Brüsseler Doktor-Spielchen (Update)

Von “Go Chatzi” zu Chatzi go home?

Nach der liberalen Vorzeigefrau Koch-Mehrin muss nun auch der FDP-Europaabgeordnete Chatzimarkakis auf seinen Doktortitel verzichten. Die Universität Bonn erkannte ihm den Titel ab, weil er in seiner Doktorarbeit Zitate nicht gekennzeichnet habe. Wie Koch-Mehrin will „Chatzi“ dennoch in der Politik bleiben und seinen Sitz im Europaparlament behalten. Er geht sogar noch weiter – im „Stern“ kündigte er an, eine neue Doktorarbeit zu schreiben.

Chatzimarkakis ist in Brüssel kein Unbekannter. Im Gegensatz zu Koch-Mehrin hat er aktiv im Europaaparlament mitgearbeitet und sich einen Namen als eigenständiger Kopf gemacht. Er plädierte für ein europäisches Forschungsinstitut, obwohl die Bundesregierung dagegen war, und er forderte den Rückzug Westerwelles von der FDP-Spitze, als dies noch einen gewissen Mut forderte. Auch seine Fernsehauftritte zum Thema Griechenland-Krise sind sachkundig und beschränken sich nicht auf Showeffekte (wie bei K.-M.).

Umso mehr verwundert es, dass er nicht nur seine offensichtlich fehlerhafte Doktorarbeit verteidigt, sondern auch noch eine neue anfertigen will. „Chatzi“ scheint nicht nur uneinsichtig, sondern auch noch ziemlich verbissen zu sein. Er habe nicht mit Täuschungsabsicht gehandelt, beteuert er auf seiner Website. Aber warum hegt er nun die Absicht, seine Fehler vergessen zu machen und eine zweite Doktorarbeit draufzusetzen?

Will er seinen Wahlslogan “Go Chatzi” ad absurdum führen? Sollte es wegen der Plagiats-Affäre nicht vielmehr “Chatzi go” heißen, wie es M. Spreng in seinem Blog fordert?

Ein möglicher Grund liegt darin, dass er als Einwandererkind besonderen Wert auf seinen Doktortitel legt; laut „Stern“ war sogar sein griechischer Opa stolz darauf. Doch Stolz ist vermutlich nicht das einzige Motiv. Viele deutsche Europaabgeordnete haben das Gefühl, zu Hause nicht genügend beachtet zu werden und deshalb irgend etwas Besonderes machen zu müssen. 

Bei den Liberalen kommt erschwerend hinzu, dass sie derzeit kaum Aussicht auf eine Parteikarriere haben. Denn zum einen sind alle wichtigen Ämter in Berlin besetzt. Zum anderen stehen die meisten FDP-Europaabgeordneten in Opposition zu der europaskeptischen Linie, auf die die Liberalen unter Westerwelle geschwenkt ist. Das Straßburger Mandat ist für Leute wie Chatzimarkakis oder Koch-Mehrin der einzige und letzte Rettungsanker.

Aber muss man sich deshalb gleich auf Doktor-Spielchen einlassen und den verlorenen Titel trotzig verteidigen?

 

Nachtrag 17.7.11

Nun will auch noch Koch-Mehrin ihren Doktortitel verteidigen. Zur Not will sie vor Gericht klagen, meldet die Süddeutsche. Wird aus den Doktor-Spielchen also ein handfester Rechtsstreit?

 

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