Burgfrieden gegen China, Zittergipfel mit Russland – und Homophobie in Ungarn

Die Watchlist EUropa vom 16. Juni 2021 –

Die Europäische Union will den Handelskrieg mit den USA beenden und künftig wieder den Schulterschluss mit Washington üben – auch im Wettbewerb mit China. Dies vereinbarten EU-Ratspräsident Charles Michel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei einem Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden in Brüssel.

So sollen die milliardenschweren Strafzölle für die Flugzeughersteller Airbus und Boeing für fünf Jahre ausgesetzt werden. Der Streit hatte die Beziehungen zwischen Brüssel und Washington jahrelang vergiftet.

Zudem wollen die EU und USA versuchen, China in der Handels- und Technologiepolitik etwas entgegen zu setzen – über einen gemeinsamen Rat, der auch globale Normen setzen soll.

Europa ist unser natürlicher Partner”, sagte Biden, der sich damit deutlich von seinem Amtsvorgänger Donald Trump absetzte. Allerdings machte Biden weniger Konzessionen, als die Europäer erhofft hatten.

Die EU wollte eine umfassende transatlantische Agenda auflegen; Michel sprach sogar von einem „Gründungspakt“. Bei dem streng abgeschirmten Gipfeltreffen mit Biden in Brüssel war davon jedoch keine Rede mehr.

Es gab nicht einmal eine gemeinsame Pressekonferenz. Bis zur letzten Minute rangen Amerikaner und Europäer um Kompromisse. Das Ergebnis ist – gemessen an den hohen Erwartungen – mager.

So wird der Subventionsstreit zwischen Airbus und Boeing nicht gelöst, sondern nur auf Eis gelegt. Die Strafzölle, die Trump auf Stahl und Aluminium verhängt hatte, bleiben weiter in Kraft. Die EU wollte sie eigentlich beenden.

Streit um Corona und CO2-Grenzsteuer

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Auch der Streit um den Export von Corona-Impfstoffen und die Freigabe der Patente wurde nicht beigelegt. Unverbindlich fallen die Aussagen zur Klimapolitik aus. Die EU und die USA bekennen sich zwar erneut zu den Zielen von Paris.

Die EU-Spitzen konnten Biden aber nicht von der geplanten europäischen CO2-Grenzsteuer überzeugen. Die Welthandelsorganisation könne bei der Suche nach einer Lösung suchen, sagte von der Leyen vieldeutig. Hier droht der nächste Handelskrieg.

Nach vier schwierigen Jahren mit Trump habe man nun ein „neues Kapitel“ aufgeschlagen, jubelte die EU-Chefin nach dem knapp zweistündigen Gipfel. Die vorläufige Beilegung des Streits um Airbus und Boeing sei ein „Durchbruch“.

“Modell für den Kampf gegen China”

Eine andere – und wesentlich aggressivere – Interpretation lieferte die US-Handelsbeauftragte Tai. Sie sieht den Burgfrieden mit der EU im Flugzeugstreit als Basis für ein gemeinsames Vorgehen gegenüber China.

Die Einigung über einen Waffenstillstand sei “ein Modell”, auf das beide Seiten “für andere Herausforderungen durch China aufbauen würden.

“Anstatt mit einem unserer engsten Verbündeten zu kämpfen, kommen wir endlich gegenüber einer gemeinsamen Bedrohung zusammen”, sagte Tai.

Es geht um einen Burgfrieden – vor dem großen Streit mit China

Siehe auch USA-China: Eine gefährliche Obsession

Watchlist

Legt sich Biden mit dem russischen Zaren Putin an – oder sucht er mit Russland (wie zuvor mit der Türkei) ein Arrangement, um China zu schwächen? Selten wurde ein amerikanisch-russischer Gipfel mit so großer Spannung erwartet wie das Treffen am Mittwoch in Genf. Übrigens steht die EU wie ein Zaungast an der Seitenlinie. Der Gipfel im Herzen Europas wertet Putin auf – und die EU ab. Beim Gipfel Trump-Putin war es auch schon so…

Was fehlt:

Das ungarische Gesetz, das Kinder und Jugendliche vor Schwulen schützen soll. Es sieht ein Verbot von Büchern und Filmen vor, in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht. Darüber hinaus soll jede Art von Werbung verboten werden, in der Homo- oder Transsexuelle als Teil des normalen Lebens erscheinen. Kritiker sehen darin den Versuch, eine homofeindliche Zensur einzuführen.