Die Wahl der Chefs, Rutte führt die Nato – und wird Frankreich unregierbar?

Die Watchlist EUropa vom 27. Juni 2024 – Heute mit dem ersten regulären EU-Gipfel seit der Europawahl, einem neuen Chef für die Atlantische Allianz und einem besorgten Blick nach Paris.

Knapp zwei Wochen nach der Europawahl zeigen die Staats- und Regierungschefs, was sie vom Votum der Wähler halten: herzlich wenig. Beim ersten regulären EU-Gipfel nach der Wahl wollen sie ihre ganz eigene Wahl treffen – personell und politisch.

Personell geht es um die drei Topjobs in Kommission, Rat und EU-Diplomatie. Hier fällt die Wahl der Chefs auf von der Leyen, Costa und Kallas – jedenfalls dann, wenn sich das neue, “pro-europäische” Direktorium mit Kanzler Scholz durchsetzt.

Scholz schien sich seiner Sache zuletzt nicht ganz sicher sein. Er warnte vor einer “Hängepartie”. Derweil kritisierte Italiens Regierungschefin Meloni die europäische “Oligarchie”, die ihre Deals in Hinterzimmern auskungele, ohne den Gipfel abzuwarten…

Politisch geht es darum, die EU endgültig auf den Krieg um die Ukraine zuzurichten – und den “Green Deal” im Sinne der Industrie umzumodeln. “Kriegstauglichkeit” und “Wettbewerbsfähigkeit” heißen die Stichwörter für diese beiden bedenklichen Ziele.

Ehrengast Selenskyj

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Wie sehr die EU-Führung an der Ukraine hängt, zeigt sich an der (erneuten) Anwesenheit von Staatschef Selenskyj. Der “special guest” darf sich nicht nur über EU-Beitrittsgespräche, neue EU-Gelder und mehr Waffen freuen, sondern auch noch über einen neuen Sicherheitspakt.

Dass immer mehr EU-Bürger am Kriegskurs zweifeln und mittlerweile sogar in der Ukraine die Stimmung umschlägt, scheint Scholz & Co. nicht zu kümmern. Sie haben ihre ganz eigene Wahl getroffen – und das schon lange vor der Europawahl.

Denn sowohl die politischen Prioritäten als auch die neue Personalriege wurden schon lange vor der EU-weiten Abstimmung ausgekungelt. Nun geht es nur noch darum, die Wahl der Chefs in die Tat umzusetzen – und den Bürgern einzureden, man sei auf gutem Kurs…

News & Updates

  • Rutte wird Nato-Chef. Die Nato hat den scheidenden niederländischen Regierungschef Mark Rutte offiziell zu ihrem neuen Generalsekretär ernannt. Der 57-jährige Rutte tritt am 1. Oktober die Nachfolge des Norwegers Jens Stoltenberg an. Bis dahin will er offenbar weiter die Niederlande in der EU vertreten – trotz einer schallenden Wahlniederlage im Herbst. – Statt eines Kommentars empfehle ich diesen bitterbösen Tweet
  • Eilantrag gegen von der Leyen gescheitert. Ein Brüsseler Gericht hat den Eilantrag eines Belgiers gegen eine zweite Amtszeit für EU-Chefin von der Leyen abgelehnt. Der Lobbyist Frédéric Baldan habe “nicht nachgewiesen, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht”, teilte das Gericht mit. Es geht wieder einmal um das “Pfizergate” – mehr hier.
  • Neue Sanktionen gegen Belarus. Die 27 EU-Länder haben sich auf neue Sanktionen gegen Belarus geeinigt. Die neuen Maßnahmen sollen die Umgehung der EU-Sanktionen gegen Russland bekämpfen, wie der belgische Ratsvorsitz mitteilte. “Mit diesem Paket schließen wir das größte Schlupfloch unseres Sanktionssystems”, so ein Sprecher. – Mehr Sanktionen hier

Das Letzte

Wird Frankreich unregierbar? Diese Frage treibt Paris – und Brüssel – kurz vor dem 1. Durchgang der Parlamentswahl am Sonntag um. Denn derzeit zeichnet sich weder eine Mehrheit für die Nationalisten um Me. Le Pen noch für die linke Volksfront ab. Präsident Macrons liberale Bewegung ist hoffnungslos abgeschlagen – und mit ihr zusammengehen will derzeit auch niemand. Im Gegenteil: Stimmen lassen sich offenbar nur noch gewinnen, wenn man sich von Macron distanziert oder ihn gar nicht mehr erwähnt. Selbst seine Anhänger propagieren das “Demacronisieren” – denn seit der Sonnenkönig erklärt hat, bei einer Niederlage seiner Bewegung drohe ein Bürgerkrieg in Frankreich, schreckt er die Wähler nur noch ab. Und macht sein Land unregierbar…

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