Wo Scholz Recht hat, wie Orban einknickt – und Neues von Nawalny
Die Watchlist EUropa vom 27. Februar 2024 – Heute mit gefährlichen Gedankenspielen rund um den Ukraine-Krieg, drei Umfallern in Folge – und brisanten Erkenntnissen aus Moskau und Kiew.
Er wolle nicht wie Kaiser Wilhelm enden und Deutschland aus Versehen in einen Weltkrieg hineinziehen, erklärte Kanzler Scholz in den ersten Wochen nach der russischen Invasion in der Ukraine.
Das Kanzler-Wort mutete etwas merkwürdig an, weil Deutschland anfangs kaum Kriegsgerät in die Ukraine schickte. Später geriet es in Vergessenheit. Doch nun wissen wir: Scholz ist sich treu geblieben.
Weder Deutschland noch die Nato dürften direkt in den Ukraine-Krieg eingreifen, erklärte der Kanzler auf die Frage, weshalb er sich so hartnäckig gegen die Lieferung von “Taurus”-Marschflugkörpern sperre.
Garantiemacht Deutschland
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“Deutsche Soldaten dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein”, sagte er am Montag im Gespräch mit dpa. “Auch nicht in Deutschland”, fügte er hinzu.
Recht hat er! Es wäre fatal, wenn deutsche Soldaten den Taurus für einen Angriff auf die Kertsch-Brücke oder auf ein Ministerium in Moskau programmieren oder steuern würden. Das wäre eine Kriegserklärung.
Allerdings sind die Grenzen zum Krieg fließend. Scholz bewegt sich auf unsicherem Terrain. Seit er Deutschland zur Garantiemacht für die Ukraine erklärt hat, wird er Kaiser Wilhelm immer ähnlicher.
Westliche Truppen an die Front?
Dass der Kanzler nun auch noch an einer Kriegskonferenz in Paris teilnimmt, bei der Frankreichs Staatschef Macron noch mehr “rote Linien” überschreiten will, macht ihn nicht glaubwürdiger – im Gegenteil.
Macron erklärte bei dieser Konferenz, er könne die Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine nicht auf Dauer ausschließen. Es gebe zwar noch “keinen Konsensus”, doch die Dynamik sei unvorhersehbar.
Wenn Macron das ernst meint, dann muss Scholz laut und deutlich STOPP sagen. Denn was wäre ein Nein zu Taurus wert, wenn er am Ende Bundeswehr-Soldaten an die Front schicken würde?
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News & Updates
- Ungarns Regierungschef Orban knickt schon wieder ein. Das ungarische Parlament hat am Montag dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt. Regierungschef Viktor Orban hatte die Entscheidung wochenlang hinausgezögert, nun hat er grünes Licht gegeben. Damit ist Orban bereits zum dritten Mal binnen drei Monaten eingeknickt – erst beim EU-Beitritt der Ukraine, dann bei Finanzhilfen für Kiew, nun bei der Nato. Auch die jüngsten EU-Sanktionen hat er abgenickt. – Dabei heißt es doch immer, Orban sei Putins bester Helfer…
- Bauernprotest in Brüssel eskaliert. Bereits zum zweiten Mal binnen eines Monates ist der Bauernprotest in Brüssel eskaliert. Diesmal wurde nicht nur das Europaviertel, sondern die halbe Stadt lahmgelegt. Die belgischen Behörden wirken überfordert, die Regierung auch: Trotz vieler warmer Worte kann Premier De Croo, der derzeit den EU-Vorsitz innehat, keine Lösungen anbieten. – Mehr hier (Blog)
- Von der Leyen trifft am liebsten deutsche Lobbyisten. Die deutsche EU-Chefin hatte mehr Lobby-Treffen als ihr Amtsvorgänger Juncker – und sie traf sich am liebsten mit deutschen Industrievertretern. Dies geht aus einer Analyse hervor, die “Politico” veröffentlicht hat. – Echte News ist das allerdings nicht, wir hatten es ohnehin schon geahnt..
Das Letzte
Neues – und Suspektes – von Nawalny. Wenige Tage nach dem mysteriösen Tod des prominenten Kremlkritikers sind neue Details bekannt geworden, die Zweifel an der offiziellen Darstellung der EU wecken. Die Europäer hatten Präsident Putin persönlich für Nawalnys Tod verantwortlich gemacht. Nun kommt heraus, dass offenbar ein Gefangenenaustausch geplant war. Putin sei ein entsprechendes Angebot gemacht worden, sagte die Nawalny-Unterstützerin Maria Pewtschich in Moskau. Im Gegenzug hätte der in Deutschland inhaftierte “Tiergarten-Mörder” Wadim Krasikow nach Russland zurückkehren sollen. Putin hatte im Interview mit T. Carlson angedeutet, dass er zum Austausch bereit sei. Es kommt aber noch verrückter: Folgt man dem Chef des ukrainischen Geheimdienstes Kyrylo Budanov, so ist Nawlany eines natürlichen Todes gestorben – an einem Blutgerinnsel, wie vom Kreml behauptet. Allerdings wirkt der Todeszeitpunkt – kurz vor dem geplanten Austausch – doch sehr merkwürdig, um nicht zu sagen suspekt…
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Udo
27. Februar 2024 @ 21:17
Ich finde ja, man sollte Taurus liefern und atomar bestücken…..
Das gescholze nerft langsam
Godfried van Ommering
27. Februar 2024 @ 11:57
„Nederland gaat honderd miljoen euro aan steun geven aan Oekraïne.“ Diese Meldung vom NOS-Journaal über den Kriegs(!)konferenz in Paris bestätigt nochmals daß die Ukraine-Hilfe der demokratischen Kontrolle entzogen worden ist, denn der demissionierte Premierminister Rutte und sein demissioniertes Kabinett dürften nach den Regeln des Staatsrechts nicht solche neue, verbindliche Zusagen machen. Nichtsdestotrotz verkündet Rutte: Nederland schenkt der Ukraine 100 Millionen Euro. „Nederland“? Da mußte doch auch ich gefragt worden sein, aber – . ( Das Sicherheitsabkommen mit der Ukraine will er auch noch unter Dach und Fach bringen, und das geht weit über seine Zuständigkeit hinaus, denn es bedeutet eine finanzielle Verpflichtung des niederländischen Staates für die Dauer von zehn Jahren. Nur: das Parlament in Den Haag hat die demissionierte Regierung gerade für die ganze Ukraine-Sache zuständig gemacht, also carte blanche gegeben! So entmachtet eine Demokratie sich selbst!) A propos „Einnicken“: Auch Wilders nickt ein, und gerade bei der militärischen Unterstützung der Ukraine, denn bis jetzt hatte seine Partei sich gegen Waffenlieferungen an Kiew gewandt. Der Herr Noch – Premierminister stellte aber in der Öffentlichkeit klar: „Wilders weiß verdammt gut, daß die Unterstützung der Ukraine nie in Frage gestellt werden darf.“ Aha, darüber darf also nicht diskutiert werden! Und somit nickt Wilders ein, weil er anscheinend verstanden hat daß er nie Premierminister werden kann, wenn er sich an diesem Punkt der Mächte im Hintergrund widersetzen würde. Unverlässlichkeit ist das verlässlichste Merkmal der Politiker von heute, so wenn Macron um 21 Uhr erklärt daß man nicht im Krieg sei mit dem russischen Volk, aber um 22.30 Uhr die Teilnahme westlicher Truppen am Kampf gegen Russland nicht ausschließt, ebenso wie die Lieferung weitreichender Waffensysteme an die Russen-Hasser in Kiew. Und natürlich auch Scholz, der, fett gedruckt, „sich treu bleibt“: wer aber ist dieses „sich“ von Scholz? Von wem un zu welchen Zielen wird es instrumentalisiert? Denn wohl widersetzt er sich der Taurus-Lieferung wegen der Gefahr einer Kriegsbeteiligung, zugleich aber hört er nicht auf jede Chance auf ein diplomatisches Vorgehen zu torpedieren, jedes Plädoyer für Frieden mit Russland unter Verdacht zu stellen, und Aufrüstung nach ganz großen Maßstäben zu betreiben. Doppelzüngigkeit überall. Der Befehlshaber im Hintergrund aber, er weiß recht wohl wo es hingehen soll; fast alle Parteien und Parlamente Europaweit haben sich ihm unterstellt, als Fassaden seiner Macht.
Monika
27. Februar 2024 @ 11:11
Der schlaue Herr Scholz bleibt sich treu. Er liefert keine Taurus.
Der bauernschlaue Herr Scholz signalisiert Unterstützung und befeuert alle anderen, sich aus dem Fenster zu lehnen. Wenn dann was schief geht, und das wird es, kann er im Brustton der Überzeugung sagen “ICH wars nicht”.
Soweit genau reicht sein Bedenkenträgertum: die eigene Weste sauber zu halten.
Leider wird Deutschland, über seine Verbindungen zu NATO und Europa die Bauerschläue des Herrn Scholz auf die Füße fallen. Angriffsziel Nummer 1 bei erweiterter Einmischung in den Krieg von NATO und/oder EU ist und bleibt deutsches Terrain. Wo, wenn nicht hier, kann auf kleinstem Raum NATO und EU der größtmögliche Schaden zugefügt werden? Das weiss auch ein Herr Macron, deswegen kann er sich leisten verbal den Krieg ein weiteres Stück zu eskalieren. Vielleicht auch ein kleiner “Freundschaftsbeweis” unter Erzfreunden?
KK
27. Februar 2024 @ 12:51
Der bauernschlaue Scholz weiß genau: Setzte er sich zur Unzeit für Verhandlungen ein, dann werden ihm wohl durchgestochene Unterlagen aus Langley oder Fort Meade das Genick brechen, die GRÜNEN und FDP können endlich zur Union überlaufen – und Merz wird dann mit der UNION, den GRÜNEN und der FDP im Rücken unmittelbar den Kaiser Wilhelm geben.
Arthur Dent
27. Februar 2024 @ 10:03
Man erklärt der Ukraine nicht, wie man den Taurus bedient, um die Programmierungssysteme nicht offen zu legen. Waffen fallen schon mal in die Hände des Feindes.
Plan B heisst, bei drohender Niederlage der Ukraine eigene Soldaten zu entsenden. Die Amerikaner haben allerdings nur sehr wenige Kampftruppen und Gerät auf dem europäischen Kontinent. Sie machen im Moment auch keine Anstalten daran etwas zu ändern.
european
27. Februar 2024 @ 09:48
Zu Nawalny gibt es eine neue Analyse von Glenn Greenwald, die sehr interessante Aspekte aufwirft. Die berühmte cui-bono – Frage, also danach, wem tatsächlich etwas nutzt, ist auch hier wieder sehr erhellend, wenn man sich die aktuelle Politik insbesondere in den USA aber auch in der EU dazu ansieht.Die deutsche Übersetzung dazu findet sich hier:
https://youtu.be/W6st-U3dATY?feature=shared
Ein weiterer Aspekt über Sinn und Unsinn dieses Krieges und weiterer Kriegsaktivitäten wirft ein Artikel der East Anglia Bylines von vor 2 Tagen auf. Überschrift: Nothing left for the rich to invest in. Kein Geringerer als Warren Buffet hat die Shareholder von Berkshire Hathaway darüber informiert, dass nichts weiter passieren wird. Es gibt nichts zu investieren, nichts für die Reichen zu gewinnen. Es war auch eben jener Warren Buffett, der folgendes gesagt hat: Natürlich gibt es einen Krieg. Es ist der Krieg Reich gegen Arm und meine Klasse, die der Reichen, wird diesen Krieg gewinnen.
Wenn einem Prozent der Menschheit nahezu 100 Prozent des Weltvermögens gehört, wozu werden dann die 99 Prozent der Menschheit noch gebraucht? Im Moment bewegen wir uns bei 60% des Weltvermögens, Tendenz steigend.
https://eastangliabylines.co.uk/nothing-left-for-the-rich-to-invest-in/
So auch hier. Dieser Krieg und auch der Krieg im Gaza und anderswo dient allein dem militärisch-industriellen Komplex, der ihn auch genau aus diesen Gründen immer wieder provoziert. Es hat diverse Berichte darüber gegeben, dass der Ukraine auch von USA aus entweder veraltetes Gerät geliefert wurde oder aber völlig neues Gerät, dass im freien Feldversuch dort getestet wurde, um dann über zukünftige Investments in der Rüstungsindustrie zu entscheiden.
Kleopatra
27. Februar 2024 @ 08:45
Im Ukrainekrieg ist Kaiser Wilhelm der falsche Vergleich. Bereits der Versuch, durch ein nicht akzeptables Ultimatum einen „Kriegsgrund“ zu provozieren (wie seinerzeit Österreich-Ungarn gegenüber Serbien) ging diesmal von Russland aus; insofern ist Putin Franz Josef I. und Wilhelm II. in Personalunion und will offenbar die Macht seines Landes erweitern oder mit fliegenden Fahnen untergehen. Was die Bedienung der Taurus-Marschflugkörper betrifft, ist nicht einsichtig, warum man nicht in Gottes Namen den Ukrainern erklärt, wie man sie bedient.
Roberts Fitzthum
27. Februar 2024 @ 11:10
Gähn
MarMo
27. Februar 2024 @ 20:19
Ich bin nicht religiös, aber wenn Sie Gottes Namen in den Mund nehmen, finde ich das seltsam – aber vermutlich ist Mars Ihr Gott.
Thomas Damrau
27. Februar 2024 @ 08:10
Es kommt, wie es kommen musste: Der ursprüngliche Plan „Wir liefern der Ukraine Waffen und die Ukraine verprügelt die Russen.“ geht nicht auf. Und jetzt wird auf der nach oben offenen Eskalationsskala hektisch nach einem Plan B gesucht.
Neben dem Hauptrisiko, dass der Konflikt außer Kontrolle gerät, gibt es ein Nebenrisiko: Dass trotz Ausweitung des NATO-Engagements die Ukraine irgendwann nachgeben muss. Dann ständen die europäischen RegierungschefInnen endgültig als Volltrottel vor ihren BürgerInnen – mit dem entsprechenden Vertrauenverlust in das politische System, das dann Unmengen von (nicht nur finanziellen) Ressourcen für nichts und wieder nichts verschleudert haben wird, die man an anderer Stelle dringend gebraucht hätte.