Der ESM hilft nicht, der Coronafonds kommt (noch) nicht, die Arbeitslosigkeit steigt
Die Beschlüsse der EU zum Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zeigen keine Wirkung. Der Eurorettungsfonds ESM wird nicht genutzt, der Corona-Hilfsfonds kommt zu spät, die Arbeitslosigkeit steigt.
Was haben sich die EU-Chefs im Frühjahr die Köpfe heiß geredet, bis sie sich endlich auf wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen gegen die Corona einigen konnten! Doch die erste und umstrittenste Maßnahme – Hilfskredite aus dem Eurorettungsfonds ESM, ist wirkungslos verpufft.
Bisher hat noch kein einziges Land die neue Kreditlinie angezapft. Der ESM erweist sich – wie erwartet – in der Coronakrise als stumpfes Schwert. EU-Experte L. Guttenberg vom Delors-Thinktank in Berlin empfiehlt daher, den ESM neu aufzustellen. Doch das kann Jahre dauern.
Nicht viel besser sieht es um die neuen, schuldenfinanzierten Hilfen aus dem Corona-Aufbaufonds aus. Sie sollten ohnehin erst im 2. Halbjahr 2020 anlaufen, also zu spät für die „zweite Welle“, die gerade durch EUropa läuft. Der Streit um das EU-Budget dürfte zu neuen Verzögerungen führen.
Derweil steigt die Arbeitslosigkeit steil an. Vor allem in den Haupt-Krisenländern Frankreich, Italien und Spanien werden massenhaft Menschen entlassen. Die Jugendarbeitslosigkeit, die die EU mit einer „Jugendgarantie“ abschaffen wollte, explodiert.
In Deutschland sieht es (noch) besser aus; aber auf Dauer wird sich auch das größte EU-Land nicht gegen den Trend stemmen können. Spätestens, wenn das Kurzarbeitergeld ausläuft – vermutlich nach der Bundestagswahl im Herbst 2021 – werden wir die Folgen sehen.
Die EU-Kommission empfiehlt in dieser trostlosen Lage, auch 2021 eine lockere Fiskalpolitik zu betreiben. Gleichzeitig warnt sie Frankreich, Italien und Belgien vor zu hoher Verschuldung. Anders gesagt: Die Brüsseler Behörde gibt widersprüchliche Empfehlungen, wie so oft…
Siehe auch „Rücksturz in die Rezession – noch eine verlorene Dekade?“
P.S. Immerhin haben die EU-Beschlüsse den Effekt, die Finanzmärkte zu beruhigen und so eine neue Eurokrise zu verhindern. Sogar Krisenländer wie Italien können sich derzeit zu Vorzugsbedingungen refinanzieren. Diesen – nicht offiziell deklarierten – Nebeneffekt sollte man nicht unterschätzen!
European
18. November 2020 @ 13:13
Von der EU kommen wieder dieselben alten Weisheiten, die schon vor Cornona nicht nur nichts genutzt haben, sondern sich auch noch längst als ökonomisch falsch herausgestellt haben. Same old shit!
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_20_2105
„For Belgium, France, Greece, Italy, Portugal and Spain, given the level of their government debt and high sustainability challenges in the medium-term before the outbreak of the COVID-19 pandemic, it is important to ensure that, when taking supporting budgetary measures, fiscal sustainability in the medium-term is preserved.“
Wieder mal wird nur auf die Verschuldung gesehen und nicht darauf, dass alle genannten Länder sich nach der Finanzkrise nicht erholen konnten. Italien z.B. fehlten vor Corona immer noch ca. 25% zum 2008-Level vor der Finanzkrise.
Kein Wort darüber, dass wir in einem Binnenmarkt nicht alle gleichzeitig Überschüsse machen können und schon gar nicht über gegenseitigen Lohndruck. Wenn sich jemand über den europaweiten Aufstieg von Rechts wundert. Der kommt genau daher.
Die Bundesregierung rechnet – so Flassbeck – wieder mit Überschüssen von 200 – 250 Mrd Euro. Wer macht die dazugehörigen Defizite? Wer investiert in den betroffenen Ländern? Wer korrigiert die Maastricht-Kriterien, die noch auf den Glauben an den Monetarismus aufbauen? Kein Wort auch darüber, WER die zu den Schulden dazugehörigen Assets hat. Wenn es die Zentralbank ist oder das Land selbst, dürfte das Problem so groß nicht sein. In Italien z.B. sind über die Hälfte der Staatsschulden in italienischer Hand. In Deutschland sind es nur 40%. Japan hat eine Staatsverschuldung von 240% und niemand käme auf die Idee, dass Japan nicht zahlungsfähig ist.
Heißt nicht, dass ich für grenzenlose Verschuldung bin, aber irgendjemand muss in unserem Geldsystem investieren und zu jeder Verschuldung gibt es jemanden, der die Forderung hat.