Ein “grüner” Handelskrieg, “Erpressung” durch Orban – und neue Regeln zur KI

Die Watchlist EUropa vom 07. Dezember 2022 – Heute mit dem Streit um den “Inflation Reduction Act“ in den USA, den Plänen der EU-Kommission für neue Subventionen, den Sorgen der Wirtschaft – sowie dem Veto Ungarns zur Ukraine und neuen Regeln für die “Künstliche Intelligenz”.

Bisher war es nur eine vage Drohung. Doch nun rückt der erste „grüne“ Handelskrieg zwischen den USA und der EU näher. Als Reaktion auf das neue, 430 Milliarden Dollar schwere US-Gesetz “Inflation Reduction Act“ denkt die EU-Kommission in Brüssel über ein eigenes massives Subventions-Programm für Elektroautos und grüne Energien nach.

Wenn andere Länder eine aggressive Industriepolitik betrieben, dann müsse auch die EU handeln, erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie prüft die Lockerung der strikten Beihilferegeln, um den EU-Staaten mehr staatliche Subventionen zu erlauben. Auch ein neues Schuldenprogramm für „grüne“ Energie wird diskutiert.

“Die neue selbstbewusste Industriepolitik unserer Konkurrenten erfordert eine strukturelle Antwort”, so von der Leyen. “Für eine gemeinsame europäische Industriepolitik braucht es gemeinsame europäische Ausgaben.“ Denkbar sei ein schuldenfinanzierter „Souveränitätsfonds“, der auch kleineren Länder zugute kommen würde.

Keine Zugeständnisse der USA

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Befeuert wird die Debatte durch die harte Haltung der Amerikaner. Bei einem Treffen des transatlantischen Handels- und Technologierats am Montag in der Nähe von Washington äußerten die Amerikaner zwar Verständnis. “Wir erkennen die Bedenken der EU an und unterstreichen unsere Verpflichtung, sie konstruktiv anzugehen”, hieß es. Konkrete Zugeständnisse haben sie jedoch nicht gemacht.

Die Zeit drängt, denn das US-Programm soll schon im Januar in Kraft treten. In den Genuss der Subventionen kommt jedoch nur, wer in den USA produziert. So gilt die Prämie von 7500 Dollar bisher ausschließlich für den Kauf von Elektroautos aus US-Herstellung. Damit würden europäische Firmen ausgeschlossen, heißt es in Brüssel. Dies widerspreche den Regeln des fairen Wettbewerbs.

Wie es weiter geht, ist umstritten. Frankreich fordert eine harte Haltung und neue EU-Schulden, Deutschland warnt vor einem Subventions-Wettlauf. Bundesfinanzminister Christian Lindner zeigte sich zwar offen für “Verbesserungen” bei den EU-Wirtschaftshilfen. Es dürfe aber “nicht ein neuer Anlauf unternommen werden für eine gemeinsame europäische Schuldenaufnahme”.

“Amerikaner profitieren vom Krieg”

Derweil wird die Wirtschaft ungeduldig. Das Treffen des transatlantischen Handels- und Technologierats sei wenig erfolgreich gewesen, sagte der Präsident des Industrieverbandes BDI, Siegfried Russwurm. Die USA müssten sich endlich bewegen und dafür sorgen, dass europäische Unternehmen nicht benachteiligt werden.

Mehrere große Konzerne wie BASF und Volkswagen haben bereits damit gedroht, Teile der Produktion in die USA zu verlegen. Für sie zählen nicht nur die massiven amerikanischen Subventionen, sondern auch die niedrigeren Energiekosten. Selbst Flüssiggas aus den USA ist in Europa wesentlich teurer als auf dem Heimatmarkt.

Die Amerikaner profitierten vom Krieg in der Ukraine und ließen die Europäer hängen, heißt es in Brüssel. Zudem mehren sich Warnungen vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte die US-Subventionen bei seinem Besuch in Washington als “Jobkiller” für Europa bezeichnet.

Siehe auch “Sanktionen und Subventionen: wie die USA die EU vorführen”

Die Watchlist

Lässt sich die EU von Ungarn erpressen? Das fürchten manche, nachdem die Ungarn ein Veto gegen die versprochene 18 Mrd.-Euro-Hilfe an die Ukraine eingelegt haben. Im Hintergrund steht der Streit um den Rechtsstaat. Die EU-Kommission hat für Ungarn bestimmte EU-Gelder auf Eis gelegt, nun blockiert Regierungschef Viktor Ungarn die EU-Hilfe für die Ukraine. Letzter Ausweg: Die EU-Kommission soll nochmals prüfen, ob Orban die geforderten Reformen eingeleitet hat…

Was fehlt

Neue Regeln für “Künstliche Intelligenz”. Die EU-Staaten haben erstmals umfassende Regeln für den Einsatz der KI festgelegt. Der Beschluss solle sicherstellen, dass KI-Systeme sicher seien und Grundrechte einhielten, teilte der Rat der EU-Staaten mit. Zugleich solle Innovation gefördert werden. Scharfe Kritik kam vom Piraten Patrick Breyer. “EU-Regierungen wollen Weg für biometrische Massenüberwachung im öffentlichen Raum bereiten”, kritisiert er.