Zweifel am EU-Haftbefehl
Wenn es um Verhaftungen in Venezuela oder Russland geht, fordert die EU-Kommission ungefragt einen fairen Prozeß. Doch zum EU-Haftbefehl gegen Katalanen-Führer Puigdemont will sie trotz mehrfacher Nachfrage nichts sagen. Dabei sind Zweifel erlaubt.
Denn die spanische Justiz beruft sich auf Sachverhalte, die im europäischen Haftbefehl nicht vorgesehen sind. Vor allem die Puigdemont vorgeworfene “Rebellion” existiert im EU-Recht nicht, argumentiert E. Beni in “El Diario”.
There is a limited list of crimes to which the European Arrest Warrant applies. And, crucially, none of the three crimes Puigdemont is indicted for – rebellion, sedition and misuse of public funds – are on that list. The closest is misuse of funds, and even then the crime that is on the list is corruption, the EU definition of which doesn’t include the Spanish definition of misuse of funds.
Diese Einschätzung aus W. Münchaus “Eurointelligence” dürfte die belgische Justiz noch beschäftigen. Denn die muss nun erst einmal prüfen, oft der europäische Haftbefehl gültig ist. Das kann dauern.
Puigdemont kann nämlich Widerspruch einlegen und die Prozedur hinauszögern – insgesamt um bis zu 100 Tage. Das würde reichen, um die Neuwahl in Katalonien am 21.12. in Sicherheit abzuwarten.
Im Durchschnitt dauert es übrigens 48 Tage, bevor ein europäischer Haftbefehl trotz eines Widerspruchs ausgeführt wird. Im Jahr 2015 wurden zwar mehr als 16.100 europäische Haftbefehle ausgestellt.
Doch nur rund 5300 wurden tatsächlich vollstreckt. Das ist nicht einmal ein Drittel…
Siehe auch: “Das kommt mir spanisch vor“
@Oudejans harte Arbeit ist schlecht, weil neoliberal (was immer das heißen mag). Habe ich Sie richtig verstanden?
@der oekonomiker Sie scheinen meinen Befund, dass unsere Gesellschaft in zwei weltanschauliche Lager zerfallen ist, die einander wenig zu sagen haben und im besten Fall indifferent gegenüber stehen, zu bestätigen.
Im übrigen kann es keinen EU- sondern bloß einen belgischen Haftbefehl geben, ein Indiz dafür, dass die EU rechtlich mit dem Fall Puigdemont nichts zu tun hat. Politisch scheint sich die Aufregung unter den Bürgern der Mitgliedsländer in Grenzen zu halten.