Fehlstart in die Europawahl
Diesmal sei alles besser vorbereitet als 2014, der Europa-Wahlkampf könne viel früher beginnen. So tönte CSU-Spitzenkandidat M. Weber Anfang Januar. Einen Monat später ist von Wahlkampf immer noch nichts zu sehen, auch die Umfragen verheißen nichts Gutes.
Die SPD könnte von 27 auf 15 Prozent abschmieren, meldete “Bild” am Wochenende. Auch die CDU müsste Federn lassen – statt 35 würde sie nur noch 30 Prozent der Stimmen einfahren.
Nun muss man “Bild” nicht glauben, oft ist schon die Umfrage politisch eingefärbt. Bis zur Wahl Ende Mai können die Parteien noch mobilisieren; eine EU-weite Kampagne zur Stimmabgabe läuft bereits.
Doch auch von Wahlkampf ist bisher nicht viel zu sehen. Weber ist nach ersten Auftritten in Brüssel und auf Zypern wieder in der Versenkung verschwunden, seine neue Homepage zeigt keinen einzigen aktuellen Termin an.
Der Sozialdemokrat Timmermans ist zwar schon auf Tour, zuletzt war er in Italien. Doch zumindest in Brüssel ist seine Botschaft kaum vernehmbar – hier muss er sich rechtfertigen, weil er noch aktiver EU-Kommissar ist.
Auch von der “grünen Welle” ist in der EU-Hauptstadt noch nicht viel zu sehen. Für größere Wahlkampf-Auftritte sei es noch viel zu früh, so die Spitzenkandidatin S. Keller. Man ist noch mit dem Brexit beschäftigt.
Tatsächlich überschattet der britische EU-Austritt schon jetzt die Europawahl. Wenn der Brexit verschoben wird, könnte er die Wahl zur Farce machen. Dann wüssten die Wähler nicht einmal, über welche EU sie entscheiden – die EU-27, oder die mit UK?
Aber auch wenn es beim Brexit am 29. März bleibt, dürfte bis dahin kaum Wahlkampf-Stimmung aufkommen. Und danach könnte sie gründlich verdorben sein – jedenfalls dann, wenn es ein “No Deal” wird, mit allen negativen Folgen.
Und warum machen die EU-Politiker nicht einfach jetzt schon Wahlkampf mit dem bzw. gegen den Brexit? Wieso locken sie nicht, warum drohen sie nicht, wieso verspricht keiner Alternativen oder Kompromisse?
Vermutlich, weil sich alle einig sind. Das Europaparlament hat den Austritts-Vertrag zwar noch nicht einmal ratifiziert. Doch daran noch zu rütteln, da sind sogar Linke und Grüne d’accord, komme nicht infrage…
WATCHLIST:
- Wird die EU-Kommission die geplante Bahnfusion von Siemens und Alstom verbieten, wie es die viel zitierten “Kreise” vorab melden? Oder drückt Wettbewerbskommissarin Vestager ein Auge zu, um die Bildung eines “europäischen Champions” oder gar eines “Airbus der Schienen” zu ermöglichen? Das Verdikt wird am Mittwoch erwartet. In Berlin und Paris werden schon die Messer gewetzt – ohne den Deal werde China profitieren, heißt es – wie neuerdings immer öfter…
WAS FEHLT:
- Eine selbstkritische Aufarbeitung des Venezuela-Debakels. Zwar ziehen jetzt die Medien über die EU-Außenpolitik her – sogar das “Handelsblatt” beklagt das “Scheitern” in der “Weltpolitik”. Doch die Ursache wird nur in Italien und im Einstimmigkeits-Prinzip gesucht – und nicht im Ultimatum und dem Vorpreschen Deutschlands und anderer EU-Staaten. Dabei liegt dort das Hauptproblem – mit Ultimaten, Drohungen und Sanktionen kommt eine “Soft Power” nicht weiter!
Bürgerrechtler
7. Februar 2019 @ 18:16
Och jetzt ist Macronchen empört über Italiens Einmischung in Frankreich Politik.
Da haben wohl einige EU-Herrschaften und Bürokraten vergessen, wie sie sich in die inneren Angelegenheiten von Griechenland während der Eurokrise eingemischt hatten.
Ich erinere mich noch sehr sehr gut daran, wie sich immer wieder nicht nur nichtgewählten von keinem Griechen demokratisch legitimierten führende Amtsträger von EZB, bis IWF bis hin sogar zu den Ratingagenturen sogar bei Verhandlungen direkt einmischten und mitverhandelten. Es ist unfassbar, was hier gerade in Europa abgeht. Die EU Bürokraten arbeiten mit Hochdruck eifrig daran die Demokratien in Europa abzuschaffen. Und nein nicht die Rechtspopulisten sind die größere Gefahr für die Demokratie in Europa, sondern demokratisch nicht legitimierte EU-Institutionen und EU-Behörden.
Den Banksterclub namens IWF hätte ich längst aus Europa rausgekickt und führenden IWF Funktionsträgern Einreiseverbote nach Europa erteilt und zur Personan non grata erklärt!
asisi1
7. Februar 2019 @ 10:14
Wer hier in Europa von Wettbewerb faselt, der muss ein Profiteur der vielen Subventionen sein!
Hier wird alles und jedes subventioniert. Siehe die dummen Windräder, siehe die Agrarwirtschaft usw.. Selbst 50% der Einwohner Deutschlands werden vom Staat subventioniert, weil eben dieser ihnen das eigenständige Leben ausgetrieben hat!
Erich Ganpöck
6. Februar 2019 @ 15:52
Nachdem die meisten EU-Politiker “links” stehen (auch wenn ihre Parteien das “Sozialisten” nicht in der Bezeichnung tragen) kneifen alle vor einer echten Beurteilung, was in Venezuela geschieht. Dass dort wieder einmal der reale Sozialismus scheiterte und in eine Diktatur mündete war vorauszusehen. Das liegt im Wesen des Sozialismus, der nur vorgibt, eine milde Form des Kommunismus zu sein. Nur konnte man das nicht zugeben; es waren doch auch Sozialisten. So hat man das übliche Märchen der Bedrohung Venezuelas durch die USA fleißig gepflegt. Erst in letzter Zeit wird versucht, Chavez und Maduro als “falsche” Sozialisten hinzustellen. Dass die EU auch hier völlig zahnlos ist wundert mich nicht.
Die Bahnfusion von Siemens mit Alstom ist tatsächlich verboten worden. Die Konzerne in China und den USA (vielleicht bald auch in anderen potenten Industriestaaten?) können sich wieder einmal freuen.
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 10:38
Muss die EU nicht “hard power” werden, um langfristig gegen die anderen hard powers eine Chance zu haben?
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 10:36
Wettbewerb ist nach wie vor der stärkste Korrekturmechanismus einer Marktwirtschaft. Wenn China nicht nach diesen Regeln spielt, muss es sanktioniert werden. Warum sollen wir uns von einem Gesellschaftssystem, das wir ablehnen, die Regeln aufzwingen lassen?