China spricht mit der Ukraine über Frieden, die EU schickt Waffen
Die EU hat China wiederholt aufgefordert, das direkte Gespräch mit der Ukraine zu suchen. Nun ist es so weit – und Brüssel schweigt. Ein Waffenstillstand ist kein Thema.
Der chinesische Präsident Xi Jinping hat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Es sei ein langes und sinnvolles Gespräch gewesen, teile Selenskyj auf Twitter mit.
Xi sagte laut chinesischen Staatsmedien, China habe immer auf der Seite des Friedens gestanden. Chinas Position sei, zu Frieden und Gesprächen zu drängen.
Der chinesische Präsident kündigte an, einen Sondergesandten in die Ukraine zu schicken. Dieser solle Gespräche mit allen Konfliktparteien zur Beilegung der Ukraine-Krise führen.
Das klingt nach einer guten Nachricht – und könnte so auch von der EU begrüßt werden. Schließlich hat sie China wiederholt aufgefordert, das direkte Gespräch mit der Ukraine zu suchen.
Doch aus Brüssel kommt – nichts. Chefdiplomat Borrell ist in Kolumbien, sein Chefsprecher schweigt sich aus. Haben die europäischen Diplomaten nichts mehr zu sagen?
Oder warten sie auf die Reaktion aus Paris? Frankreich Präsident Macron hat sich mehr als alle anderen für eine chinesische Vermittlung stark gemacht – und war dafür angefeindet worden…
Siehe auch China-Politik: Borrell macht viele Worte, aber keine Diplomatie. Mehr zu China hier
P.S. Borrell hat sich doch noch gemeldet und das Gespräch begrüßt. “It is a first step that China will eventually reach out to Ukraine, and we want to say that any meaningful initiative for a just peace for Ukraine is very much welcome.” Allerdings werde die EU die Ukraine weiter unterstützen – und Waffen liefern…
Hekla
27. April 2023 @ 16:18
Dass das EU-Spitzenpersonal diese EU von einem Friedens- zu einem Kriegsverein transformiert hat und das Leben der EU-Bürger ohne jede zwingende Notwendigkeit mit Boomerang-Sanktionen und abenteuerlichen Kriegsausgaben erschwert, ihren erarbeiteten Wohlstand vernichtet, der Wirtschaft die Konkurrenzfähigkeit nimmt und sie zur Abwanderung zwingt, eine Ausbreitung des Ukraine-Krieges durch direkte Finanzierung und Bewaffnung der Ukraine riskiert – das alles ist schon katastrophal genug.
Aber: in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg gibt es gleich mehrere Akteure, denen man moralisches Komplettversagen vorwerfen kann. Der größte Versager in dieser Hinsicht ist aber die EU selbst – denn sie hat die moralische Latte immer schon von allen am höchsten gelegt.
Durchgefallen, setzen.
Stef
27. April 2023 @ 11:03
Vermutlich ist die Erwartungshaltung der USA, Nato und der EU an ein “chinesisches Telefonat” viel trivialer, als hier angenommen. Bisher ist noch jeder Staatschef aus der Wahrnehmungswelt des Westens (also aus dem Westen selbst) aus einem Termin mit Präsident Selenski zutiefst geläutert und demütig zurückgekehrt. Herrn Selenski dürfte eine gewinnende Aura zueigen sein, die ihm in der Ausbung seiner Rolle hilft. Man dürfte also davon ausgegangen sein, dass es sich bei einem Telefonat mit Xi genauso verhält. M.a.W. Xi wird nach dem Telefonat doch sicherlich seine Abscheu über die schlimmen Kriegsverbrechen der Russen ausdrücken und ein dringendes Ende dieses sinnlosen Blutvergießens (durch einen russischen Rückzug) fordern. Nun ist man überrascht, dass dieser “Automatismus” nicht eingetreten ist.
Man ist also unter Vasallen verwundert darüber, wie man sich als Staatschef eines souveränen Landes positionieren und verhalten kann. Und das muss man schon deshalb verurteilen, damit man als Vasall selbst nicht so dumm dasteht. Nun hat sich Xi aber sehr geschickt positioniert, weil gegen Frieden kann ja nun niemand wirklich Einwände haben.
Mit anderen Worten: Die Staatenlenker der EU sind sprachlos, weil Schachmatt.
KK
27. April 2023 @ 10:38
@ Thomas Damrau:
Die Vorstellung eines einzelnen Ruderboots in Verbindung mit einer Frühjahrsoffensive in einem modernen Krieg hat mir bei aller Tragik der Umstände dann doch ein Schmunzeln abringen können… 😉
KK
27. April 2023 @ 10:35
Endlich bewegt sich was auf diplomatischer Ebene.
@ ebo:
“Sie können es nur schaffen, wenn die USA und die EU nicht mehr Krieg führen wollen bzw können, und wenn sie Russland an den Verhandlungstisch bringen.”
1. Wollen/Können: Können tun die beiden ja jetzt schon nicht mehr das, was sie wollen: Nämlich Waffen und Munition in der Menge liefern, die sie der Ukraine liefern wollen.
Und hinsichtlich US-Wollen: Die gelungene Vermittlung zwischen Iran und Saudi-Arabien kann die USA ganz sicher auch nicht gewollt haben, schwächt sie doch deren Position in der Region ganz erheblich. Und EUropa unter von der Leyen will ja immer, was die USA wollen. Der Ukraine gehen die Ressourcen nicht nur an Waffen und Munition, sondern auch an Menschenmaterial aus – ich denke, dass sich Selenskyj diesmal nicht noch einmal von einem sich anbahnenden ersten Schritt, einem Waffenstillstand, abbringen liesse wie noch vergangenes Jahr von Boris Johnson.
2. Russland wird sich energischem Drängen Chinas nicht wirklich widersetzen können, denn nach den westlichen Sanktionen ist Russland hinsichtlich vieler ziviler Güter (und auch wichtiger Halbgüter wie Mikroelektronik) sehr auf China angewiesen. Und Putin wird klug genug sein, sich nicht ggf. als dergestalt Getriebener öffentlich vorführen zu lassen.
China ist sehr darum bemüht, Ruhe auf der Welt zu haben, damit sie ihre wirtschaftlichen Expansion ungestört weiterführen können. Daher werden auch die Chinesen ihre Interessen mit der notwendigen Nachdrücklichkeit verfolgen (ich denke, sie haben nur deshalb bis jetzt gewartet, weil nun abzusehen ist, dass USA/EUropa nicht mehr frei agieren können wie zB beim Munitionsnachschub und sich erste Risse in der Solidarität auftun, wie es hier ja schon thematsiert wurde).
Insofern sehe ich da nicht ganz so schwarz…
Thomas Damrau
27. April 2023 @ 08:47
Die EU hat sich in eine verzwickte Lage manövriert, aus der sie ohne Gesichtsverlust so schnell nicht rauskommt (und Gesicht-Verlieren ist im Augenblick das letzte, was die EU möchte). Die aktuelle Marschrichtung lautet nun mal:
– Wir setzen auf Sieg der Ukraine (whatever that’s supposed to mean …)
– Wir kämpfen gegen den verwerflichen chinesischen Expansionismus
Daher wartet die EU (und die NATO auch) fiebrig auf die sagenumwobene Frühjahrsoffensive der ukrainischen Armee (im DLF gab es letzte Woche jeden zweiten Tag eine Meldung, einem ukrainischen Ruderboot sei es bei Cherson gelungen, das Ostufer des Dnjepr zu erreichen.) Solange nicht klar ist, ob aus dieser Offensive etwas wird, wird aus Brüssel (EU und NATO) nix kommen.
Und Xi anrufen und fragen “Sag mal, was ist bei dem Telefongespräch rauskommen? Können wir Dich vielleicht bei Deinen Friedensbemühungen unterstützen”, widerspräche der neuen Doktrin “Wir brauchen diese blöden Chinesen nicht.”
european
26. April 2023 @ 20:04
Die Chinesen schaffen das. Davon bin ich überzeugt. Sie haben auch geschafft, dass zwischen Iran und Saudi-Arabien wieder Ruhe einkehrt und man wieder miteinander spricht. Das wird im Endeffekt positive Auswirkungen auf den fürchterlichen Krieg im Jemen haben
Währenddessen ersticken die Europäer entweder an ihrer Selbstbeweihräucherung oder aber ducken sich weg, weil sie in der Tasche der USA stecken. Die widerum sind an einem Frieden nicht interessiert, sonst hätte ja die ganze Aktion nichts gebracht.
ebo
26. April 2023 @ 20:29
Da wäre ich nicht so sicher. Sie können es nur schaffen, wenn die USA und die EU nicht mehr Krieg führen wollen bzw können, und wenn sie Russland an den Verhandlungstisch bringen. Beides sehe ich noch nicht
Helmut Höft
27. April 2023 @ 09:59
Das ist es! Wenn der Chef im Ring nicht will – und anderen nicht erlaubt zu tun – siehe topic – dann passiert nix, oder nur das falsche!
Nun sag’ mal einer zu den USA: “Go home and stay there!” was passieirt? Wenn einer Glück hat: Sanktionen, wenn einer Pech hat: Einmarsch (für Freiheit, Demokratie etc.)