Krisen außer Kontrolle – Kriegsgefahr in EUropa?
Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass in Brüssel Masochisten am Ruder sind. Innerhalb nur einer Woche haben die EU-Lenker zwei Krisen losgetreten, für die sie keine Lösung kennen. Womöglich gibt es gar keine.
Letzte Woche haben die EU-Chefs – gemeinsam mit T. May – die Chance verpasst, den Brexit unter Dach und Fach zu bringen. Auch ein Sondergipfel zum immer wahrscheinlicheren “No deal”-Szenario wurde abgeblasen.
Damit droht die existenzielle Krise um Großbritannien und Irland unbeherrschbar zu werden – und zwar sowohl in London, wo May schon regelrecht bekriegt wird, als auch in Brüssel, wo man immer noch keinen Plan B hat.
Als wenn man damit nicht schon genug hätte, hat die EU-Kommission nun auch noch Öl ins Feuer des Schuldenstreits mit Italien gegossen. Dass Brüssel den Budgetentwurf aus Rom ablehnen würde, war zwar zu erwarten.
Doch man hätte es nicht so schnell und so harsch machen müssen. Die Kommission hatte noch eine Woche Zeit, sie hätte auch auf die legitimen Wünsche aus Rom eingehen können – Stichworte Sozialpolitik und Wachstum.
Stattdessen: der Regel-Hammer. Wieder wird der Stabilitäts- und Wachstumspakt auf Stabilität verkürzt, erstmals zählen abstrakte Zahlenkonstrukte (“strukturelles Defizit”) mehr als konkrete Wahlentscheidungen.
Auch hier zeichnet sich keine Lösung ab. Stattdessen setzt Brüssel ein Ultimatum, das allenfalls geeignet ist, die Lunte an den Finanzmärkten mit einem Zeitzünder zu versehen. Und das will eine “politische Kommission” sein?
Es ist eine post-demokratische Kommission, die politische Lösungen nahezu unmöglich macht und die Rest-Demokratie in den Mitgliedstaaten systematisch aushebelt – so sieht es derzeit leider aus…
Siehe auch “Italien: Ohrfeige für den Souverän”
WATCHLIST:
- Steigt die Kriegsgefahr in EUropa? Oder bereiten sich die USA auf einen bewaffneten Konflikt mit China vor? Diese Fragen wirft die Kündigung des INF-Vertrags durch US-Präsident Trump auf. Zum Glück reagiert Russlands Zar Putin besonnen, er will Trump im November in Paris treffen. Bleibt zu hoffen, dass diesmal auch die EU mit am Tisch sitzt…
WAS FEHLT:
- Einsicht in die #Metoo-Pläne des Europaparlaments. Dessen Generalsekretär, der Deutsche K. Welle, habe die Offenlegung von Dokumenten blockiert, meldet der EUObserver. So wissen wir bis heute nicht, wieviele Frauen belästigt oder gar vergewaltigt wurden – und selbst Gegenmaßnahmen bleiben weitgehend im Dunkeln. Oder gibt es gar keine?
Stefan Frischauf
25. Oktober 2018 @ 08:26
Dass der Ball beim Brexit eher in der Hälfte des UK liegt und die 10 MPs der DUP und die Hardliner bei den Tories sich so das Runde zuschieben: da hat “MeineMeinung” sicher recht. Dass wir aber derzeit überall auch auf EU-Seite erstarrte Haltungen und 0-Verhandlungsstrategien haben, das zeigt der Umgang mit Italien. Und wenn solche Fronten aufeinanderstoßen, unterstützt durch Auftritte wie Boris Johnsons “Posing mit Spitfire” , also einem britischen Kampfflugzeug aus WK 2 kürzlich, dann gelangen wir schon zu “Kriegsrhetorik”. Oder, um hier nochmals Diego Fusaros Abwandlung von Clausewitz zu zitieren: „Die Politik heute ist nichts anderes als die Fortführung der Ökonomie mit anderen Mitteln“. (https://www.stefanfrischauf.com/heimat-3/)
MeineMeinung
24. Oktober 2018 @ 11:45
Können sich deutsche Journalisten sich nicht wenigstens minimal über den Sachstand in UK informieren können, bevor sie behaupten, dass die EU-Lenker daran Schuld seien, dass es in Sachen Brexit-Abkommen zu keiner Einigung gekommen ist? Für die Recherchefaulen eine kleine Aufklärung – schließlich ist es hilfreich die Fakten zu kennen, bevor man die Welt deutet…:
1. Die konservative May-Regierung ist auf die Unterstützung von 10 Nordirischen DUP-Abgeordneten angewiesen.
2. Die DUP-Abgeordneten haben vor dem letzten Rat in einer Parlaments-Abstimmung die Unterstützung der Regierung versagt und gleichzeitig angedroht, den Haushalt für UK abzulehnen, was sofortige Neuwahlen bedeuten würde. Die DUP würde dieses Mittel wählen wenn Frau May in einem Abkommen mit der EU Nordirland anders behandelt als Rest-UK. Damit wäre ein Backstop unmöglich.
3. Frau May kann also keinem Abkommen zustimmen, das ein grenzfreies Irland garantiert. Frau May hat keine andere Wahl als nach der Verabschiedung des Haushalts weiterzuverhandeln – also Ende November. Deshalb würde auch ein außerordentlicher Rat keinen Sinn machen. Daher haben die Briten alle Gespräche bis auf weiteres vertagt.
Im Anbetracht dieser Faktenlage zu behaupten, dass die EU-Lenker eine Krise lostreten ist mindestens falsch und hoffentlich keine bewusste Irreführung der Leser.
ebo
24. Oktober 2018 @ 12:20
Fragen Sie mal Herrn Röttgen von der CDU: https://de.reuters.com/article/deutschland-brexit-r-ttgen-idDEKCN1MR0JB
Georg Soltau
24. Oktober 2018 @ 11:08
Herr Röttgen ist und bleibt ein Opportunist.
Athanasios Papapostolou
24. Oktober 2018 @ 09:09
Dass der Journalist Eric Bonse mit Untergangsrhetorik und Übertreibungen spielt, scheint ihm nicht klar zu sein. Wer stur und durchweg “EUropa” schreibt und zusätzlich mit Begriffen wie “Post-demokratischer Kommission” kokettiert, sollte Vorsicht walten lassen um nicht selbst in einen Strudel von Halbwahrheiten und rechter Propaganda abzugleiten. Aus strategischen Gründen mag das nachvollziehbar sein um in sozialen Medien Aufmerksamkeit zu generieren aber ein wenig mehr Haltung, gerade heute, wäre doch angebracht. Für linke (?) Journalisten sollte trotz allem sachliche Aufklärung erste Pflicht sein!
ebo
24. Oktober 2018 @ 09:23
Schon mal Crouch oder Streeck gelesen? Ist Ihnen der Begriff “Exekutivföderalismus” ein Begriff? Auszug aus Wikipedia:
Athanasios Papapostolou
24. Oktober 2018 @ 09:39
Dann schreiben Sie das auch so. Über eine “enge Verzahnung zwischen der Zentralgewalt und den Regierungen” können wir gern sachlich diskutieren. Über “EUropa” und “Post-demokratischer Kommission” bin ich nicht bereit das zu tun. Sie scheinen darin nur semantische Unterschiede zu sehen. Und in den Kommentarspalten bei “Tichy Einblick” und “Achse des Guten” gibt es dazu sicher schon genug.
ebo
24. Oktober 2018 @ 12:17
Schade. Vielleicht lesen Sie das mal: https://www.cicero.de/aussenpolitik/europa-sprengt-sich-eigenhaendig/52638