Auflagen für Frankreich
Wer nicht sparen will, muss fühlen: Das scheint die Devise der EU-Kommission zu sein. Als Gegenleistung für einen zweijährigen Aufschub der Sparziele hat sie Frankreich mehrere auflagen gemacht.
Nach einem Bericht von “Le Monde” hat Währungskommissar Rehn die Regierung in Paris aufgefordert, die Rentenreform weiter voranzutreiben, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und die Märkte für Strom- und Bahnverkehr zu liberalisieren.
Frankreich müsse “Strukturreformen großen Ausmasses” einleiten, sagte Rehn. Nur so ließen sich “Wachstumspotentiale” freisetzen und Arbeitsplätze schaffen.
Es ist das übliche neoliberale Dogma, das Brüssel hier verfolgt, genau wie Berlin. Die geforderten Reformen haben jedoch das Zeug, das Wachstum noch weiter abzuwürgen und Jobs zu vernichten.
Stichwort Rente: ein höheres Rentenalter bedeutet weniger jobs für Jugendliche. Stichwort Arbeitsmarkt: eine Lockerung des Kündigungsschutzes bringt erstmal mehr Arbeitslose. Stichwort Strommarkt: eine Schwächung des quasi-Monopolisten EDF bedeutet höhere Strompreise.
Abgesehen davon halte ich es für undemokratisch, wenn eine nicht gewählte Behörde einer frei gewählten Regierung Auflagen macht, die noch dazu dem Wahlprogramm widersprechen. Präsident Hollande zahlt dafür schon jetzt die Rechnung…
Was passiert denn, wenn Paris die Reformen umsetzt, es Frankreich in zwei Jahren aber – wie zu befürchten – noch schlechter geht? Muss sich Rehn dann für falsche Empfehlungen verantworten? – Mehr zum Thema hier
Melina
12. Mai 2013 @ 23:35
winston,
die Regierungschefs der am schlimmsten unter dem Würgegriff der Troika leidenden Länder können nicht alle gleichzeitig strunzdumm und /oder völlig unfähig sein, das wäre zuviel des Zufalls. Alle sind sie aber knallharte Neoliberale, über ihre elitäre Herkunft mit dem internationalen Finanzkapital verbandelt und jederzeit bereit, ihre Bevölkerungen den Bankstern zum Fraß vorzuwerfen, mit deren Hilfe sie an die Macht gekommen sind.
Selbstverständlich steckt ein Plan dahinter, was denn sonst? Nach dem Willen der europäischen Neoliberalen und unter tatkräftiger Mithilfe des IWF soll ganz Europa so prekarisiert werden, dass es gegen asiatische Billiglöhne konkurrieren kann. Außerdem müssen die normalen europäischen Steuerzahler ja auch noch ein paar Generationen lang die Verluste der Zockerbanken ausgleichen. Damit da noch mehr rumkommt, werden bald überall die kleinen Sparer zyprisiert, erst in allen klammen Ländern, dann auch im weniger klammen Rest. Hat Schäuble doch schon mit Frohlocken verkündet.
Schließlich kommt dann noch das Freihandelsabkommen mit den USA und Europa ist endgültig erledigt, versklavt und der gnadenlosen Herrschaft des Finanzkapitals unterworfen. Ende der Freiheit und der Demokratie. Das soziale Modell ist ja bereits weitgehend zerstört.
All dies fügt sich so nathlos zusammen, wird so systematisch betrieben, dass man bei genauer Betrachtung gar nicht anders kann, als den Plan dahinter zu sehen. Er versteckt sich nicht einmal, Frau Merkel hat ihn in Davos ja laut hinausposaunt. Es ist auch keine Verschwörung im Gange. Die braucht es gar nicht, denn es genügt das gemeinsame Interesse: Geld und noch mehr Geld! Alles Geld der Welt für ein paar Wenige.
Das, was derzeit abgeht, hat die Grenze zur Diktatur schon längst überschritten. Nur macht “man” das heute halt ganz elegant und peu à peu: “Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ (Jean-Claude Juncker)
winston
12. Mai 2013 @ 20:21
Für mich ist es völlig unverständlich wieso Südeuropa diesen Austeritätsterror mitmacht und nicht schon längst diesen Dreckeuro in die Luft gesprengt hat.
entweder a) die Politiker Südeuropas sind Strunzdumm, völlig unfähig und makroeconomische greenhorns oder b) da steckt ein Plan dahinter.
Falls b) zutreffen sollte wäre das besorgniserregend.
Was z.Z in der E-Zone abgeht nimmt langsam diktatorische Züge an.
thewisemansfear
12. Mai 2013 @ 14:03
Aber genau so läuft doch die Irreführung durch die Medien, die Leute plappern doch das nach, was ihnen da vorgesetzt wird – “Schuld ist einzig der Schuldner” hat er doch “über seine Verhältnisse gelebt…” usw. Zum Schuldner gehört aber immer auch ein Gläubiger, der das Spielchen mitspielt.
Um es noch mal deutlicher zu machen, es ging bisher nie und wird auch zukünftig beim jetzigen Wirtschaftsmodell nicht funktionieren, dass es Investitionen/Wachstum gibt, ohne dass sich einer der oben aufgezählten Sektoren v e r s c h u l d e t. In der momentanen Phase will aber niemand Schulden haben, bzw. seine reduzieren oder ganz loswerden. Gleichzeitig auf den “horrenden” Staatschulden herumzureiten und hier Kürzungen zu erzwingen ist ein perfides Spiel unserer Lenker. Der ideologiebehaftete Verteilkampf, der gerade auf solchen sprachlichen Irreführungen fußt, ist längst zugange.
thewisemansfear
12. Mai 2013 @ 12:32
Ebo, warum nutzt auch Du den deutschen Spracheuphemismus “sparen”? Eine Privatperson stellt sich darunter “zurücklegen für spätere Zeiten” vor, das trifft auf einen Staat aber nicht zu. Es sind immer Ausgabenkürzungen oder -streichungen gemeint, die unmittelbar die Bevölkerung treffen. Angie Merkel hat ja bis vor wenigen Tagen mit dem Begriff Austerität überhaupt nichts anzufangen gewusst…
Wenn die Privatleute aufgrund unsicherer Ausgangslage Geld sparen, die Unternehmerschaft es mittlerweile gleich tut und nun auch noch der Staat seine Ausgaben drosselt, dann wird die Volkswirtschaft unweigerlich schrumpfen. Unsere Politiker hoffen auf Nachfrageimpulse aus den USA und China, diese wird sich aber nicht erfüllen.
Da unser Wirtschaftssystem nun mal auf Wachstum angewiesen ist, können nicht alle Beteiligten gleichzeitig “sparen”. Irgendjemand muss wieder anfangen zu investieren. Jetzt sagen unsere Herren Angebotstheoretiker wir müssten nur wettbewerbsfähiger werden (Lohnstückkosten runter), schon gehts wieder aufwärts! Ich unterstelle, dass diese Leute keine Ahnung von der psychologischen Wirkung einer solchen “Schrumpfkur” haben. Aus Japan (und vorangegangenen Krisen) nichts, aber auch gar nichts gelernt…
ebo
12. Mai 2013 @ 13:01
@theiwisemansfear
Naja, das “sparen” war ironisch gemeint – “wer nicht sparen/hören will, muss fühlen”. Sowas sagte man früher zu kleinen Kindern. Und Schäuble wählt ja auch gern die Schul-Methapger, wobei Deutschland angeblich als Klassenprimus dasteht… Dabei “spart” Berlin natürlich auch nicht, es kürzt nicht einmal (im Gegensatz zu Paris)…
Melina
12. Mai 2013 @ 06:18
Ja, ebo, es IST zutiefst undemokratisch, dass sich eine nicht gewählte Behörde über die
nationale Souveränität eines Mitgliedslandes der Eurozone einfach so hinweg setzen kann! Und deshalb ist es allerhöchste Zeit, diese “Behörde” und ihre Willkür samt ihrem Druckmittel, dem Euro, ersatzlos abzuschaffen.
Ich reibe mir täglich verwundert die Augen und frage mich, wie lange sich die Europäer
diesen Terror noch gefallen lassen, bevor sie auf die Barrikaden gehen. Es ist unfasslich, dass sich Millionen von Menschen wie in einer Art Schockstarre verhalten, ohne zum Ausgang zu stürmen, obwohl der – noch – offen ist.
Johannes
11. Mai 2013 @ 15:29
Ach jemand sollte nicht gezwungen werden? Schön, das sollte dann aber für Deutschland und das Geld das wir in den Süden schicken auch gelten. Wie immer hier, bekomen die anderen Vorschriften oder Druck (ohne den es nicht mehr geht, freiwillig passiert nichts!) ist das böse, bekommt Deutschland Druck um gefälligst die Schulden von fremden Ländern zu bezahlen, dann ist das in diesem Blog gut. Das ist keine Gerechtigkeit. Dann die Argumente, wird ein Monopolist geschwächt, soll das negativ für die Bürger sein? Die Franzosen sollen später in Rente gehen wie wir Deutschen, auch das wieder ungerecht, ach so. Wäre wirklich schön, wenn uns Deutschen genau die gleichen Rechte zugestanden werden würden wie z.B. Frankreich. Aber es gilt ja, Deutschland immer böse, die anderen immer gut und im Recht. Hört das denn nie auf, will man uns umbedingt aufhetzen?
ebo
11. Mai 2013 @ 15:48
@Johannes
Wann hat Deutschland denn Geld nach Frankreich geschickt? Frankreich ist Geberland, genau wie Italien – zusammen zahlen Franzosen und Italiener deutlich mehr als wir Deutschen für die Euro”rettung”. Also sollte es auch in unserem Interesse sein, dass Frankreich und Italien wieder auf die Beine kommen – und nicht, dass sie genau dieselben Sch…reformen machen, unter denen die deutschen Arbeitnehmer und Steuerzahler seit 10 Jahren leiden…
Beate
11. Mai 2013 @ 15:54
Deutschland bezahlt nicht die Schulden fremder Länder.
Im vierten Quartal 2012 sind 70% der deutschen Gesamtersparnisse ins Ausland geflossen.
Mit diesen Ersparnissen feiert die deutsche Automobilindustrie Absatztriumphe in Großbritannien.
Die Haushalte in GB sind überschuldet.
Aber deutsches Geld pfeift auf Bonitätsprüfungen.
Seltsam dass die Deutschen sich weigern diese Zusammenhänge zu verstehen?
Wann wenn nicht jetzt sollte Frankreich DEUTSCHLAND verklagen.
Deutschland hat internationale Verträge verletzt.
Und das gemeinsam vereinbarte Inflationsziel mißachtet.
Der von Deutschland zu leistende Schadensersatz um den vor dem europäischen Gerichtshof verhandelt werden sollte.
So um die 100 Milliarden Euro.