Anti-Plastikstrategie mit Lücken
Ein grünes Signal aus Straßburg: Das Europaparlament hat mit großer Mehrheit für ein Maßnahmen-Paket gegen Plastikmüll gestimmt. Doch die neue Strategie hat Lücken.
Bei dem Plastik-Paket geht es nicht nur um Verbote, sondern auch um Hinweise zur Entsorgung und um Infokampagnen. Zudem sollen Hersteller künftig die Kosten für Reinigungsaktionen mittragen.
Die Mitgliedstaaten der EU sollen Ziele formulieren, um innerhalb von vier Jahren Produkte wie Lebensmittelverpackungen und Trinkbecher zu reduzieren.
Allerdings sträubten sich die Abgeordneten von CDU/CSU bis zuletzt dagegen, die Hersteller des Plastikmülls in die Pflicht zu nehmen; ein entsprechender Passus wurde gestrichen.
Zudem überraschte der CDU-Parlamentarier Liese mit einer Last-Minute-Initiative. Liese will Plastikballons ausnehmen – ein Verbot würde kurz vor der Europawahl nicht gut ankommen, meint er:
Aus meiner Sicht ist es völlig unverhältnismäßig den Menschen und insbesondere den Kindern den Spaß zu verderben. Besonders pervers am Vorschlag der Europäischen Kommission ist, dass die vorgeschlagenen Regeln nur für den privaten Verbrauch und nicht für den kommerziellen Verbrauch gelten. Die Begründung der Kommission ist, dass man der Industrie eher zutraut Verantwortungsvoll mit dem Produkt umzugehen. Ich halte die Begründung für völlig absurd und auch deshalb hoffe ich, dass das Parlament heute Mittag in der Abstimmung in unserem Sinne entscheidet.
Leider geht aus den ersten Meldungen nicht hervor, was aus Lieses Testballon geworden ist. Vielleicht wissen meine Leser mehr?
Bernd
28. Oktober 2018 @ 23:53
Mal ganz dumm in die Runde gefragt: Wie hoch ist eigentlich der Anteil der EU-Länder am Plastikmüll in den Meeren überhaupt? Ich habe den Verdacht, dass asiatische, amerikanische und afrikanische Länder erheblich mehr davon ins Meer lassen. In Deutschland sammeln wir doch Großteils brav den ganzen Mist und füllen ihn in gelbe Plastiksäcke, Flaschen werden von den Armen der Gesellschaft aus den Mülltonnen gefischt und gegen einen kleinen Obolus der Kreislaufabfallwirtschaft zugeführt… Wieso soll mein Müll angeblich trotzdem die Ozeane vergiften? Und was tun wir, wenn eigentlich andere Staaten das Problem verursachen und unsere Verbote daher null Effekt haben werden?
Erich Ganspöck
25. Oktober 2018 @ 10:23
Strohhalme und Watte(!)Stäbchen machen das Kraut wohl nicht fett. Ich erinnere mich noch an meine (jetzt schon sehr ferne) Jugendzeit wo meine Mutter im Milchgeschäft die Milch aus einem großen Bottich ins Kandl geschöpft bekam. Mehl und Reis wurden genauso in Papiertüten eingefüllt. Aber ist das die Zukunft? Wenn ich im Supermarkt den Menschen zuschaue, wie sie im Obst herumwühlen und die Früchte mit ihren Händen abgreifen – ist das die Zukunft? Muß ich die exklusiven Döllererwürstl (aus Rolling) am selben Tag essen und kann sie nicht vakuumverpackt aufbewahren, bis unsere Kinder zur Geburtstagsfeier kommen? Verbot von Wasser in Plastikflaschen und dafür Glasflaschen (heimlich nachgefüllt?? Ungereinigt??) im Urlaub?
Ich habe eben Bedenken, wenn sich die Realitätsfernen und Juristen in Brüssel daran machen, ein Gesetz zu machen, das alles rund ums Plastik erfasst. Erinnern wir uns noch an das Geschrei rund um die Glühbirnen und das Gebot, nur mehr sogenannte Energiesparlampen zu kaufen? Dass die voller Quecksilber waren, das sorgsam entsorgt werden muß, war diesen Juristen egal (wahrscheinlich mangels physikalischer Kenntnisse, wie schon derzeit bei den Datenermittlungen und Grenzwerten). Außerdem: wie können wir die Länder außerhalb der EU zwingen, diese Regeln anzuwenden??
Peter Nemschak
25. Oktober 2018 @ 13:24
Angesichts Ihrer berechtigten Kritik ist der Einfallsreichtum der Technik gefragt, der mit positiven und negativen finanziellen Anreizen, geweckt werden kann. Kompostierbare Materialien werden in Zukunft verstärkt Plastik ersetzen. Wenn der Einsatz von Plastik verboten oder verteuert wird, lässt sich mit zum Teil noch zu entwickelnden Alternativen gutes Geschäft machen. Man darf die Eigendynamik des technischen Fortschritts nicht unterschätzen.
Alexander
25. Oktober 2018 @ 09:53
Wer sich “die Umwelt” genauer anschaut, der kann nicht übersehen, dass überall Filter von Zigarettenkippen herumliegen. Bei einem Strandurlaub liegt man zum Beispiel zwischen diesen ekeligen Überbleibseln eines komplett überflüssigen und darüber hinaus sehr schädlichen Produktes! Wo bleibt ein EU-weites Verbot von Zigarettenfiltern?
Nur einer von unzähligen Links zu der Problematik:
https://www.zdf.de/dokumentation/planet-e/planet-e-gift-im-zigarettenfilter-100.html
Peter Nemschak
24. Oktober 2018 @ 15:36
In letzter Konsequenz werden so oder so die Konsumenten die Maßnahmen gegen den Plastikmüll bezahlen, da die Industrie direkt oder indirekt die Kosten auf den Konsumenten überwälzen wird. Auch Lieses Testballon wird davon nicht verschont werden. Außerdem greifen Plastikverbote allein zu kurz. Ersetzt man zum Beispiel Plastikgefäße durch Glasflaschen, müsste ein Einsatz verrechnet werden, um eine sachgerechte Reinigung und Entsorgung sicher zu stellen. All diese Maßnahmen kosten Geld, das letztlich der Konsument aufbringen muss. Trotzdem ein Schritt in die richtige Richtung.