Aufgelesen: Wie die EU der Rüstungsindustrie zum Sieg verhilft

In Brüssel ist Urlaubszeit. Wir nutzen das „Sommerloch“, um lesenswerte Beiträge anderer Blogs und Medien zu präsentieren. Heute ein Beitrag zum neuen EU-Rüstungsprogramm ASAP und seiner kommerziellen Ausrichtung.

Im Juli stimmte das Europäische Parlament mit überwältigender Mehrheit für den Akt zur Unterstützung der Munitionsproduktion (ASAP), die jüngste EU-Maßnahme als Reaktion auf Russlands Krieg gegen die Ukraine. Dazu schreibt Niamh Ní Bhriain vom Transnational Institute in Amsterdam:

Das Gesetz sieht eine schnellere Lieferung von Waffen an die Ukraine, die Aufstockung der Arsenale der EU-Mitgliedstaaten und einen mit 500 Millionen Euro ausgestatteten “Ramp-up-Fonds” vor, der Anreize für europäische Rüstungsunternehmen schaffen soll, ihre Produktion zu erhöhen.

In Wirklichkeit hat das ASAP jedoch wenig bis gar nichts mit der Unterstützung der Ukraine zu tun, sondern mit der Sicherung der Profitinteressen der höchst lukrativen europäischen Rüstungsindustrie.

Das ASAP-Briefing des Europäischen Parlaments liest sich eher wie eine kommerzielle Risikobewertung für die Investoren von Rüstungsunternehmen als ein ernsthafter Versuch der EU-Führer, sich dringend mit der verzweifelten Realität des Krieges auseinanderzusetzen.

Die einzige “Sorge”, die in dem Briefing geäußert wird, ist nicht, dass der Krieg in der Ukraine weitergeht, sondern perverserweise, dass er endet, denn in diesem Fall “könnte die Nachfrage [nach Munition] sofort nachlassen”.

Die Unterstützung der Rüstungsindustrie durch die EU ist nichts Neues, und die “Ausgangslage” für diesen Akt geht auf eine Entschließung des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2013 zurück, die darauf abzielt, die europäische Verteidigungsindustrie zu stärken.

Seitdem haben sich Rüstungslobbyisten erfolgreich als vermeintlich unabhängige Sicherheitsexperten positioniert, die aktiv Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen und anschließend die finanziellen Vorteile ernten.

Doch trotz des mittlerweile milliardenschweren Budgets, das direkt von den europäischen Steuerzahlern an die Rüstungsindustrie fließt, äußerte Jan Pie, Generalsekretär des europäischen Verbands der Luft- und Raumfahrt-, Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (ASD), sein Bedauern über “die Grenzen und die Quellen des Finanzrahmens” des ASAP.

Der Profit ist wichtiger als das Recht auf Leben

Auch wenn die 500 Millionen Euro für den Aufrüstungsfonds im Vergleich zu den mehr als 200 Milliarden Euro, die die EU-Mitgliedstaaten nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine für den Militarismus zugesagt haben, vernachlässigbar sind, schafft die Verordnung verschiedene gefährliche Präzedenzfälle, die den demokratischen Prozess in der EU untergraben.

Der ASAP-Vorschlag enthielt in seinem Grundrechtsteil nur einen Satz über das Recht auf Leben. Es folgten drei Absätze, in denen die Überschneidungen der Verordnung mit der “unternehmerischen Freiheit” und dem “Recht auf Eigentum” beschrieben wurden.

Die Prioritäten sind glasklar: Obwohl der ASAP ausdrücklich die Herstellung tödlicher Waffen vorsieht, die zweifellos den Verlust von Menschenleben zur Folge haben werden, waren mögliche Verstöße gegen dieses Grundrecht nicht weiter zu prüfen, wohl aber die “unternehmerische Freiheit”.

Weiterlesen beim “EU Observer”. Siehe auch Aufgelesen: Habeck will für Kriegsverluste haften