Die Umverteilung ist gescheitert – nun kommt der Flüchtlingsdeal 2.0

Wer hätte das gedacht? Für eine Neuauflage des umstrittenen Flüchtlingsdeals mit der Türkei hat Kanzlerin Merkel den italienischen Premier Draghi ins Boot geholt. Beiden geht es darum, dass möglichst wenig Flüchtlinge in die EU kommen – von Umverteilung ist keine Rede mehr.

“Wir müssen schon eine Perspektive eröffnen, wie es weiter geht”, sagte Merkel nach einem Treffen mit Draghi in Berlin. Man werde am Donnerstag und Freitag auf dem EU-Gipfel über den weiteren Umgang mit der Türkei sprechen, das mehr als drei Millionen syrische Flüchtlinge beherberge.

“Sie (die Türkei) hat alles Recht dafür, von uns weiter unterstützt zu werden”, betonte die Kanzlerin. Draghi unterstrich, dass er diese Meinung teile. “Wir sind beide der Meinung, dass wir ohne Kooperation mit der Türkei nicht weiterkommen”, fügte Merkel hinzu.

In Brüssel kursieren schon erste Gipfel-Entwürfe. Darin wird die Bereitschaft der EU unterstrichen, wieder stärker mit der Türkei zusammenzuarbeiten – nicht nur bei der Flüchtlingsabwehr (Sultan Erdogan hat eine Mauer an der Grenze zu Syrien bauen lassen), sondern auch bei der Zollunion.

Bemerkenswert ist dies aus drei Gründen.

  • Zum einen wird der Türkei-Deal, der eigentlich nur ein Notnagel war, über die Amtszeit von Merkel hinaus abgesichert. Was 2016 ohne und teilweise gegen die EU mit Sultan Erdogan ausgehandelt wurde, wird nun zu Merkels Vermächtnis. Die Umverteilung von Migranten hingegen, die Merkel auch versprochen hatte, ist gescheitert.
  • Zum zweiten zeichnet sich hier eine neue deutsch-italienische Allianz ab. Beide Länder stehen in der Flüchtlingspolitik unter Druck – Deutschland vor allem aus der Türkei, Italien aus Syrien. In Rom hat man Sorge, weil die Zahl der Boat People wieder ansteigt. Draghi hofft nun auf Merkels Hilfe, falls es ernst wird.
  • Zum dritten ist die EU wieder einmal bereit, die eigenen Werte und Prinzipien zurückzustellen, wenn es um die Türkei geht. Erdogan schickt sich gerade an, die Teilung Zyperns zu besiegeln und die Oppositionspartei HDP zu verbieten. Normalerweise würde das zu Sanktionen führen – Russland und Belarus zeigen, wie hart die EU sein kann.

Doch in der Türkei ist alles anders – Merkel und Draghi zeigen, wie entgegenkommend die EU sein kann, wenn es um die harten (deutschen) Interessen geht…

Siehe auch “Türkei: Das Ende der Glaubwürdigkeit”