Die Rechnung geht nicht auf
Im Oktober war die Welt noch in Ordnung – jetzt stellen sich die Banken quer
Das Geld für die „Rettung“ Griechenlands ist immer noch nicht zusammen. Nachdem sich die Regierung in Athen der internationalen Troika gebeugt hat, stellen sich nun die privaten Gläubiger und die EZB quer. Auch Berlin steht weiter auf der Bremse – mehr als die vereinbarten 130 Mrd. Euro soll es für den nächsten Rettungsplan nicht geben. Doch das wird nicht reichen: Merkels Rechnung geht nicht auf. Ein für Mittwoch geplantes Finanzministertreffen wird wohl abgesagt.
Ursprünglich sollten die Euro-Finanzminister in Brüssel den Weg für die „Rettung“ Griechenlands freimachen. Athen hat geliefert und zähneknirschend das Spar-Diktat der Zahlmeister geschluckt. Doch wer geglaubt hatte, die Bewilligung des nächsten Hilfsplans sei nur noch eine Formsache, hat sich getäuscht. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ machen nämlich nicht genug Banken beim „freiwilligen“ Schuldenschnitt mit.
Unter Berufung auf „Notenbankkreise“ heißt es, man erwarte nicht mehr, dass sich ausreichend Besitzer griechischer Staatsanleihen am “Haircut” beteiligen. Erstaunlich ist dies nicht: schließlich wurde der Schuldenschnitt von ursprünglich 50 Prozent, wie von Merkel noch im Oktober versprochen, auf 70 bis 75 Prozent erhöht. So will man erreichen, dass die Banken auf insgesamt 100 Mrd. Euro verzichten. Doch diese Summe kommt wohl nicht mehr zusammen.
Auch die EZB stellt sich quer. Sie will nicht, wie von den Privaten gefordert, ebenfalls auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ könnten die Finanzminister Merkels Rechnung daher nach oben korrigieren und für 2020 einen Schuldenstand von 125 Prozent projezieren – statt der ursprünglich veranschlagten 120 Prozent. Von einer nachhaltigen Schuldentragfähigkeit kann dann keine Rede mehr sein.
Und das ist noch nicht alles: Auch die veranschlagten 130 Mrd. Euro für den zweiten Rettungsplan reichen hinten und vorne nicht. In Brüssel geht man von mindestens 145 Mrd. Euro aus – doch Berlin will seinen Anteil nicht erhöhen. Dabei hat sich niemand anderes als die Kanzlerin getäuscht, als sie im Oktober vollmundig neue Planzahlen für Griechenland bekanntgab, nachdem sie den “Haircut” höchstpersönlich mit Bankenverbands-Chef Ackermann ausgedealt hatte.
Vier Monate später stimmen die Zahlen nicht mehr – und der Grund liegt auf der Hand: Der von Merkel & Co. verordnete drastische Sparkurs stürzt Griechenland immer tiefer in die Krise. Im letzten Jahr brach die Wirtschaft um fast sieben Prozent ein, wie heute bekannt wurde. Dementsprechend sinken die Steuereinnahmen – und die Defizitquote erhöht sich, weil der Zähler (die Schulden) steigt und der Nenner (das Bruttoinlandsprodukt) schrumpft.
Höchste Zeit also, die Rechnung zu korrigieren und das Steuer herumzuwerfen, sollte man meinen. Doch dazu sind weder Merkel noch die Troika bereit. Lieber sagen sie das Finanzminister-Treffen ab – angeblich sei noch “Schreibarbeit” zu erledigen, wie Zerohedge meldet. Bleibt die Frage, wer das fehlende Geld bezahlen soll. Die Banken? Die Griechen? Der IWF? Das griechische Drama geht weiter, so viel ist sicher…
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Eric B.
14. Februar 2012 @ 18:53
Was ist denn eine natürliche wirtschaftsordnung? Ich fürchte, Griechenland hat weniger mit der Bodennutzung zu kämpfen, als mit seinen Gläubigern…
Stefan Wehmeier
14. Februar 2012 @ 18:24
Das zwischenzeitlich von der hohen Politik angerichtete Chaos muss schnellstmöglich geordnet werden, ohne dass sich dabei unzumutbare Härten für alle Wirtschaftsteilnehmer ergeben. Das ist keine leichte, aber eine lösbare Aufgabe, selbst wenn die hohe Politik bis zum Eingeständnis ihrer Unfähigkeit noch mehr Chaos anrichtet. Tatsächlich ist die „Währungsunion“ nichts anderes als ein groß angelegtes Beschäftigungsprogramm für ansonsten im Kapitalismus arbeitslose Bürokraten. Ihre Auflösung bringt für alle Staaten Europas nur Vorteile. Zwar wäre es prinzipiell möglich, den Euro mit einer konstruktiven Umlaufsicherung zu versehen und damit eine echte Währungsunion zu schaffen, doch das würde bedeuten, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Zum einen müsste in diesem Fall auch ein zentral verwaltetes, allgemeines Bodennutzungsrecht für ganz Europa in kürzester Zeit geschaffen werden; zum anderen müssten komplizierte finanzielle Ausgleichsmechanismen installiert und verwaltet werden, um die seit der Einführung des Euros durch die Zinsumverteilung gewachsenen, wirtschaftlichen Differenzen zwischen den Mitgliedsstaaten über mehrere Jahre abzumildern, bis die selbstregulativen Mechanismen der Natürlichen Wirtschaftsordnung die Ungerechtigkeiten ganz beseitigen. Das sind schon wieder zu viele Konjunktive. Es ist einfacher und gerechter, wenn jeder Staat seine Bodennutzung selbst verwaltet und eine eigene, konstruktiv umlaufgesichterte Indexwährung mit einem der jeweiligen Binnenwirtschaft repräsentativem Warenkorb erhält. Freie Wechselkurse und der zollfreie Handel (Freihandel) zwischen den Staaten werden dann automatisch alle wirtschaftlichen Ungleichgewichte ausregeln. Danach können sich die Staaten freiwillig entscheiden, ob es für sie vorteilhaft ist, mehrere Währungsräume und die entsprechenden Bodenverwaltungen zusammenzulegen:http://opium-des-volkes.blogspot.com/2011/10/vollinvestition.html