Rüge für Klöckner, Liebesdienst für Merkel – und wie weiter in Schweden?

Die Watchlist EUropa vom 22. Juni 2021 –

Die EU-Agrarpolitik trägt nicht zum Klimaschutz bei und steht damit im Widerspruch zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Zu diesem vernichtenden Urteil gelangt der Europäische Rechnungshof in einem Gutachten, das am Montag in Luxemburg veröffentlicht wurde. Die Prüfer stellten fest, dass die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft seit 2010 nicht zurückgegangen sind, obwohl über ein Viertel aller EU-Agrarausgaben (mehr als 100 Milliarden Euro) in den Klimaschutz geflossen sind.

Dieses frustrierende Ergebnis dürfte den Streit um die künftige Ausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) anheizen. Ende Mai waren Verhandlungen zwischen den 27 Mitgliedstaaten und dem Europaparlament ergebnislos abgebrochen worden.

Deutschland und einige andere EU-Staaten hatten sich geweigert, den Abgeordneten entgegenzukommen und mehr für den Klimaschutz zu tun. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) war besonders hartnäckig.

„Die EU spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den Klimawandel im Agrarsektor einzudämmen, weil sie Umweltstandards festlegt und die meisten Agrarausgaben der Mitgliedstaaten mitfinanziert“, sagte Viorel Ştefan, das für den Bericht zuständige Mitglied des Rechnungshofs.

Bisher fehle es jedoch an dem nötigen Ehrgeiz, um die Landwirtschaft auf den Klimaschutz umzustellen.

Die Rinderzucht ist das Hauptproblem

___STEADY_PAYWALL___

Die Prüfer machen vor allem die Viehzüchter für die Probleme verantwortlich. Die Emissionen aus der Viehzucht machten rund die Hälfte der landwirtschaftlichen Emissionen aus, heißt es in dem Gutachten.

Wenn man die Emissionen aus der Produktion und dem Import von Tierfutter hinzurechnet, sei der Anteil der Emissionen aus der Viehhaltung sogar noch höher. Diese Emissionen seien jedoch seit 2010 nicht zurückgegangen.

Ştefan kritisierte, dass die EU-Agrarpolitik nicht darauf abziele, den Viehbestand zu begrenzen oder den Landwirten Anreize für die Abkehr von der Rinderzucht zu liefern. Im Gegenteil fördere die GAP den Absatz tierischer Erzeugnisse, deren Verzehr seit 2014 auch nicht mehr zurückgegangen sei.

Hier müsse man ansetzen, so Ştefan: „Es wäre gut für das Klima, wenn wir auf Rindfleisch-Konsum verzichten könnten.“

Auch Bio-Landbau ist nicht über Zweifel erhaben

Neben der Viehzucht ist auch die Düngung ein Problem. Die Emissionen aus chemischen Düngemitteln und Dung, die fast ein Drittel der Emissionen aus der Landwirtschaft ausmachen, seien zwischen 2010 und 2018 gestiegen.

Zwar unterstütze die GAP Verfahren, die den Einsatz von Düngemitteln reduzieren könnten, wie etwa den Bio-Landbau. Die Auswirkungen dieser Verfahren auf die Emissionen seien jedoch unklar, so die Prüfer.

Derweil geht der Streit zwischen den EU-Staaten und dem Europaparlament über die Agrarreform weiter. Am 24. und 25. Juni wollen sich die Unterhändler erneut um einen Kompromiss bemühen.

Ob sich Klöckner wieder querstellt?

Watchlist

Wie lieb haben sich Uschi und Angie? Und wie gut verstehen sie sich beim Wiederaufbau? Das wird sich am Dienstag in Berlin zeigen, wo Kanzlerin Merkel die EU-Kommissionschefin von der Leyen empfängt. Merkels Ex-Ministerin überbringt die frohe Kunde, dass auch Deutschland seinen Anteil am Wiederaufbau-Fonds erhält. Es geht um fast 26 Mrd. Euro aus dem 750 Mrd. Euro schweren, mit Schulden finanzierten EU-Topf. Mehrere Europapabgeorndete hatten kritisiert, dass der deutsche Plan nur ein Aufguß von Vorhaben ist, die ohnehin schon in der Schublade von Finanzminister Scholz lagen…

Was fehlt

Eine Regierungsmehrheit in Schweden. Das Parlament hat Regierungschef Stefan Löfven am Montag sein Misstrauen ausgesprochen. Damit ist Löfven der erste schwedische Ministerpräsident, der im Amt eine solche Abstimmung verloren hat. Er stolperte über die geplante Liberalisisierung des Wohnungsmarkts – und die rechtspopulistischen Schwedendemokraten, die den Antrag eingereicht hatten. Löfven hat nun zwei Möglichkeiten: Er tritt entweder mitsamt seiner Regierung zurück oder er ruft innerhalb von einer Woche Neuwahlen aus. So oder so steckt Schweden in der Krise…