Dieser “soziale Pfeiler” ist ein Witz
Die EU soll einen “sozialen Pfeiler” bekommen. So haben es die 27 Chefs auf ihrem Jubelgipfel in Rom beschlossen. Doch der erste Entwurf der EU-Kommission ist ein schlechter Witz.
Die Brüsseler Behörde will nämlich – folgt man deutschen Presseberichten – nur ein paar unverbindliche Grundprinzipien festlegen. Außerdem soll es eine Art Sozial-Ranking für die EU-Staaten geben.
Doch greifbare Vorschläge – etwa zum Mindestlohn, oder zum Kündigungsschutz – sucht man vergebens. Nur die Elternzeit für Väter wird festgeschrieben – auf mindestens vier Monate.
Das ist ein schlechter Witz, wenn man die soziale Krise in vielen EU-Staaten anschaut. Sie trifft nicht nur Südeuropa, sondern auch immer mehr Menschen in Deutschland und in Frankreich.
In Frankreich sind sie Betroffenen gerade in Scharen zum “Front National” übergelaufen – also zu jener Partei, die Kommissionschef Juncker zum “Enemy Nr. 1” der EU ernannt hat.
Doch etwas zu unternehmen, das den Vormarsch des FN stoppen könnte, das traut sich Juncker dann doch wieder nicht. Meine Vermutung: Merkel war dagegen. Aber nun kommt ja Macron 🙂
Siehe auch: “Soziales Europa? So sieht es wirklich aus“
Peter Nemschak
24. April 2017 @ 22:01
Es gilt die richtige Mischung zwischen Anreiz und Abschreckung zu finden, d.h.die Chance auf soziale Mobilität zu erhöhen, gleichzeitig den Menschen nichts in den Schoß zu legen. Die Frage des Mindestlohns muss jedes Land für sich entscheiden. Das lässt sich nicht über einen Kamm scheren. Kündigungsschutz ist ein zweischneidiges Schwert- Flexibilität im Arbeitsmarkt.schafft Arbeitsplätze. Frankreich täte mehr Flexibilität gut. Als Ausgleich muss die Arbeitslosenversicherung verbessert werden. Im übrigen sind viele Maßnahmen national zu treffen und nicht Sache der EU.Die Bequemlichkeit für das Elektorat darf nicht politischer Maßstab für Reformen sein. Es geht um die Zukunft.
ebo
24. April 2017 @ 22:57
Das kann man so sehen, dann darf man es aber nicht “soziale Säule” nennen, sondern Flexomat.
Peter Nemschak
25. April 2017 @ 08:38
Das Recht auf Teilzeit ist eine zentrale Forderung der Frauen, die nach wie vor durch die Familienpflichten stärker als die Männer belastet sind, auch wenn sich das Rollenverständnis der Männer langsam ändert. Auf diesem Gebiet kann die EU sinnvolle Beiträge leisten. Sie soll nicht die in den Ländern unterschiedlich hohen Familiengelder der Mitgliedsstaaten bestimmen. Die Aufgaben der EU sind in allen Politikfeldern strukturell andere als jene der Mitgliedsstaaten. Dieses Verständnis sollte durch die Medien den Menschen klar gemacht werden. Die EU ist kein Feind sondern eine Ergänzung der Nationalstaaten. So gesehen ist Flexomat inhaltsleer, soziale Säule nicht, wenn man die Aufgaben der EU richtig begreift und die Staatengemeinschaft nicht mit einem Bundesstaat verwechselt. Wunschdenken ist l schädlich, weil es falsche Erwartungen weckt.
Oudejans
24. April 2017 @ 17:37
Die Flaschensammler in meiner Straße arbeiten weiter sorgsam und lautlos in mehreren Durchgängen jede Nacht. Einige stellen angesichts des Aufschwungs bereits auf größere Wagen um.
Mit den ersten Hochrechnungen letzter Nacht kam dort unten sogar regelrecht Kuchenstimmung auf.
Warum sollte das Geschäftsmodell nicht auch mit Weinflaschen funktionieren? KdF – Kraft durch Flaschen.
Von sozialer Krise keine Spur.
Manifesto
24. April 2017 @ 22:11
Schöne Anspielungen. Insbesondere das mit dem Kuchen gefällt mir.
Aber im ernst: Bei dem Gedanken daran, dass sich Leute durch Pfandsammeln Geld dazuverdienen müssen, kommt mir das Abendessen und ne gute Portion kalte Kotze hoch.
Man kann das eigentlich gar nicht glauben!