Unsere neue Reservearmee

Immer mehr Menschen in der Eurozone sind arbeitslos. Rund 19 Mill. waren es im Februar – und damit fast 2 Mill. mehr als ein Jahr zuvor. Wäre das in den USA passiert, würden die Börsen absacken. Doch Euroland sind seine Arbeitslosen schnurz – dabei hat die die Jobkrise weitreichende Folgen, auch für Deutschland.

Es ist schon traurige Routine: Monat für Monat melden die Statistiker neue Höchstzahlen vom Arbeitsmarkt. Und jedesmal vertröstet die EU-Kommission die Betroffenen damit, die Reformen würden wirken, ab 2014 werde es aufwärts gehen.

Dabei sagt sie das schon seit 2 Jahren, alle Prognosen waren falsch. Irreführend sind auch die Kriterien, an denen in der Eurozone wirtschaftspolitischer Erfolg oder Misserfolg bewertet wird (siehe „Rehn rechnet falsch“).

Alles dreht sich um die Defizitzahlen und um die Spreads an den Anleihemärkten. Die Arbeitslosenrate hingegen ist (wie das Wachstum) nur eine abgeleitete Variable ohne wirtschaftspolitische Bedeutung.

Wenn die USA schlechte Arbeitslosenzahlen melden, geht es sofort weltweit an der Börse auf Talfahrt. Die Fed richtet ihre Geldpolitik sogar nach einem Beschäftigungsziel aus. Euroland ist all das gleichgültig.

Gleichgültig ist den EU-Granden auch die riesige Reservearmee, die mit den bald 20 Mill. Arbeitslosen heranwächst. Dabei hat sie zwei wichtige wirtschaftspolitische Konsequenzen.

Zum einen schwächen die Arbeitslosenheere die Gewerkschaften und helfen, die Löhne in Südeuropa weiter zu drücken. Von echter Sozialpartnerschaft kann in Zeiten der Depression keine Rede mehr sein.

Zum anderen stellt die neue Reservearmee tausende und abertausende Arbeitskräfte für den (noch) prosperierenden Norden bereit. Wieder ist es vor allem Deutschland, das davon profitiert.

Just in dem Moment, wo uns die Lehrlinge ausgehen und die Facharbeiter vergreisen, kommen hochmotivierte Mitarbeiter aus Spanien, Portugal oder Griechenland nach Deutschland.

Berlin lockt die Reservisten nicht nur aktiv an, sondern bietet ihnen auch noch Deutschkurse, damit sie bleiben. So wird der Süden doppelt geschädigt: durch die Krise – und den Verlust ihrer besten Leute…