SPD: Deutschland muss EUropa führen
Die Zeitenwende erreicht EUropa: SPD-Chef Klingbeil fordert, Deutschland müsse den Anspruch einer “Führungsmacht” verfolgen.
“Deutschland steht immer mehr im Mittelpunkt, wir sollten diese Erwartung, die es an uns gibt, erfüllen”, sagte Klingbeil in einer Grundsatzrede. “Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben.”
Die Zeit der Zurückhaltung sei vorbei, so der SPD-Mann. Leider erklärte er nicht, wohin er Deutschland und die EU führen will. Dabei macht ein Führungsanspruch keinen Sinn, solange man nicht weiß, wohin es eigentlich gehen soll.
Klar ist nur, dass die Rede einen Bruch mit der deutschen Europapolitik und der sozialdemokratischen Ostpolitik bedeutet. In der EU verstand sich Deutschland bisher eher als ausgleichende “Macht in der Mitte” (H. Münkler), nicht als Anführer.
Und in der Ostpolitik war die SPD auf einen Interessenausgleich mit Russland bedacht. Damit ist es offenbar vorbei. Die “Zeitenwende” à la Klingbeil klingt nach einem Bruch mit Russland und einer Absage in die Entspannungspolitik von E. Bahr.
In den Ohren der Ukraine dürfte die Rede wie Musik klingen. In Frankreich hingegen könnte sie nicht so gut ankommen. Klingbeil erhebt seinen Führungsanspruch wohl nicht zufällig kurz nach der Wahlschlappe von Präsident Macron…
Siehe auch “Der Fluch des deutschen EUropa”
P.S. Im aktuellen RTL/ntv Trendbarometer rutscht die SPD unter die 20 Prozent-Schwelle. Sie liegt mit 19 Prozent nun 4 Prozentpunkte hinter den Grünen (23%) und 9 Prozentpunkte hinter CDU/CSU, die diese Woche auf 28 Prozent kommt.
european
22. Juni 2022 @ 08:38
Wenn die Begründung für diesen Anspruch die “Schwäche” Macron’s sein soll, dann sollte die SPD sehr still sein. Die letzte Wahl war sehr knapp und diese Regierung ist nicht nur mit der heissen Nadel genäht, sondern arbeitet stellenweise gegeneinander.
So viel Selbstueberschaetzung ist kaum auszuhalten. Klingbeil ist kein Generalsekretär mehr, der die Vermarktung vorantreiben soll.
Armin Christ
22. Juni 2022 @ 08:14
Lars Klingbeil, Saskia Esken – die SPD-Führung ? Irrlichternde Gestalten denen das Einvernehmen mit der US-Hegemon das Wichtigste ist. Aber wohin sie wen führen wollen ist mir schleierhaft. Ich sehe nur, daß sie die SPD ins Abseits führen.
european
21. Juni 2022 @ 17:05
@ebo Wenn man führen will, setzt das voraus, dass es einen Plan gibt, nicht unbedingt bis ins kleinste Detail, aber zumindest eine Idee, wohin die Reise gehen soll.
Nichts davon ist zu sehen. Die deutsche Politik ist reaktiv, nicht aktiv. Von progressiv ganz zu schweigen. In Frankreich, Italien und auch jetzt Spanien nach der Wahl in Andalusien wird man wohl kaum auf den deutschen Zug aufspringen wollen. Da weht ein völlig anderer Wind.
Austerity reloaded? Wohl kaum.
european
21. Juni 2022 @ 14:59
Deutschland hat spätestens seit der Finanzkrise in der EU den Ton angegeben. Fatal für die Eurozone, noch fataler für die Suedlaender, insbesondere Griechenland.
Wenn man die aktuelle deutsche Politik betrachtet, so scheinen alle unter galloppierendem Realitätsverlust zu leiden.
Was heißt eigentlich “Fuehrungsanspruch”?
Und die deutsch-französische Achse?
Ich verstehe das Land nicht mehr. Alles, was aktuell aus Deutschland kommt, ist einfach nur noch absurd.
ebo
21. Juni 2022 @ 16:24
Ja, Deutschland hat den Ton angegeben, wollte aber nicht offiziell führen. Denn das heißt auch: zahlen!
Außerdem hat Berlin damals noch eine Schaukelpolitik mit London und Paris gemacht. Das geht jetzt nicht mehr.
Die deutsch-französische Achse wird nun offenbar durch wechselnde Menagen ersetzt – mal mit Italien, mal mit Polen etc.
Aber Deutschland soll führen…
Alexander
21. Juni 2022 @ 16:50
“Wenn man die aktuelle deutsche Politik betrachtet, so scheinen alle unter galloppierendem Realitätsverlust zu leiden.”
Ich sehe Indikatoren, dass nicht nur Geistesschwäche im Spiel ist, sondern dass die westliche Gesellschaft auf dem Weg ist, den Verstand zu verlieren!
https://www.cicero.de/kultur/transgender-axel-springer-verlag-mathias-doepfner-welt-bild-zeitung-judith-basad
european
21. Juni 2022 @ 21:42
Ich habe Judith Sevinç Basad’s Buch “Schäm dich” bisher etwa zur Hälfte gelesen und stimme ihr in vielem zu. Ihr offener Brief an BILD allerdings lässt mich wirklilch gruseln. Er ist über weite Teile eine einzige triefende Laudatio an das allergrößte Schmierblatt Deutschland’s. Wenn irgenwo Dreck geworfen werden kann, ist die BILD dabei. Als ich bei den Taliban und den “grausamsten Diktatoren der Welt” angekommen war, war ich schon drauf und dran, aufzugeben. Mir kommt sofort Assange in den Sinn, der die grausamsten Kriegsverbrechen der USA veröffentlicht hat. Aber damit will auch sie sich nicht identifizieren.
https://judithsevincbasad.substack.com/p/wieso-ich-bild-verlassen-habe
Ich stimme Ihnen aber zu. Hin und wieder sehe ich nochmal einen Tatort auf der Mediathek, was mir hier in Schottland durchaus möglich ist. Aber selbst die sind mittlerweile politisch korrekt, überbetont ausgewogen divers und oftmals ohne Ecken und Kanten und trotzdem mit abgekupfertem “Flair” aus USA und nicht selten schrottigem Plot. Ein neu startender pöbelnder Schimanski aus dem Pott hätte wohl heute keine Chance mehr. 😉
Dabei möchte man manchmal einfach nur einen spannenden Krimi ohne Erziehungsauftrag sehen. Ist im öffentlichen Fernsehen nahezu unmöglich. Hier oben haben wir keinen Fernseher bzw. keine Skybox. Wir haben Abos und suchen uns die Filme aus.
Den genannten woken Aktivismus finde ich extrem besorgniserregend, weil wir uns mittlerweile der römischen Arena nähern, Daumen rauf oder Daumen runter. Die Menge johlt. Die “sozialen Medien” bieten die ideale Kulisse dafür. Ganze Karrieren können dabei über die Wupper gehen. Selbst Gerichtsurteile schützen nicht mehr. Siehe z.B. Luke Mockridge oder hier in UK der Umgang mit Kathleen Stock.
ebo
22. Juni 2022 @ 00:48
Was hat das jetzt mit Klingbeil zu tun? Lasst uns doch bitte bei EUropa bleiben…