Ein Sieg für die ukrainische Propaganda
Seit 2014 kämpft die EU gegen russische “Fake News” über die Ukraine. Gegen Propaganda aus Kiew unternimmt Brüssel hingegen nichts. Der Krieg hat nun zu einer medialen Gleichschaltung geführt, wie sich am Beispiel von Azovstal zeigt.
Ob “FAZ”, “Welt” oder “Handelsblatt”: Überall können wir lesen, dass “Hunderte Soldaten aus dem Asow-Stahlwerk evakuiert” wurden. Nur selten finden wir den Zusatz, dass diese Meldung “auf ukrainischen Angaben” beruht.
Und fast nirgendwo findet sich das Wort “Kapitulation”. Schließlich hatten die “Kämpfer” im belagerten Asow-Stahlwerk in Mariupol schon vor Tagen die Losung ausgegeben: “Kapitulation ist keine Option für uns” (nachzulesen bei Spiegel online).
Unsere Medien folgen wortgetreu dem “Spin” der ukrainischen Regierung, wonach die Soldaten heldenhaft “gekämpft” bzw. “widerstanden” und ihren Auftrag erfüllt hätten. Die Ukraine brauche ihre Helden lebend, erklärte Präsident Wolodymyr Selenskyj.
“Dank den Verteidigern von Mariupol haben wir kritisch wichtige Zeit für die Formierung von Reserven, eine Kräfteumgruppierung und den Erhalt von Hilfe von unseren Partnern erhalten”, schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar auf Facebook.
Die Kapitulation wird so zum Sieg umdefiniert – ein typisches Merkmal von Kriegspropaganda.
Die Medien sollten sich das nicht zu eigen machen. Sie dürfen die ukrainische Darstellung zitieren, müssen aber stets darauf hinweisen, dass sich die Angaben nicht unabhängig prüfen ließen.
Hilfreich wäre auch ein Hinweis darauf, dass das umstrittene Asow-Regiment die Regierung am Ende regelrecht angefleht hatte, ihr zu Hilfe zu eilen. Und dass die UNO und das Rote Kreuz an der Lösung beteiligt waren – nach Verhandlungen mit Moskau.
Doch das lassen die meisten Medien weg – nachdem sie beim ESC die Lobeshymnen auf die “stolzen Verteidiger” von Asovstal nachgebetet hatten. Die ukrainische Propaganda hat gesiegt – trotz des “heldenhaften” Kampfes der EU gegen Fake News.
Könnte es daran liegen, dass die EU immer nur Russland unter die Lupe nimmt, und nie die andere Seite?
Mehr zum Ukraine-Krieg hier. Siehe auch “An ihren Worten sollt ihr sie erkennen” (Nachdenkseiten)
P.S. In der Praxis ist die Kapitulation in Azovstal natürlich eine schwere Niederlage für die Ukraine. Denn nun ist das sagenumwobene Asow-Regiment geschlagen, die Schlacht um Mariupol ist verloren. Man sollte sich von dem Propaganda-Erfolg in den deutschen Medien nicht täuschen lassen…
Alexander
18. Mai 2022 @ 13:18
Bei den Nachdenkseiten wird auf diesen Artikel vom 10.4. aufmerksam gemacht:
“Siding with Ukraine’s far-right, US sabotaged Zelensky’s mandate for peace”
https://mate.substack.com/p/siding-with-ukraines-far-right-us?s=r
Meine Einschätzung zur “ukrainischen” Propaganda, wird dabei durch diese Zeile unterstützt:
“This is undoubtedly the message being relayed to Zelensky from the White House in what National Security Advisor Jake Sullivan described as “near-daily contact” with Zelensky’s team about the negotiations with Russia.”
Weshalb sollte die ukrainische Regierung (mit US-Geld!) PR-Agenturen beauftragen, wenn sie eventuelle Empfehlungen dann doch wieder vom Imperium absegnen lassen müssen? Es handelt sich um ein komplettes Marionetten-Regime, das erwünschterweise von den Rechtsextremen auf Kurs gehalten wird.
Dass Selenskyj nicht den Erzberger machen will, kann ich dabei sogar verstehen!
CC
18. Mai 2022 @ 11:04
Danke ebo und den anderen interessanten KommentatorInnen unter den Artikeln – nicht nur heute. Zur ukrainischen Propaganda wäre es tatsächlich mal interessant, welche Pr-Agentur da wie eingespannt ist.
Ich fürchte praktisch läuft es so, dass wenn westliche JournalistInnen in die Ukraine reisen: sie müssen sich bei irgendwelchen Stellen melden/akkreditieren. Die geben ihnen dann entweder direkt Infos oder verweisen sie auf weitere Anlaufstellen. Diese sind natürlich allesamt pro-westlich und professionell ausgestattet. Es ist erstaunlich, wie viele solcher pro-Nato Pr-Organisationen/ThinkTanks es in der Ukraine gibt, die fast alle die gleichen oder ähnliche Geldgeber haben. Eines davon ist das direkt von der Nato und allen möglichen Stiftungen finanzierte Ukraine Crisis Media Center (https://de.wikipedia.org/wiki/Ukrainisches_Krisen-Medienzentrum). Die senden jeden Tag Newsletter mit “Sprachregelungen”, pardon Nachrichten, heraus (die Abteilung, die das macht heisst: ABTEILUNG FÜR AUSLÄNDISCHE ZIELGRUPPEN). Die Website ist in 6 (!) Sprachen. Bis vor kurzem konnte man noch die Mitarbeitenden auf der Website finden (jetzt finde ich das nicht mehr). Das waren weit über 50 – vermutlich fast 100. https://uacrisis.org/en/
Die meisten JournalistInnen, die von hier aus über die Ukraine berichten, bekommen vermutlich nur die Traktate der Regierung oder dieser ThinkTanks zu lesen und trauen sich vermutlich gar nicht (und haben nicht die Zeit dazu), irgendwie noch selbst zu recherchieren oder Infos zu überprüfen. Da wird eins zu eins übernommen – die Tagesschau macht das ganz geschickt/perfide. Die übernehmen die ukrainischen Aussagen in der Regel und alle fünf Meldungen in ihrem Ticker wird dann zwischendrin eingeblendet, dass Konfliktparteien als Quelle unzuverlässig sind. DAs hindert sie dennoch nie daran, der ukrainischen Seite quasi immer zu vertrauen.
ebo
18. Mai 2022 @ 11:05
Man nennt es “embedded journalism”. Wurde wohl im Irakkrieg “erfunden”…
Thomas Damrau
18. Mai 2022 @ 08:56
Zu jeder Kriegserzählung gehört eine Truppe, die sich bis zur eigenen Vernichtung für’s Vaterland geopfert hat (Schlacht bei den Thermopylen, Alamo, Stalingrad). Und der Zwillingsbruder des heroischen Opfertods ist der Dolchstoß, der auch im Fall des Ukraine-Kriegs schon medial vorbereitet wurde: Im Zweifelsfall waren es die zögerlichen Deutschen, die den Sieg der Ukraine verhindert haben.
Und Vorlagen für die Gedenkrede an die gefallenen Helden gibt es genug, z.B.
“… und noch in tausend Jahren wird jeder Ukrainer mit heiligem Schauer von diesem Kampf in Ehrfurcht sprechen und sich erinnern, dass dort trotz allem der ukrainische Sieg entschieden worden ist.”
Wessen Text wurde hier umgewidmet?
Kleopatra
17. Mai 2022 @ 20:54
Die Überlegung, dass die Kämpfer im Stahlwerk erhebliche russissche Kräfte gebunden haben und dadurch die Situation der ukrainischen Armee an anderen Stellen erleichtert haben, ist ausgesprochen einleuchtend – ohne das “Widerstandsnest” im Stahlwerk hätten beträchtliche russische Truppen woanders kämpfen können. Dass der ukrainische Präsident in der gegenwärtigen Situation die positiven Ergebnisse des wichenlangen Aushaltens hervorhebt, versteht sich von selnbst, er ist schließlich auch der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee.
Ein Entsatz durch due ukrainische Armee war konkret nicht möglich. Und man sollte sich nicht von der russischen Propaganda einreden lassen, irgendjemand sei umstritten oder gar Nazi. Erstens nennt die russische Seite jeden Nazi, den sie in kriegsvölkerrechtswidriger Weise ermorden will, und zweitens macht das Kriegsvölkerrecht die Rechte von Kriegsgefangenen nicht an ihren Überzeugungen fest; sehr wohl kommt es aber darauf an, ob jemand sich selbst an das Kriegsvölkerrecht hält. (Wie gesagt: die Russen nehmen sich leider heraus, es systematisch zu missachten, und zwingen dadurch ihre Gegner oft, quasi bis zur letzten Patrone zu kämpfen).
ebo
17. Mai 2022 @ 21:27
Lesen Sie mal den “Economist”. “Mariupol’s last Ukrainian defenders surrender”, heißt es dort. Das kommt der Sache viel näher als die Berichte in den deutschen Medien.
Zum Asow-Regiment empfehle ich die wohl unverdächtige Deutsdche Welle: “Asow”-Regiment: Die Extremisten in Mariupol
Kleopatra
18. Mai 2022 @ 09:09
Worauf es ankommt, ist die Frage, ob jemand sich an das Kriegsvölkerrecht hält und nicht, woran er glaubt. Außerdem wird der Begriff “Nazi” von der russischen Propaganda so exuessiv missbraucht, dass eine vernünftige Diskussion nicht mehr möglich ist, jedenfalls nicht mit Vertretern der russischen Position.
Anscheinend haben sich noch nicht alle ukrainischen Kombattanten im Stahlwerk in Gefangenschaft begeben; solange dies nicht geschehen ist, hat noch keine Kapitulation stattgefunden.
ebo
18. Mai 2022 @ 10:53
Moscou annonce la reddition de 959 soldats depuis lundi. Le ministère russe de la Défense a annoncé mercredi que 959 militaires ukrainiens, retranchés sur le site sidérurgique d’Azovstal de Marioupol, se sont rendus depuis lundi. «Au cours des dernières 24 heures 694 combattants, dont 29 blessés, se sont constitués prisonniers. Depuis le 16 mai, 959 combattants dont 80 blessés se sont constitués prisonniers», a indiqué le ministère dans un communiqué. Selon la même source, 51 d’entre eux ont été hospitalisés à Novoazovsk, localité sous contrôle des Russes et de leurs alliés séparatistes.
https://www.liberation.fr/international/europe/en-direct-guerre-en-ukraine-retrouvez-les-dernieres-informations-sur-linvasion-russe-20220518_MCHVQRRM2VGCHB4THQ5HEA2FME/
Alexander
17. Mai 2022 @ 16:31
Handelt es sich tatsächlich nur um *ukrainische* Propaganda? Oder ist es nicht höchst plausibel, anzunehmen, dass ein Imperium, das bereit ist, für entscheidende geostrategische Erfolge Mittel in unbegrenzter Höhe zur Verfügung zu stellen und sogar ein Ende der menschlichen Zivilisation in Kauf zu nehmen, auch auf dem so wichtigen Gefechtsfeld des Meinungsmanagements eine möglichst totale Dominanz ausüben will? Dass “die einzige Weltmacht” nicht riskiert, dass Ihre teure und äußerst gefährliche Show wegen schlecht geschriebener Drehbücher beim Publikum floppt, so dass dieses kein Interesse an der bereits in Auftrag gegebenen zweiten und finalen Staffel hat?
Zur Anregung:
https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/27-000-prberater-polieren-image-der-usa/story/20404513
ebo
17. Mai 2022 @ 16:45
Es gab auch mal Berichte über die PR-Agenturen, die für die Ukraine arbeiten. Leider finde ich sie gerade nicht – wer kann helfen?
Alexander
17. Mai 2022 @ 20:12
@ebo: Genauso, wie die Ukrainer Waffen hingestellt bekommen, und man ihnen dann sagt, *wann* sie schießen und *wohin* sie schießen sollen (z.B. auf einen russischen Raketenkreuzer oder eine Kommandozentrale, in der sich gerade ein russischer General aufhält) und “unsere” “Qualitätsmedien” steuern, *wann* wir empört sind und *worüber* wir uns empören (also zum Beispiel *nicht* über verhungernde Kinder im Jemen!), dürfte ein Darsteller wie Selenskyj genau instruiert werden, wann er sich wie äußern soll! Da wird ihm das Pentagon schon immer etwas Fertiges auf den Tisch legen.
Allerdings versagt S. manchmal. Es gibt Videos, die auch Jemandem, der die Sprache nicht versteht, einen Eindruck vermitteln, in welchem Zustand sich der große, tapfere, heldenhafte Freiheitskämpfer zumindest zeitweise befindet:
https://t.me/neuesausrussland/4347
https://www.youtube.com/watch?v=qPiIas4U_bo
Kein großes Problem, denn darüber wird dann von der Medien-NATO einfach nicht berichtet!
european
17. Mai 2022 @ 15:48
Absolut. Nicht nur während des Krieges. Auch vorher schon und völlig unabhängig um was es ging, sei es Nawalny oder Skripal oder andere Berichte. Es stand immer schon vor der Untersuchung fest, dass es Russland, genauer gesagt Putin, gewesen war. Dabei muss jedem bei näherem Hinsehen sofort auffallen, dass in den genannten Fällen auch andere Gruppierungen/Täter in Frage kommen. Im Fall Skripal macht die servierte Fertiglösung sogar überhaupt keinen Sinn. Skripal saß 13 Jahre im russischen Gefängnis. Wenn man ihne hätte umbringen wollen, wäre dazu massenhaft Zeit gewesen und niemandem wäre etwas aufgefallen. Und der homophobe Rassist Nawalny ist auch anderen Leuten auf die Füße getreten, z.B. Oligarchen, die gern weiter korrupt sein wollen und er dabei im Weg steht.
Gleiches gilt meiner Ansicht nach für Butscha. Ich will nicht behaupten, dass es die Russen nicht waren, aber es gibt Gründe, an der veröffentlichten Geschichte zumindest zu zweifeln und eine unabhängige Untersuchung abzuwarten. Z.B. wurden auch viele Menschen niedergemetzelt, die sich durch weiße Armbinden als prorussisch gekennzeichnet hatten. Wo liegt der Sinn?
Auch das schlechte Verhältnis zur russischen Bevölkerung in der Ukraine wird im Nachhinein umgedichtet. Angeblich hat es nie eine Unterdrückung gegeben. Dazu sollte man sich die Doku “Leben und Sterben im Donbass” ansehen.
Viele haben mittlerweile mit den westlichen Medien die Erfahrung gemacht, dass dort nicht informiert, sondern Meinung gemacht wird und anderslautende Kommentare wegzensiert werden.
Warum sollten wir denen auf einmal trauen?
Alexander
17. Mai 2022 @ 20:43
“Dazu sollte man sich die Doku “Leben und Sterben im Donbass” ansehen.”
Wenn ich die Doku bei Youtube aufrufe, dann wird ein Login zwecks Altersüberprüfung verlangt, was Leute, die sich nicht anmelden wollen, abschrecken dürfte. Daher mein Tipp, dann das Video (“+18!”) auf odysee.com zu suchen.
european
18. Mai 2022 @ 08:16
@Alexander
Vielen Dank für den Hinweis. Das mit dem login ist mir neu. Ich habe selbst auch noch einmal gesucht und diesen Clip auf youtube gefunden.
https://www.youtube.com/watch?v=iwAGqGF-MMo
Es kann natürlich auch sein, dass von Deutschland aus manche Dinge ganz einfach gesperrt sind, die ich hier in Schottland aus problemlos sehen kann.
Ursprünglich bin ich über den Artikel in den Nachdenkseiten zu dieser Doku gekommen. Sie ist dort verlinkt
https://www.nachdenkseiten.de/?p=83564