Auch die EU ist ein Ziel im US-Infokrieg

Was soll man von den immer schrilleren Warnungen vor einem Krieg in der Ukraine halten? Bisher haben sie sich als falsch erwiesen. Sie sind Teil eines Infokriegs zwischen den USA und Russland – doch sie zielen auch auf die EU.

Fake News und Desinformation kommen nur aus Russland und neuerdings auch aus China – so das Mantra der EU-Institutionen. Der Auswärtige Dienst in Brüssel unterhält sogar eine eigene Einheit, um Propaganda und Lügen aus Moskau zu enttarnen und die europäische Öffentlichkeit zu warnen.

Bisher sind die Ergebnisse allerdings nicht sehr überzeugend. Die meisten Falschmeldungen, die die EU-Experten vorlegen, stammen aus „Russia Today“, „Sputnik“ oder russischsprachigen Medien. Eine breite Öffentlichkeit in Europa wird damit nicht erreicht, in den Leitmedien kommt die Russen-PR nicht durch.

Umso mehr übernehmen unsere Medien aus den USA. Sogar unbelegte Behauptungen der US-Geheimdienste schaffen es auf die Titelseiten. Es genügt, dass die „New York Times“ oder die „Washington Post“ einen (meist anonymen) Experten zitiert – und schon läuft es als Eilmeldung durch die Agenturen.

Man müsse dem „Infokrieg“ aus Russland etwas entgegen setzen, heißt es zur Begründung in Washington. So wurden seit November systematisch Informationen über den russischen Truppenaufbau rund um die Ukraine durchgestochen. Schon das war bedenklich.

Denn die Informationen wurden mit einem doppelten „Spin“ versehen. Die russischen Truppen stünden „an der Grenze“ der Ukraine, hieß es von Anfang an – da waren sie noch 300 Kilometer entfernt. Zudem hat Washington sofort behauptet, Russland plane einen Krieg – und Dementis aus Moskau ignoriert.

Damit wurde ein neues Bedrohungs-Narrativ geschaffen. Es hält die Welt seit Wochen in Atem und wurde unter anderem dazu genutzt, die Nato im Osten massiv aufzurüsten – wohl wissend, dass weder die USA noch die Allianz die Ukraine militärisch verteidigen würden.

Neue Qualität der (Des-)Information

Doch was wir derzeit erleben, hat eine neue Qualität. US-Präsident Biden und sein Außenminister Blinken gehen persönlich vor die Presse, um vor einem angeblich „immanenten“ Krieg zu warnen. Sie berichten sogar über (angebliche) Details der Angriffspläne – um Moskau von der Umsetzung abzuhalten.

Mit ihrer „(Des-)Informations-Offensive“ zielen die Amerikaner aber nicht nur auf Russland, sondern auch auf die EU und Deutschland. Dabei geht es offenbar nicht um Abschreckung, sondern um Disziplinierung der „transatlantischen Partner“.

Jedesmal, wenn sich ein Dialog mit Kremlchef Putin anbahnt, kommt eine schrille Kriegswarnung aus Washington. Immer, wenn es um mögliche EU-Sanktionen geht – wie zuletzt beim EU-Gipfel am Donnerstag -, wird die Lage schwarz und schwärzer gemalt.

Kein EU-Politiker widerspricht

Erstaunlich ist, dass die EU-Politiker das mit sich machen lassen. Beim EU-Gipfel gab es kein einziges Mal öffentlichen Widerspruch gegen die durchsichtige US-Kampagne. Nicht einmal Kanzler Scholz hat es gewagt, die USA um mehr Zurückhaltung zu bitten. Auch von den EU-Diensten hört man nichts.

Dabei käme es jetzt mehr denn je darauf an, Fake News und Desinformation zu identifizieren – auch Falschmeldungen aus den USA. Denn falsche Warnungen sind nicht nur geeignet, Angst und Hysterie zu verbreiten und so das Kriegsrisiko zu steigern – trotz der angeblich bezweckten Abschreckung.

Sie könnten auch dazu führen, dass der von der EU angestrebte Dialog mit Russland vereitelt wird – und Sanktionen gegen Russland verhängt werden, obwohl es dafür keine objektive Grundlage gibt. Bisher haben sich Brüssel und Washington nicht einmal auf den „Trigger“ geeinigt…

Siehe auch „Sanktionen ohne Krieg?“. Mehr zum Thema auf n-tv (wohlwollend) und bei German-Foreign-Policy (kritisch)

P.S. Es gebe einen Informationskrieg, statt sich mit Russland zusammenzusetzen und Tacheles zu reden, sagt der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, General a.D. Harald Kujat,. „Wir eiern herum“ um die Frage eines Nato-Beitritts der Ukraine, für den Kiew morgen wie heute nicht die Voraussetzungen erfülle, sagte der frühere Vorsitzende des Nato-Militärausschusses am Freitag hr-iNFO.