Der “historische” Asylpakt und EUropas Ring der Autokraten
Einen “Ring von Freunden” wollte die EU bei der Osterweiterung 2004 schaffen. Zwanzig Jahre später findet sie sich in einem “Ring der Autokraten” wieder – und macht mit ihnen dubiose Deals.
Erst die Türkei, dann Tunesien, nun auch noch Ägypten und Mauretanien: Nach und nach schließt sich der “Ring der Autokraten”, mit denen die EU umstrittene Flüchtlingsabkommen abschließt.
2016, als Ex-Kanzlerin Merkel den ersten Deal mit Sultan Erdogan vereinbarte, konnte das noch als Notfall durchgehen. Schließlich lag gerade eine große Flüchtlingskrise hinter der EU.
Doch die Vereinbarung mit Erdogan wirkte nicht lange. Seit Jahren hält sich die Türkei nicht mehr an den Merkel-Deal, schon lange wurden keine Flüchtlinge in die Türkei zurückgenommen.
Der Türkei-Deal als “Vorbild”
Dennoch gilt er als Vorbild für die neuen Kooperationsabkommen, die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zusammen mit der italienischen Post-Faschistin Meloni eingefädelt hat.
Sie verquicken geopolitische, wirtschaftspolitische und migrationspolitische Ziele. Brüssel will Kairo vor dem drohenden Bankrott bewahren, aber auch russischen Einfluß zurückdrängen und “irreguläre” Migration stoppen.
Dass man einst versprochen hatte, einen “Ring von Freunden” um die EU zu bilden und eine florierende “Mittelmeerunion” zu gründen, ist vergessen. Heute geht es um Schadensbegrenzung und Abschottung.
Das Parlament wird übergangen
Wie passt das zum neuen, angeblich “historischen” Asylpakt der EU? Nach Ansicht führender Europaabgeordneter gar nicht. Denn die neuen “Partner” sind keine “sicheren Drittländer”, es geht um islamische Autokratien.
Asylbewerber und Flüchtlinge dürften dorthin nicht abgeschoben werden, meinen liberale Abgeordnete. Die EU müsse endlich aufhören, Drittstaaten-Abkommen am Parlament vorbei abzuschließen.
Dennoch treibt Brüssel die schmutzigen Deals voran. Das Türkei-Abkommen soll beim EU-Gipfel in der kommenden Woche wiederbelebt werden, sogar Asylabkommen mit Ruanda sind im Gespräch…
Siehe auch meinen Beitrag für die “taz”: Drittstaaten-Deals und Abschreckung
P.S. Damit Autokraten den Türsteher spielen, müssen die EUropäer teuer zahlen, berichtet die “FT”: How Europe is paying other countries to police its borders. London zahlt übrigens auch dafür, dass Paris den Ärmelkanal überwacht und Bootsflüchtlinge stoppt…
Arthur Dent
16. April 2024 @ 21:49
Erst die Türkei, dann Tunesien, nun auch noch Ägypten und Mauretanien: Nach und nach schließt sich der “Ring der Autokraten”, mit denen die EU umstrittene Flüchtlingsabkommen abschließt.
Ein Problem ist, dass der Westen sich dauernd anmaßt andere Länder moralisch beurteilen zu müssen (Achse des Bösen).
Ein weiteres Problem ist, dass man mit einigen Ländern vielleicht solchhe Abkommen vermeiden sollte. Ein weiteres Problem ist, dass halb Nord-West-Afrika auf gepackten Koffern nach Europa sitzt (als etwa 100 Millionen Menschen). Noch ein Problem ist, dass man meint, man könne die Probleme mit einer Art Marshall-Plan lösen. Seit den 1960er Jahren sind aber vorsichtig geschätzt 2000 Mrd. Dollar an Entwicklungshilfen nach Afrika geflossen – geändert hat sich rein gar nichts. Geld ist nämlich nicht die Voraussetzung für gutes wirtschaftliches Handeln, sondern die Folge. Offenbar läuft in Afrika etwas grundsätzlich schief – viele Länder Asiens haben sich mit eiserner Disziplin aus ihrer Armut befreit.
Art Vanderley
16. April 2024 @ 20:45
Es ist wohl besser hier nicht die Moral in den Vordergrund zu stellen und pragmatisch zu handeln. Gerade die große Zahl an Autokratien erfordert diese Zusammenarbeit nunmal, würde man „aus Prinzip“ nicht zusammenarbeiten, gäbe man den Autokraten einen zusätzlichen Opfermythos an die Hand.
Das Problem geht tiefer, warum gibt es denn so viele autokratisch regierte Länder?
Weil wir dringend eine Alternative zum status quo brauchen und dafür eigentlich die Progressiven zuständig wären.
Die aber machen nicht nur in Deutschland „Idenditätspolitik“und bilden damit nur eine andere Variante reaktionärer Politik an, weswegen sie nicht als Alternative gelten.
Hinzu kommt gerade in Deutschland daß man aus „positiven“ Vorurteilen heraus jeden Migranten ins Land gestopft hat der nicht schnell genug auf nächsten Baum flüchten konnte, zumindest wenn er die „richtige“ Hautfarbe hatte oder einen muslimischen Hintergrund. Jetzt sind es einfach zu viele und man kann auch den Bedürftigen kaum noch helfen. Auch das eine Folge der in Teilen rassistischen Idenditätspolitik.
So sehen Viele in der neuen Rechten die einzige Opposition- deren Stärke ist eher die Schwäche der Progressiven als die eigene Stärke.
Michael Conrad
13. April 2024 @ 10:30
Aus diesen Ländern kommen allerdings auch Islamismus und Kriminalität nach Europa. Saubere und menschenfreundliche Lösungen, um diese Folgen der Migration zu reduzieren habe ich bis jetzt noch nicht gesehen. Ägypten ist zudem keine islamische Autokratie sondern eine Art Militär Diktatur, die sich gegen den Islamismus behaupten muss. Islamisten, die von dort fliehen, bekommen in Europa dann Asyl.
ebo
13. April 2024 @ 10:41
Stimmt, Ägypten ist eine Militärdiktatur – aber islamisch ist sie schon…
renz
15. April 2024 @ 18:51
Ich kenne Ägypten seit 1965. Ich war dort über 7 Jahre und fahre dort öfters hin. Dieses Land wird ständig islamischer. 50% der Bewohner sind Muslim Brothers. Was da an Wachstum generiert wird – wird sofort durch die Bevölkerungsexplosion sofort vernichtet/konsumiert. Dieses Land ist unfähig seine Bevölkerung zu ernähren. Es ist ein echtes shithole country. irgendwann wird dieses Land zu einer echten Weltgefahr werden. Zu viele Menschen, keine Ausbildung, keine Industrie und keine Landwirtschaft existiert dort, um ein Minimum an Lebensmöglichkeit aus eigener Kraft zu generieren. Die konnten mal das römische Reich ernähren – heute hätte die EU ein dickes Problem Ägypten zu ernähren. Solch Länder haben wir nicht nur einmal in Afrika.
Karl
13. April 2024 @ 08:39
@ Ute Plass: Wo bleiben die Proteste der AfD gegen Meloni und ihre Deals mit den islamisch auftretenden Autokraten?
Ute Plass
12. April 2024 @ 14:35
“Irreguläre Migration”
Wo bleiben jetzt all die Demos “gegen rechts”?
Scheint “Correctiv” alles nicht geheim genug?!
KK
13. April 2024 @ 02:06
„Zwanzig Jahre später findet sie sich in einem “Ring der Autokraten” wieder“
EUropa ist doch in den letzten Jahren unter vdL selbst zu einer Autokratie geworden – da kann es doch nicht verwundern, wenn Autokratien zu den Freunden gezählt werden. Gleich und gleich gesellt sich eben gern!