Wie das Nord Stream-Attentat vertuscht wird
Nun ist es offiziell: Für die Untersuchung der Explosionen an den Nord Stream-Pipelines wird es keine gemeinsame Ermittlungsgruppe mit anderen EU-Ländern geben. Dies gab die Bundesregierung bekannt. Zugleich mauert sie bei der Aufdeckung ihrer eigenen Erkenntnisse.
War es Russland? Waren es die USA, vielleicht zusammen mit Polen und der Ukraine? Oder haben gar Umweltschützer die deutsch-russischen Ostsee-Pipelines sabotiert und leck geschlagen?
Bisher legte die Bundesregierung keinen großen Eifer zutage, das Attentat aufzuklären. Kanzler Scholz hielt es nicht einmal für nötig, eine Regierungserklärung abzugeben. Berlin schwieg sich aus.
Nun hat eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums doch noch den Mund aufgemacht. Es werde keine gemeinsame Ermittlungsgruppe geben, sagte sie in Berlin.
Auf die Frage, warum das mit Schweden und Dänemark geplante „Joint Investigation Team“ nicht zustande komme, erwiderte sie, das könne sie „an dieser Stelle nicht sagen“.
Zuvor hatte der „Spiegel“ hatte berichtet, Schweden habe dies abgelehnt. Die Sicherheitseinstufung sei zu hoch sei, um mögliche Erkenntnisse mit anderen Staaten zu teilen, hieß es in Stockholm.
So weit, so schlecht. Aber es kommt noch schlimmer: Die Bundesregierung ist nicht einmal bereit, ihre (offenbar mageren) Erkenntnisse im Bundestag offenzulegen.
„Aus Gründen des Staatswohls“ könne man leider nichts sagen, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Żaklin Nastić von der Linkspartei.
Grund dafür sei die „Third-Party-Rule“ für die Zusammenarbeit der Geheimdienste. Danach unterliegt der internationale Erkenntnisaustausch besonders strengen Geheimhaltungsauflagen.
„Die erbetenen Informationen berühren somit derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht überwiegt und das Fragerecht der Abgeordneten ausnahmsweise gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen muss.“
Zu gut deutsch: Selbst wenn wir etwas wissen, dürfen und werden wir nichts sagen. Das kommt einer staatlich organisierten Vertuschung gleich, oder?
Siehe auch „Nord Stream: Was sagt eigentlich der Kanzler?“
P.S. Wenn es Hinweise auf einen Angriff aus Russland gäbe, würde man es dann vertuschen? Frage für einen amerikanischen Freund 🙂 Der hat mich auch auf dieses lustige Video hingewiesen (Link zu Youtube)
WBD-399
25. Oktober 2022 @ 09:58
In dem hochinteressanten Artikel (in anderen Medien habe ich noch nix von dieser Anfrage mit der hochinteressanten Antwort bemerkt) ist am Ende ein YouTube-Film erwähnt worden, der auch sehr tiefgreifend und sarkastisch ist – vorausgesetzt, man hat die schnellen Schnitte und die schnelle Sprechweise komplett verstanden. Ich habe zwar (vor langer Zeit) mal ein halbes Jahr in den USA gelebt, aber da bin ich nur begrenzt mitgekommen. Eine deutschsprachige Fassung, oder ggf Untertitel: das wäre echt toll!
european
18. Oktober 2022 @ 20:10
Das fällt in die gleiche Kategorie wie die Nawalny-Beweise, die auch nicht geliefert wurden.
KK
18. Oktober 2022 @ 12:32
Vielleicht war es ja auch die Bundesregierung selbst, zumindest als Beteiligter oder Auftraggeber – denn ohne NS 1 und 2 keine Forderungen auf den Strassen im eigenen Land mehr nach deren Öffnung…
Inzwischen trau ich der Ampel wirklich alles zu!
Stef
18. Oktober 2022 @ 10:21
Es ist noch viel schlimmer. Eine Bundesregierung, die ihr Desinteresse an der Aufklärung des größten Angriffs auf kritische infrastrukturen seit Jahrzehnten demonstrativ zur Schau trägt, kann International nur noch als Bettvorleger wahrgenommen werden. Wer sollte ein Interesse an strategischen Beziehungen zu Deutschland pflegen, wenn strategische Assets nicht einmal die deutsche Regierung interessieren?
Die Frage ist ernster, als sie zunächst anmutet. Schon die Neigung der Bundesregierung Außenpolitik mit Sanktionen gegen missliebiges Verhalten gleichzusetzen, schädigt nachhaltig unser Standing. Die Botschaft, eine teuere Gasleitung erst zu bauen und ihre Zerstörung dann schlicht zu ignorieren, geht nochmal darüber hinaus. Wer soll zunkünftig im Interesse strategischer Partnerschaften mit Deutschland noch nennenswerte Investitionen wagen, wenn sein Invest immer riskiert unter den Teppich gekehrt zu werden, weil es der Regierung gerade mal opportun ist? Gerade Infrastrukturinvestitionen rechnen sich in der Regel erst nach Jahrzehnten. Nach dem Maidan hatte die damalige Bundesregierung Russland zu einer Wiederaufnahme der Planungen von Nordstream 2 erst überreden müssen. Jetzt will sie davon nichts mehr wissen. Den Schaden hat derselbe Partner, den man noch vor Kurzem hofiert hat. Man mag von Russland halten was man will, aber wer will auf diese Art von „Zuverlässigkeit“ noch eine Amortisationsrechnung aufbauen? Freiwillige vor…
Man kann die Ursache nur vermuten. Die Spuren scheinen eher nicht auf Russland hinzuweisen, wohl eher auf „Verbündete“. Was die Sache nochmal schlimmer macht, weil so für jeden Blinden sichtbar wird, dass die Deutsche Bundesregierung nicht einmal den Mut hat, den Realitäten ins Gesicht zu schauen und dafür öffentlich geradezustehen.
Interessant ist, dass die großen Medien sich ebenso wenig für eine Aufklärung interessieren. Am Ende soll wohl die Existenz von NS 1 und 2 stillschweigend auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen werden, ganz so als hätte es diese Infrastrukturen niemals gegeben. Dies mag sogar vor einer willfährigen deutschen Öffentlichkeit funktionieren. Dieses Menetekel wird aber kaum von potenziellen Partnern vergessen werden, denn die brauchen sich nicht zu belügen und können den Fakten unvoreingenommen ins Gesicht blicken.
Am Ende werden Deutschland und die EU nur noch die G7 und die Nato als Partner haben und zwar unter den Bedingungen, die die USA diktiert. Unter den Bedingungen einer derart zurechtgestutzten pax americana kann dann Europa und Deutschland als Bettvorleger zukünftig gedeihen. Oder untergehen.
Holly01
18. Oktober 2022 @ 11:17
“ Am Ende werden Deutschland und die EU nur noch die G7 und die Nato als Partner haben und zwar unter den Bedingungen, die die USA diktiert. Unter den Bedingungen einer derart zurechtgestutzten pax americana kann dann Europa und Deutschland als Bettvorleger zukünftig gedeihen. Oder untergehen. “
Das ist der Status quo seit dem DoppelWK.
Deutschland gedeiht im US Garten.
Mit den Stahllieferungen mit dem Beginn des Korea Krieges, über die (US geführte) europäische Integration, bis hin zum Euro/EZB, war das ein netter Weg.
Jetzt stutzt der US Gärtner eben ein paar Zweige und macht Luft für neue Triebe.
Alles nur zum deutschen Wohle und für die europäische Zukunft.
Polen, Visegrad, Ukraine, Osterweiterung sind Projekte des Gärtners.
Seien wir froh das es kein Angler ist, da wäre die Frage des Tages:
Seit wann entscheiden die Würmer wann geangelt wird?
Stef
19. Oktober 2022 @ 13:40
Ja stimmt, die Entwicklung ist älter als der Ukrainekrieg. Gleichwohl gab es immer wieder Bemühungen, die Unabhängigkeit von Deutschland und der EU (Stichwort: Geopolitische Kommission) sukzessive zu erhöhen. Mir ist natürlich klar, dass VdL niemals Unabhängigkeit von den US damit gemeint hat. Aber Schröder und Merkel habe ich schon abgenommen, dass sie nach Wegen dafür gesucht haben.
Und es ist bisher auch nicht so, dass wir uns auf G7-Handelspartner beschränken mussten. Derzeit sind wir aber auf dem Weg dorthin. Betrachtet man die jüngsten Entwicklungen, bleibt uns bald nichts mehr außer G7 und Nato-Staaten.
Mich macht fassungslos, wie sang- und klanglos und wie nachhaltig das alles abgeräumt wird. Bestes Beispiel dafür: Der SPD-Vorsitzende schwört wiederholt der Ostpolitik Brandts ab. Wenn es überhaupt einen Kernbestand sozialdemokratischer Außenpolitik gegeben hat, dann war es die Ostpolitik. Von dieser soll wohl nichts mehr übrig bleiben.
Zurück zu den Pipelines: Hier wäre es für unseren Bundeskanzler ein Leichtes gewesen, die Situation Richtung graduellem Unabhängigkeitsgewinn zu diversifizieren. Er hätte sich nur zu Wort melden müssen mit der Botschaft, dass die deutsche Öffentlichkeit die Verantwortlichen kennen will, egal wer es war und wie unangenehm die Erkenntnis auch ausfallen mag. Dagegen hätten weder seine Koalitionspartner noch die USA argumentieren können. Letztgenannte hätte hinter den Kulissen sicherlich Druck ausgeübt. Aber wer mit Druck nicht zurechtkommt hat als Kanzler den Job verfehlt.
Scholz hätte mit etwas Mut sogar darauf bestehen können, dass alle Eigentümer der Pipeline auf Augenhöhe an der Aufklärung zu beteiligen sind, um einen Missbrauch zu verhindern. Dass in dieser Richtung aber auch rein gar nichts verlautbart wurde, dass sich die Bundesregierung jeder Stellungnahme komplett enthält, ist nicht nur erbärmlich, sogar sehr beunruhigend. Aus den o.g. Gründen. Einer Regierung, die so wenig Eigenständigkeit wahrt (oder besser: wagt), bleibt nichts anderes übrig als abweichende Stellungnahmen zu verbieten und öffentliche Proteste gegen die absehbar katastrophalen sozialen Folgen mit massiver Gewalt entgegen zu treten, wie man in Frankreich aktuell bestaunen kann.
Die traurige Wahrheit ist: Unsere Bundesregierung ist schwächer als alle vorangegangenen Bundesregierungen. Selbst der Kanzler ist nicht willens oder fähig auch nur die selbstverständlichsten und einfachsten Maßnahmen zur Wahrung seines Amtseides zu ergreifen. Wie soll uns eine so schwache und ferngesteuerte Bundesregierung effektiv gegen einen drohenden Krieg beschützen?
zdago
18. Oktober 2022 @ 10:10
was sollen sie denn sagen ?
Die Anweisung kam aus USA und das Regime hat mit Begeisterung zugestimmt !
Die Anderen Länder wollen mit Deutschland nicht zusammenarbeiten, weil sie wissen, daß Deutschland beteiligt war. Und so lang Deutschland dafür bezahlt, ist es ihnen egal – die haben ihre eigenen Probleme !
Arthur Dent
18. Oktober 2022 @ 09:33
Das ist genau der Stoff, aus dem Verschwörungstheorien gestrickt werden. Hat eigentlich niemand der NS-1 Eigentümer Strafanzeige gestellt? Was, wenn es Russland nicht gewesen ist und was, wenn doch? War es dann ein Angriff auf unsere Energieversorgung oder nur Sachbeschädigung? Ist vielleicht auch nicht so wichtig, in den Print-Medien kommt das Thema höchstens noch „im Vermischten“ vor – wichtiger ist da die Frage, wie Biden bei den Midterm-Wahlen abschneidet. Deutschland ist halt die amerikanisierteste Provinz ausserhalb der USA.
KK
18. Oktober 2022 @ 02:02
Hiessen die, die Terroristen der RAF damals schützten, nicht „Sympathisanten“ und galten ebenso als Staatsfeinde? Ich erinnere einige Prominente, die regelrecht öffentlich diffamiert wurden, nur, weil sie die Haftbedingungen zu kritisieren wagten.
Was ist von einer Bundesregierung zu halten, die Terroristen deckt?
Robby
18. Oktober 2022 @ 01:36
Aha, also doch der übliche Verdächtige.
Natürlich VT.
Antiamerikanismus brauchen wir bei der Morgethauisierung des Landes schon gar nicht.
Was mich ich?
Mein bestes Stück kann nicht stricken.
WBD-399
25. Oktober 2022 @ 09:52
Hallo Robby,
Da mir nicht jede aktuelle Abk. geläufig ist: was heisst ‚VT‘? Ich kenne da nur den Länderkürzel für Vietnam, aber die werden wohl nicht gemeint sein.
Kläre mich bitte mal jemand auf!
Holly01
17. Oktober 2022 @ 18:05
“ Zu gut deutsch: Selbst wenn wir etwas wissen, dürfen und werden wir nichts sagen. Das kommt einer staatlich organisierten Vertuschung gleich, oder? “
Deutschland hat “ https://de.wikipedia.org/wiki/SAR-Lupe “
Radarsystem in hoher Umlaufbahn.
Wasser?
Aber nicht doch, grundsätzlich kein Problem.
Die Bundesregierung kann nur nicht genau sagen, welche Farben die Taucherflossen hatten.