30 Shades of (No) Brexit – Außenminister planen Infokrieg

Nach einer wenig ergiebigen Konsultation mit den anderen Parteien will die britische Premierministerin May am Montag einen “Plan B” für den Brexit präsentieren. Was man in Brüssel so hört, ist alles andere als vielversprechend.

Nach einem Telefonat mit Kommissionschef Juncker und Ratspräsident Tusk hieß es, May sei von ihren “roten Linien” keinen Millimeter abgewichen. Sie will also weiter keine Zollunion und immer noch keinen Backstop für Irland.

Stattdessen prüft May offenbar, das Problem der irischen Grenze in direkten Gesprächen mit Dublin zu klären. Doch die Regierung ist Irland lehnt das ebenso ab wie einen bilateralen Vertrag mit London.

Was bleibt, sind 30 Shades of Brexit – jede Menge Grauzonen und Spekulationen, in denen sich auch die deutsche Presse ergeht. Allein zur möglichen Verschiebung der Austrittsdatums im März 2019 liest man mindestens vier Varianten.

Das geht von Mitte Mai (also noch rechtzeitig vor der Europawahl) über Ende Juni (also noch vor der Konstituierung des neuen Europaparlaments) bis Ende Dezember 2019 oder sogar Ende 2020.

Besonders kreativ ist die FAZ. Sie spekuliert, die mit der EU vereinbarte Übergangszeit könne auch ohne Brexit am 29. März beginnen und für Verhandlungen mit London genutzt werden – bis zum 31.12.2020.

Mindestens genauso viele Varianten gibt es bei der Frage, welches Modell sich London für die künftigen Beziehungen mit Brüssel aussuchen könnte. Das reicht von Norwegen und Kanada über Schweiz und Türkei bis Ukraine.

Jedes Vorbild hat seine Haken und Ösen, die EU-Verhandlungsführer Barnier in seiner berühmten “Barnier-Treppe” aufgezeigt hat. Selbst für die Zollunion, die Labour-Führer Jeremy Corbyn anstrebt, gibt es diverse Varianten.

Allerdings stiften nicht nur die Briten Verwirrung. Auch die deutsche Politik ist Brüssel und Barnier in die Parade gefahren – mit einem “Liebesbrief”, in dem UK zum Verbleib in der EU aufgefordert wird.

Der Brief, den u.a. die CDU-Chefin AKK unterzeichnet hat, nimmt jeden Druck von den Briten – nachdem der Austrittsvertrag sehenden Auges vor die Wand gefahren wurde. Honni soit qui mal y pense…

WATCHLIST:

  • Am Montag wollen die EU-Außenminister neue Maßnahmen gegen “Desinformation” auf den Weg bringen. Im Fokus steht dabei mal wieder Russland – dabei ist es fast unmöglich, von außen gleichzeitig auf die 27 EU-Länder und ihre je unterschiedlichen nationalen Wahlkämpfe Einfluss zu nehmen. Fake News, wie sie neuerdings auch aus UK, Ungarn oder Frankreich kommen, sind dagegen nicht im Visier der Außenminister – die befassen sich nur mit “externen Bedrohungen”!

WAS FEHLT:

  • Die umstrittene EU-Copyrightreform. Am Freitag konnten sich die EU-Mitgliedsstaaten nicht über die Einführung von Uploadfiltern und eines “Leistungsschutzrechts” einigen, meldet die “Piratenpartei”. “Diese Wendung bedeutet noch nicht das Ende von Uploadfiltern. Es ist aber ein ganzes Stück unwahrscheinlicher geworden, dass die Verhandlungen noch vor den Europawahlen zu einem Abschluss kommen.”, freut sich die Europaabgeordnete J. Reda.