde. Die wäre dann ein reines Nullsummenspiel, bei dem es nur noch darum ginge, die Hütchen irgendwie zu verteilen. Demgemäß hatten wir vor 10 Jahren ne andere Verteilung. Entsprechend trüb sah es in Deutschland aus. In der Summe ist aber dann auch heute nichts besser. Eine solche Eurozone braucht doch niemand. Und klar ist auch nicht, warum uns die Nicht-Europäer nicht auch noch die restlichen Produktionsbasen nehmen sollten, die wir noch haben. Was machen wir denn, wenn nur noch im Ausland produziert wird? Mit welchen Gegenwerten bedienen wir unsere Importe?
Diese nach innen gerichtete Denkweise ist fatal. Wir müssen uns doch viel eher fragen, warum Europa, der gesamte Westen, seit Jahrzehnten ein riesiges Beschäftigungsproblem hat, warum ein zusätzlicher Euro Schulden (privat+staatlich) weniger als einen zusätzlichen Euro Wachstum bringt. Die Beantwortung der Frage weist für mich weit über den Euro hinaus. Er scheint allerdings das Problem noch einmal deutlich zu verschärfen.