Deutschland soll führen, Emissionshandel soll kommen – und Streit um Verbrenner-Aus
Die Watchlist EUropa vom 22. Juni 2022 –
Die Zeitenwende erreicht EUropa: SPD-Chef Klingbeil fordert, Deutschland müsse den Anspruch einer “Führungsmacht” verfolgen. “Deutschland steht immer mehr im Mittelpunkt, wir sollten diese Erwartung, die es an uns gibt, erfüllen”, sagte Klingbeil in einer Grundsatzrede. “Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben.”
Die Zeit der Zurückhaltung sei vorbei, so der SPD-Mann. Führung bedeute nicht, “breitbeinig oder rabiat” aufzutreten. “Führung bedeutet, sich seiner Rolle bewusst zu sein, sich nicht wegzuducken, andere einzusammeln. Nie überheblich, aber durchdacht, überzeugt und konsequent zu handeln.”
Leider erklärte er nicht, wohin er Deutschland und die EU führen will. Dabei macht ein Führungsanspruch keinen Sinn, solange man nicht weiß, wohin es eigentlich gehen soll. Selbst enge Verbündete wie Frankreich wissen nicht, was Berlin eigentlich will.
Bruch mit der Ostpolitik
Klar ist nur, dass die Rede einen Bruch mit der deutschen Europapolitik und der sozialdemokratischen Ostpolitik bedeutet. In der EU verstand sich Deutschland bisher eher als ausgleichende “Macht in der Mitte” (H. Münkler), nicht als Anführer.
Und in der Ostpolitik war die SPD auf einen Interessenausgleich mit Russland bedacht. Damit ist es offenbar vorbei. Die “Zeitenwende” à la Klingbeil klingt nach einem Bruch mit Russland und einer Absage in die Entspannungspolitik von E. Bahr.
Breitseite gegen Macron
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In den Ohren der Ukraine dürfte die Rede wie Musik klingen. In Frankreich hingegen könnte sie nicht so gut ankommen. Klingbeil erhebt seinen Führungsanspruch wohl nicht zufällig kurz nach der Wahlschlappe von Präsident Macron.
Bisher galt der französische Liberale als heimlicher “Leader” der EU. Doch nach dem Verlust der absoluten Mehrheit im französischen Parlament heißt es auch in Deutschland, Macron müsse in der EU kürzer treten. Gleichzeitig versuct Polen, den Ton anzugeben.
Da deutet sich wohl ein Machtkampf an…
Siehe auch “Der Fluch des deutschen EUropa”
Watchlist
Gelingt die Reform des Emissionshandels? Das EU-Parlament legt am Mittwoch seine Position zu wichtigen Teilen des EU-Klimapakets “Fit for 55” fest, nachdem im letzten Plenum keine Mehrheit gefunden wurde. Im zweiten Anlauf stimmen die Parlamentarier über einen neuen Kompromiss für die Reform des EU-Emissionshandels ab, einen Klimasozialfonds sowie über die Einführung eines CO2-Zolls an den EU-Außengrenzen.
Was fehlt
Der Streit um das Verbrenner-Verbot. Nach den Worten von Finanzminister Lindner wird die Bundesregierung einem Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf EU-Ebene nicht zustimmen. Wenn es ein Verbot der Neuzulassung des Verbrennungsmotors gebe, dann werde er nicht weiterentwickelt werden, zumindest nicht in Europa und Deutschland. Das Europaparlament hatte sich für ein Verbot ausgesprochen.
european
22. Juni 2022 @ 08:18
In Glasgow haben 2021 31 Länder und 11 Autohersteller das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 bzw. weltweit 2040 besiegelt.
Selbst wenn Deutschland das blockiert, stellt sich die Frage, wohin sie den Verbrenner denn noch verkaufen wollen?
UK z. B. will ab 2030 keine mehr zulassen.
Der Verbrenner wurde auch in Deutschland in den letzten 10 Jahren mindestens nicht weiterentwickelt. Man lehnte sich zurück und “investierte” in eine Schummelsoftware. Den Rest besorgte das Lohndumping.
Aber das ist Lindner. Was kann man von dem schon erwarten?