Eurogruppe außer Kontrolle – Die EU-Außenpolitik auch
Die Eurogruppe muss dringend reformiert werden, fordert „Transparency International“ in einer neuen Studie. Nötig sei vor allem mehr demokratische Kontrolle – doch die Chancen stehen schlecht.
Unter dem neuen Vorsitzenden Mario Centeno – einem Portugiesen – tritt die Eurogruppe zwar nicht mehr so rigide auf wie auf dem Höhepunkt der Eurokrise. Doch an den Grundproblemen habe sich nichts geändert, heißt es in der Studie.
Die Finanzminister treffen sich hinter verschlossenen Türen, sie fühlen sich vor allem den eigenen Steuerzahlern verpflichtet (und nicht den Krisen-Ländern, über die sie entscheiden) – und sie sind auf EU-Ebene niemandem rechenschaftspflichtig.
Selbst das europäische Parlament ist außen vor. Aber auch kleine Eurogruppen-Länder haben das Nachsehen – vor allem, wenn sie wie zuletzt Griechenland, von Finanzhilfen abhängig sind.
Dies sei vor allem auf das Einstimmigkeits-Prinzip zurückzuführen, heißt es in der Studie. Es führe zu einem enormen Gruppenzwang, der durch den Druck der Finanzmärkte noch verstärkt werde.
Nur Deutschland und Frankreich hätten die nötigen Ressourcen, um Entscheidungen gut vorzubereiten und auch durchzusetzen. Berlin gab während der Eurokrise auch den Ton an.
Doch wie ließe sich die Eurogruppe reformieren? Der letzte Versuch, den Frankreichs Staatschef Macron unternommen hat (er wollte einen Finanzminister und ein Euro-Parlament), ist im Sande verlaufen.
„Die Eurogruppe hat bei ihrem Treffen im Dezember geschlagene 19 Stunden gebraucht, um sich auf einige kleine Reform-Schrittchen zu einigen“, kritisiert Leo Hoffmann-Axthelm, der die Studie koordiniert hat.
Das zeige, wie schwer sich die Euro-Finanzminister mit Reformen tun. Die TI-Experten setzen nun auf einen permanenten, hauptamtlichen Vorsitz für die informelle Runde, die im EU-Recht gar nicht existiert.
Dies würde nicht nur die Transparenz und Zurechenbarkeit der Entscheidungen erhöhen. So ließen sich auch Interessenkonflikte vermeiden. Doch selbst dieses Minimalprogramm steht derzeit nicht auf der EU-Agenda…
Mehr zur Eurogruppe hier
WATCHLIST:
- Nach den “Gelbwesten” machen nun auch die französischen Gewerkschaften mobil. Sie haben den 5. Februar zum Aktionstag für höhere Löhne und soziale Gerechtigkeit erklärt. Allerdings wollen die Arbeitnehmer-Vertreter nicht unbefristet in den Ausstand treten, wie die “gilets jaunes”. Zudem treten die Gewerkschaften nicht geschlossen auf. Bahnt sich da eine neue Bruchlinie an, die die geschwächte französische Linke noch mehr spaltet?
WAS FEHLT:
- Das außenpolitische Debakel der EU. Die Außenminister konnten sich nicht nur nicht auf eine gemeinsame Haltung zu Venezuela einigen – Italien blockierte eine Erklärung, auch Belgien, Finnland und Schweden scherten aus. Ärger gab es auch bei einem Treffen mit der Arabischen Liga, weil Ungarn und Polen sich weigerten, auch die Migration anzusprechen. Seien Sie also auf der Hut, wenn es heißt, “die EU” wolle dieses oder jenes. Guaido wird nicht von “der EU” anerkannt! Mehr hier
Peter Nemschak
5. Februar 2019 @ 20:47
Die Alternative ist eine Währungsunion mit Regeln, auch wenn sie nicht allen gefallen. In Notfällen, wie bei der letzten Finanzkrise, haben die Staaten ad hoc eine Lösung getroffen. Eine Währungsunion mit Budget und Finanzminister setzt einen Bundesstaat mit Finanzausgleich voraus. Diesen will nur eine Minderheit in der EU haben, jedenfalls nicht jene Mitglieder zu deren Lasten er geht. Daher bedarf es Alternativen, um die heutige Währungsunion zu erhalten. Eine Teilung der Staatsschulden in vorrangige und nachrangige wäre eine Möglichkeit, um einen Finanzausgleich entbehrlich zu machen. Warum sollen die Steuerzahler eines Landes einem Finanzausgleich zustimmen, wenn sie im Empfängerland nicht entscheiden können, wofür ihr Geld ausgegeben wird? Wir sollten uns von illusionären Lösungen verabschieden statt sie ständig den Menschen aufzwingen zu wollen. Das schafft nicht Solidarität sondern Unfrieden. Respektieren wir doch den Willen der Bürger, auch jener in Ländern, zu deren Lasten ein Finanzausgleich gehen würde.
Holly01
6. Februar 2019 @ 11:29
Es gibt keinen Finanzausgleich. Ist das so schwer zu verstehen?
In einem harmonisierten Finanzraum, gibt es keine Unterschiede, die man ausgleichen müsste.
Da gibt es nur Einzelkonten und die öffentlichen Konten laufen über Agenturen.
Vorbei Tom Dully, keine Hebel für Investoren 🙂
Die Angriffsflächen sind dann weg …
vlg
Peter Nemschak
6. Februar 2019 @ 13:24
Im amerikanischen Bundesstaat gibt es sehr wohl einen starken Finanzausgleich zwischen Bund und Gliedstaaten.
Baer
5. Februar 2019 @ 17:57
Wer immer noch an redliche ,für die Menschen arbeitende Politiker glaubt,dem ist nicht mehr zu helfen.
In der Politik zählt ausschließlich Macht,danach Geld(natürlich zum eigenen vorteil),und wenn dann noch etwas Zeit bleibt,ja dann vielleicht kommen die Interessen des Volkes.
Kein Politiker,der noch Karriere machen will ,wird sich gegen die Partei stellen,geschweige denn eine gute Idee vom politischen Gegener unterstützen,denn ,wenn es nicht von ihm kommt,dann hilft es ihm auch nicht auf der Leiter nach oben.Also wird er alle Argumente gegen eine gute Idee zusammensuchen um nicht zustimmen zu müssen.
So geht Politik,und das bezieht sich auch auf unsere Wahlstimme,denn was wir wählen ist unerheblich,denn der Wille des Volkes spielt bei politischen Entscheidungen nicht die geringste Rolle.
Peter Nemschak
5. Februar 2019 @ 16:47
Was soll ein EU-Finanzminister tun? Realistischerweise werden die Steuerzahler in den strukturstärkeren (Zahler)Ländern die Kontrolle über ihre Ausgaben behalten wollen, da sie keinen Einfluss auf die Finanzpolitik der (Nehmer)länder haben. Es kann nicht funktionieren, dass ein Land eine Finanzpolitik verfolgt, die dazu führt, dass es in Zukunft Finanzhilfen benötigt, ohne dass die (Geber)Länder etwas dagegen unternehmen können. Bezeichnenderweise erfolgt der Ruf nach mehr Demokratie stets von jenen, die finanziell etwas erhalten wollen und nie von jenen, denen etwas abverlangt wird.
ebo
5. Februar 2019 @ 18:32
Haben Sie schon mal einen Währungsunion ohne Budget und ohne Finanzminister gesehen?
Kleopatra
6. Februar 2019 @ 10:21
Sie berichten täglich über eine “Währungsunion ohne Budget und Finanzminister”! Aber wenn Sie historische Beispiele suchen: die Lateinische Münzunion (die den Goldfranc als internationale Währung etabliert hat) funktionierte natürlich ohne gemeinsames Budget und Finanzminister. Was allerdings auf die Feststellung hinausläuft, dass die Europäische Währungsunion dieselben Probleme hat wie der Goldstandard des 19. Jahrhunderts.
ebo
6. Februar 2019 @ 12:43
Eben. Der Goldstandard ist gewiss kein Modell für das 21. Jhdt.
Karl Otto
5. Februar 2019 @ 09:48
Die Korruption mit all seinen Facetten sollte an erster Stelle in der EU bekämpft werden.
Auch in reichen EU Ländern ist es unverständlich für die normalen Bürger, dass die Mächtigen immer stärkereren Einfluss auf die Justiz und die Politik nehmen, vorallem in einem kleinen reichen EU Land ist es einfach für eng zusammenarbeitende Machenschaften die auf Teufel komm raus zusammenhalten, und nur beseitigt werden können wenn der ganze Schwindel auffliegt. Leider fehlt der Mut zur Aufkärung weil oft diejenigen die zur Aufklärung beitragen könnten plötzlich eine langersehnte Beförderung bekommen die falls das Leben Ihnen noch was wert ist nicht verweigert werden kann.