Alles wegen (gegen) China
Ob Venezuela, INF-Vertrag und Afrika-Politik: Zur Begründung der europäischen Haltung wird immer öfter auf China verwiesen. Das Reich der Mitte weite seine “Einflusssphären” aus – die EU müsse dagegen halten. Ein merkwürdiges Argument.
Denn zum einen denkt die EU offiziell gar nicht in “Einflussspähren”. Im Gegenteil: Sie weist dieses Konzept zurück – wie der Konflikt um Russland und die russische “Sphäre” in der Ukraine zeigt.
Zum anderen war es der EU bisher herzlich egal, was die Chinesen in Afrika, Mittelamerika oder im Bereich der Aufrüstung machen. Die EU-Politik hat nicht versucht, China “einzudämmen”.
Dass man das nun plötzlich doch erwägt, hat verschiedene Gründe: Die Angst vor dem “Zerfall des Westens”, die nationalistische Politik von US-Präsident Trump, aber auch die Flüchtlingskrise, die die EU aufgerüttelt hat.
Die entscheidende Frage ist jedoch, ob es wirklich im europäischen Interesse ist, China an mehreren außenpolitischen Fronten zu kontern. Was hilft es uns in Venezuela, wo Trump schon über Interventionen nachdenkt?
Was hilft es uns beim INF-Vertrag? Die Kündigung durch die USA hat die EUropäer kalt erwischt, nun droht ein Wettrüsten in Europa. Dass die USA bei der Kündigung auch an China dachten, hilft uns nicht.
Nur in Afrika macht es durchaus Sinn, dass sich die Europäer stärker engagieren – zur Not auch gegen China. Schließlich ist es unser Nachbarkontinent – voller Risiken, aber auch mit enormem Potential.
Insgesamt läge es aber im europäischen Interesse, stärker mit China zusammenzuarbeiten, statt sich von Trump in eine Konfrontation hineintreiben zu lassen, noch dazu an allen Ecken der Welt.
Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: Gemeinsam mit China kann die EU für Multilateralismus werben und zur Not auch ‘mal die USA eindämmen. Aber so weit denkt man in Brüssel (noch) nicht…
Siehe auch “Vestager: China ist nicht das Problem”
Holly01
6. Februar 2019 @ 19:30
Schon sonderbar, wie sehr Sie an die Kriegsvorstellungen der Vergangenheit fixiert sind.
Der nächste Weltkrieg wird ziemlich anders aussehen.
Im Übrigen sollten Sie vielleicht bedenken, das die “Gegner” ein Bündnis aus USA und China wären.
Das UK sehe ich da eher als Gegner, genau wie den Rest der 5 eyes plus Israel.
Aufrüstung wäre da ein ziemliches Risiko. Wer droht, muss auch dazu willens und fähig sein, die Drohung um-/durchzusetzen.
Denken Sie die EU ist bereit gegen die USA anzutreten? Plus China?
Ich denke nicht.
Also schwelgen wir doch nicht in all zu Macho mäßigen John Wayne Plattitüden.
Es wäre schon schön, wenn wir zumindest eine IT Basis hätten, die autark funktionieren könnte.
Die Politik (zumindest die deutsche) ist keine Hilfe.
vlg
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 18:43
@ebo Es mag widersinnig sein, aber militärische Stärke kombiniert mit wirtschaftlicher ist nach wie vor ein Atout in den internationalen Beziehungen und wird es auch bleiben. Ob Russland in mittlerer Zukunft militärisch drohen wird, wissen wir nicht. Wer hätte vor wenigen Jahren gedacht, dass sich die USA so rasch zurückziehen würden. Im Nachhinein gibt es für alles eine plausible Erklärung. Weltordnungen halten nicht ewig. Das hat uns schon das 19.Jhdt. gelehrt.
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 15:25
@ebo Sie sind Optimist. Die EU muss sich darauf vorbereiten, dass sich die USA aus der NATO zurückziehen, zumindest kein Interesse haben, der EU militärisch bedingungslos zu Hilfe zu kommen. Der Kalte Krieg zwischen den USA und der UdSSR war die Garantie der Verteidigung Westeuropas durch die USA. Wer soll in Zukunft die multilaterale Ordnung garantieren, nachdem die USA unabhängig von Trump sich aus dieser verabschieden könnten. Isolationismus der USA ist historisch nicht neu. Was spricht gegen eine “hard power” EU ?
ebo
6. Februar 2019 @ 16:51
@Nemschak Sebslt wenn Trump sich durchsetzen sollte (was nicht sehr wahrscheinlich ist) und die USA die Nato verlassen, steht Europa nicht schutzlos da. UK und FR haben Atomwaffen, die Bundeswehr steht als neue “Speerspitze” im Baltikum. Schon jetzt geben die EU-Staaten mehr für Verteidigung aus als Russland. Doch außenpolitisch ist die EU ein Zwerg geblieben – und zwar gerade, weil sie sich von den USA und der Nato abhängig macht. Der erste Schritt wäre deshalb, einen autonomen europäischen Pfeiler in der Nato zu errichten und sich von den USA abzunabeln, so weit es geht. China kann da durchaus hilfreich sein, denn noch ist es kein feindlicher Player!
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 17:17
Derzeit fehlt der EU noch einiges an militärischer Stärke. Sie sollte die Zeit nützen solange Trump noch Präsident ist. Die Schutzwirkung der NATO beruhte seinerzeit auf einer Interessenidentität der USA und der Europäer. Die Vorstellung, dass die Sicherheit der USA im fernen Europa verteidigt wird, gilt auch ohne Trump nicht mehr. Daher wären die französischen Atomstreitkräfte entsprechend zu stärken, um ein glaubwürdiges Abschreckungspotenzial zu haben und eine europäische Armee, mit der sich die Mitgliedsstaaten identifizieren aufzustellen. Der derzeitige Zustand der Bundeswehr wirkt als konventionelle Abschreckung nicht überzeugend.
ebo
6. Februar 2019 @ 17:57
Atomwaffen reichen völlig zur Abschreckung. Im übrigen hat Russland keinerlei Interesse (mehr) daran, in Mittel- und Osteuropa einzumarschieren. Selbst Deutschland hat für russische Angriffspläne keinerlei Anhaltspunkte
Holly01
5. Februar 2019 @ 21:35
@ Nemschak:
Sie interpretieren aber eigenwillig und Ihre Parameter sind zumindest strittig.
– Welche US Vasallen sich konform zu den USA verhalten ist egal.
– Trump ist nicht verhasst, er ist ein Idiot und einige behandeln ihn danach.
– Die USA haben keine Verbündeten, sie haben Interessen.
– Eine “liberale, pluralistische Demokratie” sollen wir haben? Lächerlich. Wir haben eine postkapitalistische Feudalgesellschaft, die monetaristisch gesteuert wird.
Wir haben den Kampf der monetaristischen Kreditsysteme verloren und unser Feudalsystem will das nicht akzeptieren.
– Die EU ist kein “Bund souveräner Staaten”. Wenn der Brexit etwas bewiesen hat, dann das. Das UK ist mit allen Staaten der Welt über die EU verbunden. Da ist weder eine Eigenständigkeit noch eine Möglichkeit sich der arbeitsteiligen zu entziehen.
(Beispiel: selbst unsere Brötchen-Rohlinge für die Großbäckereien kommen aus China)
Ein souveräner Staat hätte zumindest Teilfunktionen die autark funktionieren. Haben die EU-Staaten nicht (mehr).
Ein strategischer Verbündeter? Das wäre Russland.
Die USA implodieren. Das FED System wird zusammenbrechen. Stellen Sie sich vor der Dollar verlöre innert 2 Monaten 95% an Aussenwert und die DOW 80% an Wert (in Dollar).
Altmaier zieht die Reissleine. Aussteigen können wir nicht.
Aber er erklärt Teile der monetären Struktur zur staatlichen Infrastruktur, natürlich mit der Vorgabe, alles zu tun, was zum Erhalt notwendig ist.
Post kapitalistisch, post monetaristisch und die feudalen Strukturen leben für ihre Eigeninteressen. Das imperiale System zerfällt. Die USA verlieren ihre Basis.
Schade, wenn die USA ihren Einfluss verlieren, verlieren wir alle Vorteile durch diese Weltordnung.
Geldsystem gescheitert, Weltordnung gescheitert, lokale Eliten fragmentieren, das wird jetzt interessant, den an der Stelle kommt IMMER Krieg, weil sich die lokalen Eliten so der Verantwortung entziehen und ihre Kontrolle wieder herstellen.
Wir werden sehen …
Aber das kann noch Jahrzehnte so weiter gehen, als Schwebezustand, gehalten vom militärischer Drohung.
vlg
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 11:14
Die Russen als strategischen Verbündeten könnte sich nicht einmal das autoritäre China vorstellen. Für China sind die EU und Russland losing nations, die USA eine defending nation. angesichts der Umgestaltung der Weltpolitik muss die EU zunehmend eine hard power werden, da auf Dauer die heute noch notwendige, in Zukunft aber immer riskantere Bündnispolitik mit den USA gelockert bzw. auf Augenhöhe gebracht werden muss. Eine Stärkung der französischen Atommacht und der Aufbau einer starken gemeinsamen konventionellen Militärmacht wäre der richtige Weg für die EU in die Zukunft.
ebo
6. Februar 2019 @ 13:47
Nein, die EU muss keine “hard power” werden – zumindest nicht, solange sie noch auf die Nato vertraut. Sie sollte die Eiszeit mit Russland überwinden und sich China annähern, um die zunehmend nationalistische und imperialistische US-Politik auszubalancieren. Damit wäre mehr gewonnen als mit Sanktionen und Ultimaten, die nichts bewirken.
Holly01
6. Februar 2019 @ 17:24
Tja, wie immer sehen Sie die Zusammenhänge nicht Herr Nemschak.
Historisch:
1815: Waterloo, die Einsicht des UK-Hegemons, dass man angreifbar ist.
1914: Der Hegemon übergibt die Leitwährung an das FED System und sorgt mit dem Doppelweltkrieg für eine sehr weitgehende Übernahme der Kredit Volumen.
Möglich weil die USA ein Vielfaches an Bewohner hatte und ein ganzer Kontinent als Beleihungsreserve zur Verfügung stand.
Stichwort Expansion oder landläufiger Flucht von einer kleinen Blase in eine große.
Übrigens ein meisterhaft gemachter Übergang und nur 200 Millionen Tote.
Probleme:
Der Inhaber der Leitwährung wird IMMER ruiniert. Das UK hat bis vor kurzem an den Kriegskosten zurückgezahlt.
Die Notenbank die die Leitwährung hält ist die Einzige, die ihre Bilanz nicht verkürzen kann. Sie hat inhaltlich nämlich keine eigene Währung. Die Leitwährung ist eine Mischwährung. Ausweiten ja, verkürzen in nennenswerten Größen, Nein.
2001: Wir sind im Krieg. Der US-Hegemon hat festgestellt, dass er angreifbar ist.
Bla bla bla, der Hegemon muss eine Expansion haben, damit man aus der US-Blase in eine noch größere Blase flüchten kann.
Wer kommt in Frage?
Europa/EU? Ist Teil der US-Blase und komplett beliehen. Die Bevölkerung ist auch nicht groß genug, die Nachfrage kann nicht ausreichend expandieren.
Oh China. Ist das wahrscheinlich? China wurde innerhalb von ein paar Jahrzehnten aufgeblasen. Der Boom ist aus den USA finanziert, aber die Arbeit der Chinesen ist beleihbar.
Tja schlechte Nachrichten Hr.Nemschak. Die Amis transferieren alle Zukunftsperspektiven nach China.
Die “one belt” Initiative ist die Erschliessung, der Feuergürtel um die EU ist die Beschränkung.
Das UK blockiert die EU.
Ein mässig intelligenter Präsident und das Fracking wracken die USA ab. Wirtschaftlich und monetär sind die USA völlig überdehnt.
Die EU, wie die USA, sind politisch blockiert. Dieser Zustand wird sich genau so wenig ändern, wie die Blockade aller Formen von Diskussion, Presse, Forschung, Wirtschaft usw usf .
Egal, ich möchte ja den strategischen Partner begründen.
Der Hegemon MUSS expandieren. Die Geldinhaber wollen mächtig sein und bleiben.
Die EU ist da nicht im Rennen.
Die Zukunft verschachert der US Hegemon in Form von Schürfrechten.
Die EU kann den monetären Leitwährungs-Twist nutzen. Sich monetär abkoppeln und den Russen Sicherheit garantieren, im Austausch gegen Rohstoffe und (viel wichtiger) eine gleichwertige Partnerschaft, damit die Chinesen nicht über die Mongolei Arktisanreihner werden.
Problem: Die Nazis haben eine Koaltition mit den US-Kräften gesucht, die von diesen 200 Familien abhängig sind. Es bilden sich immer Oligopole, die mächtig erscheinen, es aber nicht wirklich sind.
Genau das haben wir gerade.
Die US Oligopole halten sich für, so mächtig, mitreden zu können. Können Sie im jetzigen Hegemonialbereich, aber natürlich nicht im Neuen.
Totalüberwachung und NATO hier, nichts dort.
Die inneren Reibungsverluste des Hegemons eröffnen den “türkischen” Weg.
Den sollte die EU gehen und zwar direkt auf Russland zu.
Nicht Deutschland !!! sondern die EU. Von mir aus unter Führung der slawischen Staaten. Die sind nicht doof. Die wollen Garantien und angemessene Mitsprache.
Bleibt die Frage wie China reagieren wird. Wir sind bereits in einem Klimakrieg.
Die 200 Familien werden alles tun, um eine Störung der Pläne zu verhindern.
“Alles” ist wörtlich gemeint.
Dieser “Kern des Monetarismus” hat nur ein Interesse, Position erhalten und vererben.
Also Hr. Nemschak lernen Sie schon mal Russisch oder lernen Sie griechisch.
Eins der beiden Szenarien wird uns “ereilen”.
vlg
Oudejans
7. Februar 2019 @ 09:48
>>”1914: Der Hegemon übergibt die Leitwährung an das FED System und sorgt mit dem Doppelweltkrieg…”
Okay Holly01, hätten wir d a s geklärt.
Peter Nemschak
5. Februar 2019 @ 16:38
Mittlerweile hat auch die südamerikanische Lima-Gruppe Guaido als Interimspräsidenten anerkannt. Es ist nicht nur der verhasste Trump. Die EU beginnt langsam geopolitisch aufzuwachen. Langfristig sind die USA der natürliche Verbündete der EU. Viel Auswahl was eine liberale pluralistische Demokratie betrifft, gibt es unter den Großmächten nicht. Auf Grund ihrer Struktur als Bund souveräner Staaten ist die EU auf einen strategischen Verbündeten angewiesen.