Die Populisten verlieren – nicht
Österreich, Holland, Frankreich: Überall scheinen die gefürchteten “Populisten” zu verlieren. Doch dieser Eindruck täuscht. Die EU-Gegner legen zu – und sie prägen die Agenda, auch in Berlin.
Es war nicht anders zu erwarten: Nach dem ersten Wahlsieg von E. Macron atmen die Anhänger des “Weiter so in EUropa” auf. Die “Populisten” kommen nicht durch, behaupten sie – zum Beispiel in der “SZ”:
“Nach Le Pens Ergebnis gilt: Die rechtspopulistische Welle in Europa ist gebrochen. Wie bei der Präsidentschaftswahl in Österreich und der Parlamentswahl in den Niederlanden bleiben auch die französischen Rechtspopulisten hinter den eigenen Erwartungen zurück.”
Schön wär’s. Doch die Wahrheit sieht anders aus. Sowohl in Österreich als auch in Holland haben die Rechtspopulisten, die in Wahrheit ordinäre Nationalisten sind, mehr Stimmen eingefahren als je zuvor.
“Wilders wurde nicht gestoppt, sondern kopiert”
In Frankreich zeigt sich dasselbe Bild. Noch nie war der “Front National” so stark wie heute. Diesmal stimmten 7,6 Millionen Franzosen für Le Pen, vor allem Arbeiter und “einfache Leute” wählen FN.
Mag sein, dass es für den Endsieg in zwei Wochen nicht reicht (ich hoffe es). Doch es hat schon jetzt gereicht, um die Stimmung im Land zu verändern. Genau wie in Österreich und in den Niederlanden.
In Wien und Den Haag haben die “gemäßigten”, “europafreundlichen” Parteien längst die Rhetorik, teils sogar die Politik der “Rechtspopulisten” übernommen. “De Correspondent” formuliert es so:
“Right-wing, anti-Islam populist Geert Wilders is this election’s real winner. The Dutch Donald Trump wasn’t stopped, he was copied.”
Auch in der EU hat sich die Agenda verändert. Seit dem Sieg der Nationalisten in UK und dem Brexit stehen der “Schutz der Außengrenzen”, die Eindämmung der Migration etc. oben auf der Tagesordnung.
Deutschland, wo die Rechten vergleichsweise schwach sind, hat das nicht verhindert, im Gegenteil: Kanzlerin Merkel hat sich an die Spitze der Bewegung gesetzt und die Abschottung vorangetrieben.
Unter Verweis auf die “neue Stimmung” in UK und in der EU haben Merkel und Finanzminister Schäuble zudem verhindert, dass die EU den überfälligen Sprung zur sozialen und demokratischen Union macht.
Berlin instrumentalisiert die Rechten
“Mehr Europa” ist zum Schimpfwort geworden, der Erfolg der Rechten wurde für ein anderes, kälteres EUropa instrumentalisiert. Nur an der neoliberalen Politik hat sich nichts geändert.
Dabei ist es genau diese Politik, die den “Populisten” zum Erfolg verhilft. In UK und in den USA ist dies nicht mehr zu übersehen, doch in der EU will man es einfach nicht wahrhaben…
Siehe auch “Warum die Rechten gewinnen” (von 2014!)
Art Vanderley
26. April 2017 @ 21:07
Treffender Artikel.Deutschland hält die eigenen Rechten klein, fördert sie aber in Europa, völlig richtig.
Und Migration bestimmt weiterhin das Feld und das wird weiter zunehmen. Dagegen könnte etwas getan werden, aber das wollen vor allem die meisten Linksliberalen nicht.
Migration ist eigentlich ein ganz normales Thema, das differenziert diskutiert werden sollte, inkl. der eigentlichen Binse, daß es natürlich Probleme mit Migranten geben kann und daß der Teufel auch bei diesem Thema im Detail liegt.
Stattdessen geht es munter weiter mit Denk-und Sprechverboten, das scheint sogar noch zuzunehmen, vor allem in vermeintlich liberalen Teilen des Netzes.
Es werden nur zwei Möglichkeiten angeboten, die unkritische Akzeptanz der vorherrschenden pc oder die rechte “Alternative”.
Dreimal darf geraten werden, wer von solchen Vereinfachungen profitiert, aber es wird wohl noch dauern, bis sich da was tut, bis dahin gilt “wer (liberal) nicht hören will, muß (rechtspopulistisch) fühlen”.
Ich glaube allerdings nicht wie hintermbusch, daß die Lösung in einem Bündnis mit Rechtspopulisten liegt, vielmehr sollten Linke und Liberale eigene Inhalte zur Migration entwickeln.
Oudejans
26. April 2017 @ 22:48
But they still need more heat.
Art Vanderley
27. April 2017 @ 21:16
So isses. Hoffentlich gibts keine Überhitzung.
Winston
25. April 2017 @ 19:16
Parti Socialiste 2012 vs. 2017
https://twitter.com/greglemarchand/status/856475990951899136
No comment.
Winston
25. April 2017 @ 19:03
Man kopiert Le Pen, Wilders aus Wahltaktischen Gründen, einmal an der Macht wirft man alles wieder über Bord.
Auch Mèlenchon mit seinem Plan A und B band viele Wähler die sonst für Le Pen gewählt hätten, nämlich die verlierer der Globalisierung und des Euros, die Mittelschicht, einfache Arbeiter und Angestellten. .
Plan A: EU reformieren, Austerität abschaffen
Plan B: Frexit, im falle das Plan B scheitert.
Mèlenchon ruft jetzt die Genossen auf für Macron zu Wählen. Ein Investmentbänker und beführworter der loi travail. Le Pens Agenda unterscheidet sich gross von der Mèlenchons, ausser die Ausländerfrage. Wieso unterstützt er jetzt Macron ?
Imho ein Gatekeeper.
Le Pen hat viele stimmen durch Mèlenchons Auftritt verloren.
Aber bis zum 7 Mai fliesst noch viel Wasser unter der Rhein Brücke. Abwarten.
julie
2. Mai 2017 @ 18:57
wo haben Sie das gelesen/gehört dass Melenchon zur Wahl von Macron aufgerufen hat? Das is t ja gerade die ganze Debatte in Frankreich warum er NICHT dazu aufruft sondern NUR gegen Le Pen mobilisiert?
kaush
25. April 2017 @ 18:22
“…Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Frankreich niemals eine multikulturelle Nation war und es niemals sein wird. Wenn es ein Risiko gibt, dass es so kommt, werde ich es bekämpfen, indem ich unserer Sprache ihre herausragende Bedeutung im Unterricht zurückgebe, indem ich alle ohne Nachgeben sanktioniere, die sich den Gesetzen der Republik und ihrer Praxis entziehen, indem ich unablässig an dem arbeite, was uns gemeinsam ist….
Den radikalen Islam zu bekämpfen ist keine Islamophobie: es ist das Minimum, das man von den politisch Verantwortlichen erwarten kann…”
https://hintermbusch.wordpress.com/2017/04/18/macron-ueber-seine-nation/
Diese Aussagen von Macron würde sicher auch Le Pen unterschreiben – und sie werden von den deutschen Qualitäts-Lückenmedien verschwiegen. Passt einfach nicht in die Propaganda-Linie.
Die gleiche Aussage von Le Pen: Großes Geschrei…
Deutschland steht am Abgrund. Das begreifen mittlerweile viele Menschen und wenden sich von den Multi-Kulti-Grünen ab:
“Die Umfragewerte für die Grünen fallen immer weiter. Sie erreichen nunmehr die niedrigsten Zahlen seit 15 Jahren. Die Grünen haben binnen eines Jahres die Hälfte ihrer Wählerschaft verloren.”
http://www.theeuropean.de/the-european/12130-bundestagswahl-2017–26
Der Abgrund an dem Deutschland steht, ist schlicht und ergreifend einfache Mathematik:
“…In the German case the important number here isn’t the country’s total population, currently 82 million. It’s the twentysomething population, which was less than 10 million in 2013 (and of course already included many immigrants). In that cohort and every cohort afterward, the current influx could have a transformative effect…”
https://www.nytimes.com/2016/01/10/opinion/sunday/germany-on-the-brink.html?_r=0
Von den weniger als 10 Mio. in-den-zwanzigern, haben schon viele einen Migrationshintergrund.
Und Merkel hat nochmal eben 2 Mio. Leute aus dem Nahen Osten und Nordafrika drauf gepackt. Junge Leute, überwiegend männlich.
Wie das unsere Gesellschaft verändert, kann man nicht nur an der Kriminalitätsstatistik sehen, aber auch da.
Wenn Politiker nicht darauf reagieren, sind sie weg vom Fenster. So einfach ist das.
So wird über Le Pen, oder Wilders, oder Gauland geschimpft – und dann kopiert man sie.
hintermbusch
25. April 2017 @ 10:59
Es ist ein veritables Einheitsdenken, das deutsche Politiker dazu zwingt, Macron zu bejubeln. Offensichtlich interessieren sie sich nicht wirklich für seine Aussagen:
https://hintermbusch.wordpress.com/2017/04/18/macron-ueber-seine-nation/
Denn dieselben Aussagen würden sie bei einer deutschen Konkurrenzpartei gnadenlos geißeln: “Deutschland war nie ein multikulturelles Land und wird es niemals sein”?
Dasselbe Phänomen sehen wir bei der Abschottungspolitik, die die Große Koalition inzwischen wieder praktiziert, und die auch Elemente enthält, die vor Jahresfrist nur von der AfD gefordert (und von allen anderen Parteien verdammt) wurden.
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Bonke, halte ich ein vernünftiges Maß von Abschottung für unausweichlich und auch für moralisch legitim. Der Nachschub an Einwanderungswilligen ist für europäische Größenordnungen unerschöpflich. Eine Politik der völlig offenen Türen würde den Kontinent ohne jeden Zweifel in Chaos und Gewalt stürzen. Die Europäer sind nicht verpflichtet, sich für andere zu opfern:
“Das Recht von der Einwanderung ohne Bremse, das dabei ist sich als europäische Ideologie zu konstituieren, die die Rechte der mobilen Ausländer, polnische oder mittelöstliche, über diejenigen der Landsleute stellt, die also die Bevölkerungen in einen Zustand der Unsicherheit versetzt, ist ein Anti-Humanismus, der sich hinter guten Gefühlen versteckt.”
https://hintermbusch.wordpress.com/2016/07/18/deutschland-im-manischen-modus/
Eine Linke, die sich nicht endlich ehrlich macht über die Notwendigkeit, zwischen legitimen Staatsbürgern, Einwohnern mit rechtmäßigem Aufenthaltstitel und Möchtegern-Einwanderern sehr klar und konsequent zu unterscheiden, wird zwischen dem Rechtspopulismus und einer autoritären Oligarchie, die Links- und Rechtspopulismus hemmungslos gegeneinander ausspielt, chancenlos zerrieben werden. Derzeit geht die Linke bereitwillig Bündnisse mit der Oligarchie ein, lehnt aber jeden Dialog und jeden Kompromiss mit dem Rechtspopulismus ab. Das ist eine völlig aussichtslose Strategie, bei der die Linke unweigerlich immer mehr zum Pudel der Oligarchie mutiert.
Ich behaupte nicht, dass eine andere Strategie leicht wird, aber ohne den Versuch dazu wird die Linke früher oder später völlig diskreditiert aus dem politischen Spiel herausfallen. Mélenchon hat also gute Gründe, mit einer Wahlaussage für Macron zu zögern. Er gehört zu den wenigen Linken, die einen Draht zu Volkes Stimmung und politisches Geschick besitzen.
Peter Nemschak
25. April 2017 @ 11:53
Was heißt Oligarchie? Die sogenannte Oligarchie vertritt jene Bürger, die aus der Globalisierung und dem technologischen Fortschritte Vorteile, zumindest keine Nachteile gehabt haben. Das ist nach wie vor die Mehrheit der Wahlberechtigten und gehört genau so zum Volk wie die Nachzügler. Der Druck von den politischen Rändern auf die Mitte wird dazu führen, dass den Nachzüglern mehr Augenmerk geschenkt wird. Wie dieses aussehen soll wird Teil der politischen Diskussion sein.
hintermbusch
25. April 2017 @ 12:34
Ich weiß, ich weiß, Einzelinteressen, die nicht mit guten Argumenten und ihrer einen Wahlstimme auf Politik Einfluss nehmen, sondern mit Geld und noch unwiderstehlicheren Mitteln, gibt es hierzulande nicht.
Gibt es nur in Brasilien, in der Türkei und in Russland. Jedenfalls nicht bei uns, wo alles (per definitionem) zum Besten bestellt ist. Deshalb haben wir hierzulande ja auch offziell sehr viel Angst vor islamistischen Terroristen und inoffiziell vor Ali Mustermann, aber überhaupt gar nicht vor Moscheen, die mit saudischem Geld finanziert werden, nicht wahr?
Oudejans
25. April 2017 @ 10:00
>>”Seit dem Sieg der Nationalisten in UK und dem Brexit stehen der “Schutz der Außengrenzen”, die Eindämmung der Migration etc. oben auf der Tagesordnung.”
Zum Glück ist der Atlantikwall solide gebaut, fast würde ich von weitsichtiger Bauvorleistung mit Blick auf kommende Erfordernisse sprechen. Mit Macron könnte man sogar über einen Mietnachlaß sprechen, solange die Bundeswehr in Mali steht, er braucht ja innenpolitische Erfolge.
Baer
25. April 2017 @ 09:45
Wer Politik nur im eigenen Interesse macht interessiert sich nicht für das Volk (in Deutschland “Bevölkerung) , deshalb ist Macron nicht die Lösung,sondern Teil des Problems.
Peter Nemschak
25. April 2017 @ 11:11
Wer ist das Volk vulgo Bevölkerun?