“Europa bleibt anfälliger”
Noch eine schlechte Meldung aus der Finanzwelt: Entgegen aller Prognosen fällt die wirtschaftliche Erholung in Europa schwach aus; beim jüngsten Börsencrash war die EU erneut anfälliger als die USA.
Das meldet die britische “FT”. Der Stoxx 600 Börsenindex in Europa fiel in den letzten Woche um 12 Prozent, der amerikanische S&P 500 dagegen nur um 8,3 Prozent. Deutschland macht keine Ausnahme.
Na und, es geht ja nur um die Börse, könnte man meinen. Doch auch Kurse der Banken gaben stärker nach als in den USA; selbst Giganten wie die “Deutsche Bank” kamen ins Wanken.
Offenbar haben weder die Finanzmarktreformen noch die Bankenunion noch der neue Investitionsfonds die Schwächen ausgleichen können. Das liege an den “dysfunktionalen politischen Institutionen”, ätzt die “FT”.
Jetzt muss nur noch eine neue Krise kommen, z.B. aus Großbritannien. Die Brexit-Angst nimmt kurz vor dem EU-Gipfel jedenfalls spürbar zu… – Mehr zum Brexit hier
Hartmut Lau
18. Februar 2016 @ 20:15
Es ist jedem denkenden Menschen bewusst, dass das aktive Spielen in einem Spielcasino Risiken birgt. Es heisst nicht umsonst: die Bank gewinnt immer…
Die Boersen sind Institutionen, wo Hoffnung gehandelt wird. Nur mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass bei dem jetzigen Rechtskonstruckt der Boersen, die Bankenverluste dem Steuerzahler auferlegt sind.
Das ist staatlich legalisierter Raub.
Wir sollten uns daran erinnern, wie vor ein paar Generationen in Holland die Tulpenspekulation von der Regierung behandelt wurde.
Damals haben die Verlierer vom hollaendischen Staat Schadenersatz beantragt, mit dem Ergebnis, dass dafuer nicht der Staat, sondern die Betroffenen den Psychater aufsuchen sollten.
Eine weise Entscheidung.
Claus
17. Februar 2016 @ 09:16
Die Börsenindizes in direkten Zusammenhang zu bringen mit der Realwirtschaft erscheint nicht mehr sehr sinnvoll zu sein, seitdem wegen der Niedrigzinspolitik und damit dem Fehlen alternativer Anlagemöglichkeiten wie Anleihen oder Festgeld die Indizes künstlich aufgepumpt wurden. Außerdem scheint der Stoxx 600 höher aufgepumpt zu sein als der S&P 500. Aber, wie immer im Leben, irgendwann entweicht die Luft aus der Blase, manchmal langsam, manchmal mit einem Knall.
Peter Nemschak
17. Februar 2016 @ 09:31
Kurzfristig gebe ich Ihnen recht. Nur ewig können sich die Börsenindizes von der realwirtschaftlichen Gewinnentwicklung nicht abkoppeln.. Dann kommt es eben zu mehr oder minder abrupten Korrekturen, die ihrerseits wieder (unerwünschte) Rückwirkungen auf die Realwirtschaft haben. Auch in der Wirtschaftspolitik gibt es keine Medizin ohne unerwünschte Nebenwirkungen. Was letztere betrifft, wissen Arzt und Apotheker besser bescheid als Ökonomen.
GS
17. Februar 2016 @ 14:32
Für sonderlich aufgepumpt halte ich die Indizes nicht, weil sie eben gerade nicht die gesamte Volkswirtschaft repräsentieren, sondern eben nur die größten börsennotierten Konzerne, die womöglich ganz anders (z.B. deutlich exportlastiger) aufgestellt sind als der Durchschnitt der Unternehmen. Die Zahlen für den Stoxx habe ich jetzt nicht im Kopf, aber gemessen am KGV sind weder Dax noch S&P besonders teuer. Kein Wunder, denn z.B. der Dax-Kursindex steht jetzt wieder deutlich unter seinem Hoch aus dem Jahr 2008, die Gewinne der Dax-Unternehmen sind aber im Schnitt höher. Das wird eben gerne übersehen, dass die Geschäfte vieler Indexunternehmen in den letzten Jahren einfach prächtig gelaufen sind. Was nicht heißt, dass der Dax nicht trotzdem einbrechen und tief fallen kann, denn mit solchen fundamentalen Argumenten kommt man halt nur auf lange Sicht weiter.
Peter Nemschak
17. Februar 2016 @ 08:32
Womit die FT nicht unrecht hat. Die Konstruktion eines Staatenbundes mit Mehrebenengovernance ist strukturell gegenüber einem föderalen Bundesstaat im Nachteil. Die von manchen erträumte Transferunion wäre in einem Bundesstaat Europa realisierbar. Nachdem so viele Bürger nach mehr Demokratie rufen, wäre es an der Zeit, genuin europäische Parteien mit einer gesamteuropäischen Agenda zu gründen. Wie teuer und ineffizient das jetzige System ist, lässt sich am Thema Verteidigung zeigen, wo auf Grund der Vielzahl an Einzelstaaten unnötig riesige Summen verschwendet werden, die anderswo fehlen.