“Boostern für alle” ist auch keine Lösung
Wie hält es die EU mit dem Boostern? Auf Nachfrage verweist die EU-Kommission auf die Medizinagentur EMA. Doch auch die hält sich bedeckt – offenbar fehlen belastbare Daten! Eine Empfehlung für alle gibt es deshalb auch nicht.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält nichts vom Boostern, solange in vielen armen Länder nicht einmal die erste Corona-Impfung verabreicht wurde.
„Täglich werden weltweit sechs Mal mehr Auffrischimpfungen verabreicht als erste Impfdosen in Ländern mit niedrigen Einkommen. Das ist ein Skandal, der jetzt gestoppt werden muss“, so WHO-Chef Ghebreyesus.
„Kein Land kann sich einfach aus der Covid-19-Pandemie herausimpfen“, fügte er hinzu.
Ich wollte wissen, wie die EU-Kommission sich aufstellt – schließlich arbeitet sie ja eng mit der WHO zusammen.
Doch die Brüsseler Behörde antwortete ausweichend – und verwies auf die Experten der europäischen Medizinagentur EMA (Video hier). Auf deren Website findet sich allerdings nur eine Empfehlung für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Für alle anderen – also die übergroße Mehrheit – wird das Boostern nicht ausdrücklich empfohlen. Vielmehr heißt es vage, dass man zusätzliche Impfungen “erwägen kann”, aber auch erst nach mindestens sechs Monaten.
Boostern für alle? Das ist offenbar auch keine Lösung.
On the basis of this data, the Committee concluded that booster doses may be considered at least 6 months after the second dose for people aged 18 years and older. At national level, public health bodies may issue official recommendations on the use of booster doses, taking into account emerging effectiveness data and the limited safety data.
EMA
Zudem gibt EMA die Verantwortung an die nationalen Behörden ab. Diese sollten die “hereinkommenden Daten zu Effizienz und Sicherheit” berücksichtigen. Daraus darf man wohl schließen, dass EMA noch nicht über genügend belastbare Daten verfügt.
Die EU-Behörde verweist auf ihrer Website zudem auf die “updated product information” – also auf Impfstoff-Hersteller wie Biontech. Doch das Update für den Beipackzettel liegt auch noch nicht vor, ein Klick ergibt jedenfalls kein Ergebnis.
Das passt zu einem Blogpost von N. Häring, demzufolge die EU-Erlaubnis für die Booster-Impfungen auf einer Mini-Studie mit 306 Teilnehmern beruhe. Die wissenschaftliche Basis scheint also noch ziemlich dünn zu sein.
Offenbar ist man sich sogar im Unklaren darüber, wie lange die dritte Dosis “vorhält”, also Schutz gewährt. So berichtet EurActiv, in Brüssel werde darüber diskutiert, wie lange die dritte Dosis des COVID-19-Impfstoffs wirksam bleiben soll.
Dennoch wird in einigen Ländern bereits die vierte Impfung erwogen. In Griechenland sei die Debatte schon angelaufen, so EurActiv. Müssen wir uns also auf dauerhaftes “Boostern” einstellen, kommt das Abo für Biontech?
Mehr zur Coronakrise hier
P.S. Obwohl die EU-Kommission angeblich keine eigene Meinung zum Boostern hat, hat Behördenchefin von der Leyen schon im Frühjahr massenhaft Vakzine für eine “Auffrischung” gekauft – natürlich bei ihrem Lieblingspartner Biontech/Pfizer…
Art Vanderley
15. November 2021 @ 19:58
“Boostern für alle”
Daß solche Empfehlungen überhaupt angedacht werden…Aktuell steigt die Zahl der Geimpften, die trotzdem sterben, die meisten aus der Gruppe der Hochvulnerablen, also älter plus Vorerkrankung(en).
Schon seit zwei bis drei Monaten hätte erneut priorisiert werden müssen, man wußte um den Verfall der Impfwirkung nach 6 Monaten.
Und man wußte um die vierte Welle und um die Übereinstimmung von Erstgeimpften mit den Hochgefährdeten, die jetzt schon 7 bis 8 Monate geimpft sind.
Dennoch hat man es vorgezogen, die Impfrastruktur abzubauen und Kampagnen dem ideologischen Ziel der impfbasierten Herdenimmunität zu unterstellen, anstatt sie für dem Aufruf zum selektiven boostern zu verwenden.
Das ist grob fahrlässig, im Grenzbereich zum bedingten Vorsatz.
ebo
15. November 2021 @ 20:56
Richtig. Und es sind dieselben, die für diesen Crashkurs verantwortlich waren, die heute zum Boostern aufrufen…
Bizarr ist auch, dass den einen (Ungeimpften) gesagt wird, die Impfung wirke, sie sollten ihren Widerstand endlich aufgeben. Gleichzeitig erklärt man anderen (den Geimpften), die Wirkung lasse nach, sie müssten nun schnellstmöglichst boostern. Vertrauen schafft man so nicht!
Art Vanderley
17. November 2021 @ 21:03
„Gleichzeitig erklärt man anderen (den Geimpften), die Wirkung lasse nach, sie müssten nun schnellstmöglichst boostern. Vertrauen schafft man so nicht!“
So ist es. Und inhaltlich ist es auch noch falsch, der Impfschutz verfällt bei Hochbetagten viel schneller als bei Jüngeren, die meisten brauchen jetzt nicht so schnell den booster. Geradezu kriminell ist mal wieder Bayern, mit seinem booster-Angebot nach bereits fünf Monaten, das ausschließlich Söders Starker-Mann-Erzählung dient.