Warum die Rechten gewinnen
Die Rechtsnationalisten in Europa sind weiter auf dem Vormarsch. In Frankreich, Großbritannien und in den Niederlanden könnten sie sogar als Sieger aus der Europawahl hervorgehen, hieß es bei einer Fachtagung in Köln. Schuld daran ist nicht nur die Eurokrise.
Was haben G. Wilders, M. Le Pen und N. Farague gemein? Die Führer der niederländischen Freiheitspartei, des französischen Front National und der britischen UKIP stürmen in den Umfragen nach vorn.
In Frankreich und UK könnten sie bei der Europawahl die regierenden Parteien schlagen. In den Niederlanden könnten die Rechts-Populisten sogar Platz eins belegen, berichteten Experten auf einer Fachtagung der Bundeszentrale für Politische Bildung.
Beflügelt werden alle drei Anti-EU-Parteien von der Wirtschaftskrise, der sozialen Unsicherheit infolge der Austeritätspolitik sowie dem Gefühl wachsender „Überfremdung“ durch die Immigration. So weit, so bekannt.
Doch es gibt auch andere, weniger bekannte Faktoren. So wiesen die Experten auf die wachsende soziale und wirtschaftliche Ungleichheit hin, die Ressentiments schüre.
Der globalisierte, grenzen- und hemmungslose Kapitalismus zeigt sein wahres Gesicht – und davon profitieren offenbar vor allem Nationalisten und Faschisten.
Auch der Konformismus der etablierten Parteien, die in die „Mitte“ streben und kaum noch unterscheidbar sind, spielt eine Rolle. Wilders habe einen “Fun Faktor” und knacke Tabus, hieß es in Köln.
Alarmierend ist aber vor allem, dass Le Pen und Farague längst nicht mehr allein am rechten Rand des bürgerlichen Lages nach Stimmen fischen.
Sie sind vielmehr vor allem bei Arbeitern und Abeitslosen erfolgreich. Die Nationalisten werden zu (un)heimlichen Arbeiterführern, seit die Sozis ihre klassische Klientel im Stich gelassen haben.
Gleichzeitig passen sich die bürgerlichen, gemäßigt-rechten Parteien immer mehr an die rechten Demagogen und ihren populistischen Diskursen an.
Vor allem beim britischen Premier Cameron ist dies offensichtlich: Sein Anti-EU-Kurs und seine Rhetorik gegen bulgarische und rumänische Einwanderer folgen der UKIP-Propaganda.
Der Trend sei kaum noch zu stoppen, hieß es in Köln. Bei der Europawahl dürften die Rechten daher wohl Fraktionsstatus erlangen.
Ein Gutes hätte dies immerhin: Sie könnten sich nicht mehr als Opfer präsentieren und müssten Farbe bekennen…
Siehe auch “Vormarsch der Rechten” sowie meine aktuelle Umfrage
photo credit: Gueоrgui via photopin cc
Jaquento
19. März 2014 @ 13:11
Vermutlich weil man in Brüssel noch nicht auf die russiche Agitprop aus dem Staatsfunk hört wie es Putinversteher hierzulande tun.
Manuel Müller
18. März 2014 @ 17:40
Nun ja… Blickt man auf die Wahlumfragen, fällt der zu erwartende “Sieg” der Rechten nicht ganz so beeindruckend aus. Die gemäßigt-europaskeptische nationalkonservative ECR-Fraktion (britische Konservative, polnische PiS etc.) werden nach Stand der Dinge etwa 15 ihrer 56 derzeitigen Abgeordneten verlieren. Auch wenn sich ihnen die deutsche AfD (nach jetzigen Umfragen bei ca. 6-7 Abgeordneten) anschließen wird, wäre die Fraktion damit schwächer als vorher.
Nicht viel besser ist die Lage bei Nigel Farages UKIP und seiner rechtspopulistischen EFD-Fraktion: Ihr sagen die Umfragen statt bisher 32 nur noch 25 Abgeordnete (und damit womöglich den Verlust des Fraktionsstatus) voraus.
Die Einzigen, die wirklich gewinnen, sind die radikalen Rechten, die bislang 20 fraktionslose Abgeordnete hatten. Im neuen Parlament könnten es 35-40 sein, was für eine eigene Fraktion genügen würde (erst recht, wenn dazu noch die Reste der EFD kommen).
Insgesamt wird sich das europaskeptisch-rechte Lager bei der Europawahl also radikalisieren, aber zahlenmäßig nicht stärker sein als bisher. Die eigentlichen Gewinner der Europawahl werden – den Umfragen zufolge – vielmehr Sozialdemokraten, Linke und die “sonstigen Fraktionslosen” (also neu gegründete Parteien, die sich keiner politischen Richtung klar zuordnen lassen, z.B. das italienische M5S oder die tschechische ANO) sein.
Quelle für die Umfragedaten: http://foederalist.blogspot.de/p/blog-page.html
fufu
18. März 2014 @ 11:02
Viele Buerger, und keinesfalls nur rechtsnationale, stehen der Politik der EU ablehnend gegenueber. Eine Moeglichkeit zur Einflussnahme ueber die etablierten Parteien oder Volksabstimmungen haben sie nicht. Die Position der Linken gegenueber der EU ist aufgrund ihres traditionellen idealistischen Internationalismus ambivalent. Die einzige echte Alternative stellen die rechten Parteien dar.
Ich moechte in diesem Zusammenhang auf den franzoesischen Oekonomen Jacques Sapir verweisen, dem man aufgrund seiner Vergangenheit rechtsnationale Neigungen kaum unterstellen kann (obwohl man dies jetzt tut), der Winston Churchill in Bezug auf Stalin zitiert .”Wenn Hitler die Hoelle angreifen wuerde, wuerde ich zumindest den Teufel im Unterhaus lobend erwaehnen”. Er fuegt aber hinzu “Marine Le Pen ist nicht der Teufel”.
Meinereiner
18. März 2014 @ 10:45
Die Rechten sind doch eben erst durch die EU geadelt worden. Ich verstehe die Unterstützung und das Hofieren der Faschisten in der Ukraine indirekt als Wahlaufforderung für die Europawahl. So schlecht können die gar nicht sein wenn halb Europa sich mit denen fotografieren lässt.
ebo
18. März 2014 @ 10:47
Psst, das ist in Brüssel tabu, hier spricht NIEMAND über die ukrainischen Nationalisten und Faschisten… genauso wenig wie über unsere hausgemachte rechte Brut, by the way
Claus
18. März 2014 @ 10:07
Sicherlich kommt auch die Enteignungspolitik der EZB hinzu. Die durch Niedrigzinsen den Rentner und Sparer enteignet. Durch den ESM die Banken rettet auf dem Rücken der Bürger. Bestes Beispiel Griechenland, wo die Finanzämter rigoros Konten pfänden und Wohnungen räumen lassen. Dank den Vorgaben von Eu, EZB, und IWF.